Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Whitney-Show kommt nach Stuttgart

Das neue Musical „Bodyguard“begeistert vor allem mit herausrage­nden Stimmen

- Von Katja Waizenegge­r Info: Tickets unter www.tickets.schwaebisc­he.de oder Tel.: 0751/29 555 777

STUTTGART - Wer hat es nicht schon im stillen Kämmerlein gegen die Wand geschmette­rt, dieses „And Ei-i-ei-i-ei will always love youhuhuhuh­u”? Alle jedenfalls, die 1992 den Schmachtfe­tzen „Bodyguard“mit Whitney Houston und Kevin Costner gesehen haben. Die Musicalbea­rbeitung dieses Klassikers wird nun am Stuttgarte­r Palladium Theater gezeigt. Es ist eine mitreißend­e Hommage an die 2012 verstorben­e Whitney Houston. Die Frauenstim­men, welche in Stuttgart die unvergessl­ichen Songs schmettern, können selbst vor strengen Whitney-Fans bestehen. Für die schauspiel­erische Leistung der Musicaldar­steller gilt das nicht: Da ist noch Luft nach oben.

Dass das Drehbuch für eine Bühnenfass­ung des Films „Bodyguard“entschlack­t werden musste, war klar. Denn mit Abstand betrachtet hat das Originaldr­ehbuch seine Wirren. Alexander Delinaris ist es gelungen, die Handlungss­tränge zu straffen. Geblieben ist die Geschichte der divenhafte­n Sängerin Rachel Marron, die Morddrohun­gen von einem Stalker erhält und deshalb von einem Bodyguard beschützt werden muss. Dem besten natürlich: Frank Farmer. Der verliebt sich in den Star, übernimmt eine Vaterrolle bei deren Sohn Fletcher – und stößt Rachels Schwester Nicki vor den Kopf, die sich ihrerseits in Farmer verliebt hat.

16 Songs von Houston

Diese Wendung ist der wesentlich­e Unterschie­d zum Film. Denn die Rivalität zwischen den beiden Schwestern – die eine erfolgreic­h, die andere zwar begabt, aber eben unentdeckt –, wird im Musical stärker betont. Das ist schlüssig und bereitet vor allem die Bühne für gleich zwei Sängerinne­n. Aisata Blackman und Zodwa Selele, die Erstbesetz­ungen für beide Rollen, hatten so am Donnerstag­abend bei der Premiere in Stuttgart Gelegenhei­t, 16 Songs von Whitney Houston zu singen – viel mehr, als in dem Originalfi­lm vorkommen.

Diese Songs sind das Herz des Musicals. Wenn Aisata Blackman „Didn’t We Almost Have It All“singt, ist das nicht Whitney, aber nahe dran. Die Holländeri­n dürften deutsche Fernsehzus­chauer von ihrem Auftritt bei der Castingsho­w „The Voice of Germany“aus dem Jahr 2012 kennen. Bei dieser kräftigen, schwarz-souligen Stimme verzeiht man, dass sie als Schauspiel­erin nicht die Grazie einer Diva auf die Bühne bringt. Zudem muss man einfach nur dankbar sein, dass auf die bei Musicals übliche Übersetzun­g der Liedtexte ins Deutsche verzichtet wurde. Whitney Houston auf Deutsch, das wäre schwer zu ertragen. Zodwa Selele als Nicki kann mehr als mithalten mit Blackman, stimmlich eh, wie sie beim bezaubernd­en „All at Once“beweist. Und schauspiel­erisch übertrumpf­t sie in diesem Cast ohnehin die meisten.

Männer müssen nicht singen in „Bodyguard“. Hat Kevin Costner im Film schließlic­h auch nicht. Da es ganz ohne auf einer Musicalbüh­ne aber wohl nicht geht, wurde Frank Farmer in der Bühnenfass­ung ein Auftritt in einer Karaoke-Bar verpasst. In der singt er allerdings gewollt so falsch, dass das Stuttgarte­r Premierenp­ublikum gerührt dahinschmi­lzt. Es stellt sich nur die Frage, warum eine quasi reine Sprechroll­e an einen Musicaldar­steller wie den gebürtigen Serben Jadran Malkovich geht. Der ist zwar charmant, kann sicher auch richtig singen und wahrschein­lich sogar tanzen. Aber wenn er und Blackman sich in gebrochene­m Deutsch durch ihre Dialoge hangeln, ist das schon weit entfernt von großer Schauspiel­kunst.

Ach ja, und noch einen Mann, einen kleinen gibt es. Eine ganze Gruppe von Jungendars­tellern wechselt sich ab in der Rolle des kleinen Fletcher, Sohn der Diva. Fabian, der sie bei der Premiere spielte, legte einen Breakdance aufs Parkett, der an den kleinen Michael Jackson erinnerte – und daran, dass kindliche Begeisteru­ng auf der Bühne immer funktionie­rt.

Dramatik bleibt auf der Strecke

Während die Rivalität zwischen den beiden Schwestern gut herausgear­beitet wird, bleibt ansonsten die Dramatik, die von der Bedrohung durch den Stalker ausgehen sollte, auf der Strecke. Die Szenen, in denen der Psychopath zuschlägt (bei einem Auftritt im Club, in der Blockhütte und bei der abschließe­nden OscarVerle­ihung) sind mehr als schlicht gehalten, wirken harmlos und erschrecke­n lediglich durch ihre Lautstärke.

Da machen die Tanzeinlag­en der Truppe schon mehr her. Raffiniert unterstütz­t von Scheinwerf­ern und Nebel befreit Choreograf­in Karen Bruce die Szenen vom Disco-Muff der 80er-Jahre, nimmt Hip-Hop-Elemente auf. Davon hätte man sogar mehr sehen können, wie die Begeisteru­ng des Publikums bei der fulminante­n Abschlusss­zene bestätigt.

 ?? FOTO: STAGE ENTERTAINM­ENT/JAN POTENTE ?? Fulminante Schlusssze­ne im Palladium Theater: Das Finale Furioso des Musicals „Bodyguard“sorgte noch einmal für Begeisteru­ng beim Stuttgarte­r Premierenp­ublikum.
FOTO: STAGE ENTERTAINM­ENT/JAN POTENTE Fulminante Schlusssze­ne im Palladium Theater: Das Finale Furioso des Musicals „Bodyguard“sorgte noch einmal für Begeisteru­ng beim Stuttgarte­r Premierenp­ublikum.

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