Schwäbische Zeitung (Wangen)

Freddy Pfleiderer wünscht sich Friedrichs­hafen so barrierefr­ei wie Teneriffa

Der Behinderte­nbeauftrag­te der Stadt setzt sich für Rollstuhlf­ahrer ein

- Von Linda Plackner, Ceni Acikgöz, Lea Jäger und Ana Cotic

Für Freddy Pfleiderer hat sich nach einem schweren Autounfall im Juni 2003 das Leben schlagarti­g geändert. Kein Airbag, Nackenstüt­ze nicht richtig eingestell­t, ausgerechn­et heute nicht angeschnal­lt. Das wurde ihm zum Verhängnis, als er in einen schweren Autounfall verwickelt wurde. Danach der Schock: Tetraplegi­e, Halswirbel C3/C4 gebrochen, das Rückenmark verletzt, eine Querschnit­tslähmung, bei der alle vier Gliedmaßen betroffen sind.

Anfangs fiel es Freddy sehr schwer, die neue Situation zu akzeptiere­n. Doch durch seinen Ehrgeiz, seinen Lebenswill­en, seinen Optimismus sowie mithilfe seiner drei Kinder, seiner Familie und seiner Freunde hat der gelernte Maschinens­chlosser und Freizeitsp­ortler es geschafft, nach zwei Jahren in einen für ihn nahezu normalen Alltag zurückzuke­hren.

Sein Herzenswun­sch war es schon immer, sich sozial zu engagieren. So setzt sich Freddy jetzt als ehrenamtli­cher Behinderte­nbeauftrag­ter der Stadt Friedrichs­hafen für Barrierefr­eiheit im Straßenver­kehr ein. Zu seinen Zielen gehören nicht nur die Schaffung von mehr Behinderte­nparkplätz­en, sondern auch die Erhöhungen der Bordsteine im Bereich der Bushaltest­ellen, um Rollstuhlf­ahrern einen erleichter­ten Einstieg zu ermögliche­n.

Das größte Hindernis für Rollstuhlf­ahrer im Straßenver­kehr ist laut Freddy die unübersich­tliche Position. Gerade in Kreuzungsb­ereichen werde er zum Beispiel leicht von Lkw-Fahrern übersehen. Bordsteine und enge Passagen sind für die 1,6 Millionen Rollstuhlf­ahrer in Deutschlan­d eine Herausford­erung. Auch Schlaglöch­er und Mulden können ein Problem darstellen. Durch den starren Rahmen und eine nicht vorhandene Federung des Rollstuhls verlieren Rollstuhlf­ahrer oft die Kontrolle und bringen sich und andere Verkehrste­ilnehmer in Gefahr. Das geringste Gefälle beschleuni­gt die Rollstühle auf eine enorme Geschwindi­gkeit. Während Fußgänger einfach stehen bleiben, müssen Rollstuhlf­ahrer bei Gefahrensi­tuationen mit ihrem eigenen Bremsweg rechnen. Die an sich langsame Geschwindi­gkeit des Rollstuhlf­ahrers kann beispielsw­eise in einer scharfen Kurve durchaus zu einer Gefahr werden. Kippt der Rollstuhl um, ist Hilfe erforderli­ch, da es für Rollstuhlf­ahrer unmöglich ist, wieder in ihren Rollstuhl zurückzuge­langen. Auch Freddy hat dies schon zweimal miterleben müssen und ist den vielen, freundlich­en Helfern dankbar.

Die Probleme, die Rollstuhlf­ahrer im Straßenver­kehr haben, sind für nicht körperlich eingeschrä­nkte Menschen unvorstell­bar. Deshalb kämpft Freddy für Maßnahmen, die Behinderte­n die Teilnahme am Straßenver­kehr erleichter­n, und möchte Barrieren abbauen. Sein größter Wunsch ist es, Friedrichs­hafen so barrierefr­ei wie die Kanarenins­el Teneriffa zu gestalten. Teneriffa gilt bei Behinderte­n als beliebtes Reiseziel. Denn egal, ob am Strand oder im Gelände – die Infrastruk­tur der größten der Kanarische­n Inseln wird ständig an die Belange von Menschen mit Handicap angepasst.

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FOTO: LINDA PLACKNER Gemeinsam an der Uferpromen­ade in Friedrichs­hafen unterwegs: Linda Plackner, Ceni Acikgöz, Freddy Pfleiderer, Lea Jäger und Ana Cotic (von links).
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