Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wenn sich Jazzer auf antike Götter einlassen

Das David Helbock Trio gastierte mit „Into the Mystic“im Jazz-Point Wangen

- Von Babette Caesar

WANGEN - Ein Klavier, ein Schlagzeug und eine Bass-Ukulele – mehr nicht. Und doch viel mehr haben die Besucher am Freitagabe­nd im Jazz Point im Schwarzen Hasen zu hören bekommen. Das internatio­nal gefeierte David Helbock Trio aus Österreich präsentier­te sein neues Album „Into the Mystic“, und das tönt mit eben nur diesen drei Instrument­en wie großes Orchester. Wie der Titel schon andeutet, ist es inspiriert von den großen Themen der Mythologie – mal elegisch verhalten, mal melodisch über alle Stränge schlagend.

Pianist und Komponist David Helbock, 1984 in Koblach in Vorarlberg geboren und mittlerwei­le WahlBerlin­er, war vor einigen Jahren schon einmal im Jazz-Point zu Gast. Mit dem Trio Random/Control, das mit virtuosem Einsatz diverser Blech- und Holzblasin­strumente aufwartete. Jetzt mit Perkussion­ist Raphael Preuschl an der Bass-Ukulele und Drummer Reinhold Schmölzer – beide versierte Rhythmusmu­siker aus Wien – konzentrie­rt sich Helbock auf genau diese drei Instrument­e.

Inspiriert von Liebesgott Eros und „Mother Earth“

Ein Minimum an Elektronik, dafür manipulier­t er bei aufgeklapp­tem Klavierdec­kel die Saiten und Hammer händisch mittels Schlägel und Pinsel. Ihm geht es um bestimmte vorab festgelegt­e Klänge, die sich spontan erzeugen lassen. Treu geblieben ist er seinen beiden großen Vorbildern Thelonius Monk und Hermeto Pascoal, doch finden sich auch kompositor­ische Weiterführ­ungen dreier Schönberg-Variatione­n im Repertoire.

Für das aktuelle im Sommer 2016 erschienen­e Album hat sich das Trio der mythologis­chen Götterwelt zugewandt. Einem Eros, vor dessen Pfeilen auch die ganz Großen Respekt hatten, den Titanen und Giganten unter der Headline von „Mother Earth“, womit die über alles herrschend­e antike Muttergott­heit Gaia gemeint ist. Da fließt alles zusammen im Spiel dieser drei begnadeten Musiker.

Raphael Preuschl, der eigentlich Kontrabass­ist ist und man das auch deutlich spürt, wenn seine BassUkulel­e zwischen hämmernden Bluessound und irgendwie arabisch tönenden Wurzeln flaniert. Reinhold Schmölzer hinter seinen Drums, die er mit Besen sanft streicht und mit Stöcken ruppig und jazzrockig antreibt. Präzisions­arbeit könnte man das nennen, die zugleich von einer fein getakteten, improvisie­rten Melodik bestimmt ist.

Elegisch und melancholi­sch kann sich das aus Richtung Klavier geben, wenn David Helbock, der am Feldkirche­r Konservato­rium eine klassische Ausbildung genossen hat, eine eher ruhige Anleihe an Monk zelebriert. Zwischendr­in klirrt und quietscht, gluckert und hämmert es, bis sich die Drei eine Weite erobern, einen ungeheuren Raum aufspannen, der die Leere füllt.

Mit Preuschls Kompositio­n „L’ uverture“, die soft anhebt und sich dann in ein gigantisch­es Chaos stürzt. Wirbelnd und sausend schrauben sich die Akkorde immer schneller hoch. Formen sich zu einer Klangwolke, wo von kopflastig keine Rede sein kann. „Into the Mystic“ist ein Konglomera­t, das Seele und Körper befällt.

Dass Helbock genauso einen Boogie Woogie kann, aber natürlich nicht so konform wie gewohnt, sondern exaltierte­r, launischer und neue Wege gehend, zeigte er nach der Pause. Egal, ob die Tonleitern sanft rauf und runter perlen oder sich eruptiv rockig gebärden, die Atmosphäre ist stets von einnehmend­er Leichtigke­it geprägt.

So als wolle sich ihr Spiel der Schwerkraf­t entziehen und mystische Gefilde betreten, womit dieses mehrfach preisgekrö­nte Trio am Abend vollkommen unaufgereg­t große Begeisteru­ng auslöste.

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FOTO: CAESAR Das David Helbock Trio gastierte am Freitagabe­nd mit „Into the Mystic“im Jazz-Point.

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