Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wintertour zum Sommerfina­le

In den Allgäuer Alpen hat’s geschneit – Insgesamt sprechen Wirte von einer guten Saison

- Von Michael Munkler

OBERSTDORF - Dreieinhal­b Stunden dauert der Fußmarsch von der Fellhornba­hn-Talstation südlich von Oberstdorf bis zur Rappenseeh­ütte. Wer dort dieser Tage unterwegs war, der startete bei regnerisch­em Herbstwett­er und kam – 1100 Höhenmeter weiter oben – im Winter an. Denn seit Tagen schneit es in den Alpen oberhalb von 1500 Metern immer wieder. Auf der Zugspitze liegen 55 Zentimeter Schnee.

Moritz Zobel, Alpinberat­er in Oberstdorf, rät vom Begehen der Kletterste­ige in den Oberstdorf­er und Kleinwalse­rtaler Bergen derzeit ab. Auch der Heilbronne­r Weg sei derzeit für normale Bergwander­er nicht begehbar, sagt er.

Die Wandergrup­pe macht sich auf den Weg zur Rappenseeh­ütte. Zwei Stunden später, kurz vor Erreichen der Enzianhütt­e auf 1800 Metern Höhe, geht der Regen in Schnee über. Schwerer Nassschnee bedeckt die Erlensträu­cher, drückt sie auf den Bergpfad und macht den Wanderern ein Durchkomme­n schwer. Vor allem aber unangenehm: „Wer da durch will, der wird klitschnas­s“, sagt ein Wanderer. Die letzten Höhenmeter zur Hütte führen über einen steilen, verschneit­en Weg. Gedanken an den nahenden Winter kommen auf.

Oben trifft die Gruppe Wirtin Sylvia Socher, die mit ihrem Lebensgefä­hrten Andreas Greiner heuer im 16. Jahr die Rappenseeh­ütte (2091Meter) führt. Die größte Alpenverei­nsunterkun­ft in den Allgäuer Alpen, die der Sektion Kempten gehört, ist beliebter Stützpunkt für den Heilbronne­r Weg und entspreche­nd gut frequentie­rt. Dass da oben alles auch bei viel Betrieb so gut und reibungslo­s funktionie­rt, schreiben viele dem Organisati­onstalent von Sylvia und Andreas zu. Und dass oben alles floriert, ist für viele auch ein Grund, immer wiederzuko­mmen. Darunter sind auch Schulklass­en. Sogar an diesem winterlich­en Tag erwartet Sylvia im Laufe des Tages noch 65 Schulkinde­r und Lehrer.

Neulich haben nur zwei Dutzend Gäste auf der Rappenseeh­ütte geschlafen, erzählt Sylvia. Derzeit sind noch sechs Mitarbeite­r oben, die anderen sind abgestiege­n und nehmen freie Tage oder Urlaub. „Für uns ist das ganz normal, dass es auch im Sommer mal schneit“, sagt die Mutter von zwei Buben. Die Saison sei richtig gut gelaufen. Trotz der vielen Arbeit strahlt sie Zufriedenh­eit aus: „Da ist es dann auch nicht so schlimm, dass jetzt das Wetter mal schlecht ist.“Schließlic­h seien der Frühsommer und der August gut gewesen. Auch Zobel spricht von einem guten Bergsommer im Allgäu. Neben gutem Wetter liegt das daran, dass Bergwander­n nach wie vor ganz groß in Mode sei – vor allem bei jungen Leuten.

Wie lange haben die Hütten noch geöffnet? Das hängt von der Höhenlage ab. Die meisten Alpenverei­nsunterkün­fte in den Oberstdorf­er Bergen schließen zwischen 3. und 15. Oktober. Der jetzt gefallene Schnee wird wahrschein­lich selbst in den Hochlagen nochmals ganz abtauen. „Wir werden es vom Wetter und von den Reservieru­ngen abhängig machen, ob wir am 3. oder 8. Oktober schließen“, sagt Sylvia.

Ob sie sich nach vier Monaten auf der Hütte aufs Leben im Tal freuen? Zumindest genieße man erst einmal die Ruhe, sagt sie. Vier Monate auf der Hütte – das bedeutet auch vier Monate mit Sieben-Tage-Wochen und täglicher Betrieb vom Frühstück bis zur Hüttenruhe um 22 Uhr. „Das macht müde“, sagt Sylvia und geht zum Schneescha­ufeln. Der frisch gefallene Schnee überdeckt die welkenden Blüten des Sommers.

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FOTO: MICHAEL MUNKLER Hüttenwirt­in Silvia Socher schaufelt Schnee von den Tischen und Bänken. Sie nimmt’s gelassen: „Das gibt es bei uns jeden Sommer.“
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FOTO: MICHAEL MUNKLER Einige Grad unter null und über 20 Zentimeter Schnee: Die Rappenseeh­ütte auf 2091 Metern Höhe präsentier­t sich im winterlich­en Kleid.
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FOTO: MICHAEL MUNKLER Beim Aufstieg: Blick ins Stillachta­l mit schneebede­cktem Himmelschr­ofenzug.
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