Wintertour zum Sommerfinale
In den Allgäuer Alpen hat’s geschneit – Insgesamt sprechen Wirte von einer guten Saison
OBERSTDORF - Dreieinhalb Stunden dauert der Fußmarsch von der Fellhornbahn-Talstation südlich von Oberstdorf bis zur Rappenseehütte. Wer dort dieser Tage unterwegs war, der startete bei regnerischem Herbstwetter und kam – 1100 Höhenmeter weiter oben – im Winter an. Denn seit Tagen schneit es in den Alpen oberhalb von 1500 Metern immer wieder. Auf der Zugspitze liegen 55 Zentimeter Schnee.
Moritz Zobel, Alpinberater in Oberstdorf, rät vom Begehen der Klettersteige in den Oberstdorfer und Kleinwalsertaler Bergen derzeit ab. Auch der Heilbronner Weg sei derzeit für normale Bergwanderer nicht begehbar, sagt er.
Die Wandergruppe macht sich auf den Weg zur Rappenseehütte. Zwei Stunden später, kurz vor Erreichen der Enzianhütte auf 1800 Metern Höhe, geht der Regen in Schnee über. Schwerer Nassschnee bedeckt die Erlensträucher, drückt sie auf den Bergpfad und macht den Wanderern ein Durchkommen schwer. Vor allem aber unangenehm: „Wer da durch will, der wird klitschnass“, sagt ein Wanderer. Die letzten Höhenmeter zur Hütte führen über einen steilen, verschneiten Weg. Gedanken an den nahenden Winter kommen auf.
Oben trifft die Gruppe Wirtin Sylvia Socher, die mit ihrem Lebensgefährten Andreas Greiner heuer im 16. Jahr die Rappenseehütte (2091Meter) führt. Die größte Alpenvereinsunterkunft in den Allgäuer Alpen, die der Sektion Kempten gehört, ist beliebter Stützpunkt für den Heilbronner Weg und entsprechend gut frequentiert. Dass da oben alles auch bei viel Betrieb so gut und reibungslos funktioniert, schreiben viele dem Organisationstalent von Sylvia und Andreas zu. Und dass oben alles floriert, ist für viele auch ein Grund, immer wiederzukommen. Darunter sind auch Schulklassen. Sogar an diesem winterlichen Tag erwartet Sylvia im Laufe des Tages noch 65 Schulkinder und Lehrer.
Neulich haben nur zwei Dutzend Gäste auf der Rappenseehütte geschlafen, erzählt Sylvia. Derzeit sind noch sechs Mitarbeiter oben, die anderen sind abgestiegen und nehmen freie Tage oder Urlaub. „Für uns ist das ganz normal, dass es auch im Sommer mal schneit“, sagt die Mutter von zwei Buben. Die Saison sei richtig gut gelaufen. Trotz der vielen Arbeit strahlt sie Zufriedenheit aus: „Da ist es dann auch nicht so schlimm, dass jetzt das Wetter mal schlecht ist.“Schließlich seien der Frühsommer und der August gut gewesen. Auch Zobel spricht von einem guten Bergsommer im Allgäu. Neben gutem Wetter liegt das daran, dass Bergwandern nach wie vor ganz groß in Mode sei – vor allem bei jungen Leuten.
Wie lange haben die Hütten noch geöffnet? Das hängt von der Höhenlage ab. Die meisten Alpenvereinsunterkünfte in den Oberstdorfer Bergen schließen zwischen 3. und 15. Oktober. Der jetzt gefallene Schnee wird wahrscheinlich selbst in den Hochlagen nochmals ganz abtauen. „Wir werden es vom Wetter und von den Reservierungen abhängig machen, ob wir am 3. oder 8. Oktober schließen“, sagt Sylvia.
Ob sie sich nach vier Monaten auf der Hütte aufs Leben im Tal freuen? Zumindest genieße man erst einmal die Ruhe, sagt sie. Vier Monate auf der Hütte – das bedeutet auch vier Monate mit Sieben-Tage-Wochen und täglicher Betrieb vom Frühstück bis zur Hüttenruhe um 22 Uhr. „Das macht müde“, sagt Sylvia und geht zum Schneeschaufeln. Der frisch gefallene Schnee überdeckt die welkenden Blüten des Sommers.