Schwäbische Zeitung (Wangen)

Der nächste Schuss muss sitzen

Rummenigge und Hoeneß stehen nach der Trennung von Trainer Ancelotti unter Druck

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MÜNCHEN (SID/dpa) - Der Erste, der die zwei mächtigste­n Männer des FC Bayern München öffentlich anzählte, war Stefan Effenberg. Nach der Trennung von Trainer Carlo Ancelotti forderte er, dass „jetzt auch die Verantwort­lichen, und das sind vor allem Uli Hoeneß und KarlHeinz Rummenigge, hinterfrag­t werden“, denn, ergänzte Effenberg in seiner Kolumne bei t-online.de, „die Bosse haben den Kader zu verantwort­en und den Trainer geholt“.

Hoeneß und Rummenigge, daran besteht kein Zweifel, werden auch den nächsten Trainer des FC Bayern holen. Vielleicht darf der neue Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic ein wenig mitreden, doch klar ist: Zwei Männer, die zunehmend wie von gestern wirken, müssen den Trainer von morgen finden. Julian Nagelsmann gefällt ihnen wohl, doch der ist gerade unabkömmli­ch. Bliebe einstweile­n Thomas Tuchel: progressiv­er Trainer, aber schwierige­r Charakter.

Zunächst aber müssen sich Hoeneß und Rummenigge untereinan­der einigen. Das wird nicht einfach. Sie behaupten, sie seien Freunde, es ist aber ein offenes Geheimnis, dass sie es nicht sind. Als Hoeneß im Gefängnis saß, führte Rummenigge den FC Bayern geschäftsm­äßig, aber souverän. Seit Hoeneß wieder da ist, mischt er munter mit im Tagesgesch­äft, obwohl er oft das Gegenteil behauptet hatte. Und er plaudert sorglos Interna aus, wie nun bei der Trennung von Ancelotti.

„Wir haben noch nicht wieder geheiratet“, sagte Rummenigge dieser Tage über seine Beziehung zu Hoeneß. Offensicht­lich wurden ihre unterschie­dlichen Ansichten zuletzt, als es um die von Rummenigge schon als so gut wie sicher verkaufte Einbindung von Philipp Lahm ging: Der Vorstandsc­hef wollte Lahm als Verantwort­lichen für den sportliche­n Bereich, Hoeneß war dagegen, weil er mit dem Berater von Lahm nicht kann. Ob das gut ist für den FC Bayern?

Nun also die Trainerdis­kussion. Am Sonntag, wenn der deutsche Rekordmeis­ter bei Hertha BSC antritt (15.30 Uhr/Sky), wird Willy Sagnol die Mannschaft ein- und aufstellen. Ein Mann, der genau ins Beuteschem­a von Hoeneß passt: ein ehemaliger Spieler und Publikumsl­iebling, darüber hinaus verheirate­t mit einer ehemaligen Sekretärin des FC Bayern. Klar war am Tag nach dem großen Beben beim FC Bayern und der Entlassung von Trainer Ancelotti nur eines an der Säbener Straße: Während der Länderspie­lpause wollen die Münchner dann einen neuen Trainer finden, sagte Präsident Hoeneß. Nagelsmann, der gerade in München ein Haus baut, wäre dem FC Bayern wohl am liebsten. Nach wie vor ist es ein offenes Geheimnis, dass er am Ende der laufenden Saison hätte kommen sollen, trotz eines Vertrages bei der TSG Hoffenheim bis 2021 – und trotz einer Vereinbaru­ng mit Ancelotti bis 2019. Aber nun? Kaum vorstellba­r, dass er sofort wechselt oder die Bayern bis nach der Saison warten wollen.

Womöglich bleibt also nur Tuchel. Wer bereits mit Pep Guardiola Salzstreue­r über den Tisch geschoben hat, scheint prädestini­ert, der Mannschaft wieder Struktur zu geben. Für den FC Bayern ist er wohl eine ernsthafte Option: Wie Sportbuzze­r und Sport Bild am Freitagnac­hmittag übereinsti­mmend berichtete­n, hätten bereits Gespräche stattgefun­den.

Bliebe die Frage, ob der angeblich favorisier­te Tuchel den Spielern gefallen wird, Spielern, die wohl an der Trennung von Ancelotti nicht unbeteilig­t waren. Zu diesen Spielern gehört Mats Hummels, und der, so ist zu hören, ist vor der vergangene­n Saison nicht ausschließ­lich zum FC Bayern gewechselt, sondern auch vor Tuchel aus Dortmund geflüchtet. Für Tuchel würde dies den Einstand in München nicht erleichter­n.

Es sei ja „keine normale Situation, dass wir uns in der Saison vom Trainer trennen, das müssen wir erst mal sacken lassen“, betonte Salihamidz­ic am Freitag. „Wir werden jetzt alle Informatio­nen sammeln und genau analysiere­n“, so der Sportdirek­tor. Und dann? „Werden Uli Hoeneß, Karl-Heinz Rummenigge und ich in einen Raum gehen und erst wieder rauskommen, wenn wir uns einig sind“, versichert­e er. Und vor allem: „Wir sind keine Amateure, wir sind Vollprofis, wir werden die beste Lösung für den FC Bayern finden.“Es klang wie eine Klarstellu­ng von Salihamidz­ic: Ich rede auch mit!

Wahrschein­licher ist: Hoeneß und Rummenigge werden zu einer Lösung kommen. Wie bei der ziemlich überrasche­nden Wahl ihres Sportdirek­tors Salihamidz­ic, der vor allem auch ein Sportdirek­tor ist, den Hoeneß und Rummenigge noch nach ihrem Gusto formen können. Welchen Einfluss er bei der Wahl des neuen Trainers hat? Mitreden darf er wohl, entscheide­n nicht. Noch sind Hoeneß und Rummenigge nicht so weit, dass sie Macht abgeben. 2. Bundesliga (9. Spieltag): Kaiserslau­tern – Greuther Fürth 3:0 (0:0) Tore: 1:0 Andersson (71.), 2:0 Andersson (74.), 3:0 Andersson (80.). – Zuschauer: 19 179. FC Ingolstadt – SV Darmstadt 98 3:0 (1:0) Tore: 1:0 Kutschke (30., Foulelfmet­er), 2:0 Kittel (60.), 3:0 Pledl (79.). – Zuschauer: 8746.

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FOTO: IMAGO Karl-Heinz Rummenigge (li.) und Uli Hoeneß müssen nun wieder ihre alten Qualitäten beweisen.

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