Uralte Steine und ein neues Großprojekt
Sparkasse plant viergeschossigen Neubau, doch plötzlich werden die ältesten Überreste Kemptens entdeckt
KEMPTEN (jan) - Kemptener Heimatfreunde sprechen von einer „kleinen Sensation“: In einem Gebäude der Promenadestraße wurden vor wenigen Tagen die möglicherweise ältesten bisher gefundenen Baureste der Stadt entdeckt. Ein Kellergewölbe stammt aus der Zeit weit vor dem Bau der Stadtmauer. Was die Historiker riesig freut, könnte für die Sparkasse Allgäu zur Belastung werden. Das Geldinstitut würde am liebsten zahlreiche Gebäude zwischen Königstraße und Promenadenstraße abreißen und dort ein riesiges Geschäfts- und Wohnzentrum samt Tiefgarage bauen. Aus Sicht von Kemptens Baureferent Tim Oliver Koemstedt gefährden die historischen Funde dieses Projekt nicht zwangsläufig. Tilman Ritter als Vorsitzender des Heimatvereins dagegen baut „vorsorglich Fronten“auf: Man werde sich kämpferisch gegen den Abriss der kleinteiligen Gebäudestruktur in der Promenadenstraße stemmen.
Die historische Geschichte : Die ältesten Zeugnisse der Bebauung in Kempten stammen aus der Römerzeit und sind im Archäologischen Park zu besichtigen. Innerhalb des heutigen Stadtkerns galt bisher ein hochmittelalterlicher Wohnturm an der Fischerstraße als ältester Bau.
Die aktuelle Vorgeschichte : Im Zuge der Planung ihrer neuen Hauptverwaltung entstand bei der Sparkasse die Idee, das ihr gehörende gegenüberliegende Gebäude Königstraße 18 - 20 durch einen Neubau zu ersetzen. Nach Worten des Vorstandsvorsitzenden Manfred Hegedüs ist es nicht nur unter energetischen Gesichtspunkten „in die Jahre gekommen“. Das Geldinstitut denkt sogar in größeren Dimensionen: Es will das ganze Areal bebauen, das durch Königstraße, Horchlerstraße und Promenadenstraße begrenzt wird. Dazu hat sie bereits drei weitere Häuser gekauft, gab Hegedüs bei einem Stadtrundgang mit Mitgliedern der Altstadtfreunde am vergangenen Samstag bekannt.
Die Bank hat ein Nutzungskonzept in Auftrag gegeben, das seit Kurzem samt Skizzen vorliegt. Auf den
„Ich war von 2020 ausgegangen, aber momentan kann man gar keinen Zeitpunkt nennen.“Manfred Hegedüs, Vorstandsvorsitzenden
Zeichnungen ist ein viergeschossiger Komplex zu sehen, der die Gesamtfläche umschließt. Dieser wäre genauso hoch wie das ReischmannGebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Möglicherweise, sagte Hegedüs, hätten die Vorlagen einige Betrachter verschreckt. Er betonte, dass es sich um Skizzen und nicht um konkrete Pläne handle: „Wir werden ein verträgliches Konzept entwickeln. Die Sparkasse wäre schlecht beraten, etwas gegen den Willen der Kemptener zu tun.“
Ob die Bank in der gewünschten Weise weiterdenken kann, hängt von mehreren Faktoren ab. Zum einen gehören ihr nicht alle für das Vorhaben nötigen Häuser, räumte Hegedüs ein. Aus seiner Sicht könnte auch gemeinsam mit Eigentümern etwas entwickelt werden.
Wichtiger ist jedoch der historische Fund vergangener Woche. Mitglieder der Altstadtfreunde besichtigten mit Vertretern der Denkmalschutzbehörde drei Gebäude in der Promenadenstraße und stießen dabei auf Reste mittelalterlicher Wohntürme sowie in einem Keller auf uralte Mauerreste. Was dies für den Denkmalschutz und damit für mögliche Baubeschränkungen bedeutet, ist laut Koemstedt und Ritter bisher nicht klar.
Die rechtliche Sicht: Selbst wenn die aktuellen Funde von den Behörden als Baudenkmäler eingestuft werden, kann sich die Stadt Kempten darüber hinwegsetzen. Andernorts wurden historische Baureste dokumentiert – und dann eliminiert. Entlang der Promenadenstraße ballt sich freilich das historische Erbe Kemptens: Dort sind – unterirdisch – auch Reste der Stadtmauer zu finden.
Wie geht es weiter? Der Heimatverein kündigte „Widerstand“gegen einen Abriss der Häuser in der Promenadenstraße an.
Nach Einschätzung von Koemstedt ließe sich ein Neubau mit dem Bestand kombinieren.
Die Pläne der Sparkasse hängen auch von der Möglichkeit ab, unter dem geplanten Gebäudekomplex eine große Tiefgarage bauen zu können. Hier spielen nicht nur die historischen Funde eine Rolle, sondern auch der Stadtpark. Wie berichtet, erneuert die Sparkasse ihre baufällige Tiefgarage für die Hauptverwaltung und will dabei unter der Königstraße hindurch eine Verbindung zu der Tiefgarage für den geplanten Komplex schaffen.
Der Bauausschuss des Stadtrats wollte eine Voranfrage dafür jedoch zunächst nicht behandeln. Erst müsse geklärt werden, was im Stadtpark passiert, hieß es. Mitte Oktober berät eine Jury über Ideen zum Stadtpark, die Architekten und Landschaftsplaner einreichen. Auch danach wird aber Zeit vergehen, bis das Sparkassenprojekt Wirklichkeit wird. „Ich war von 2020 ausgegangen, aber momentan kann man gar keinen Zeitpunkt nennen“, sagt Hegedüs.