Schwäbische Zeitung (Wangen)

Nur notdürftig geputzt: Lieber zahlen für öffentlich­e Toiletten?

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Nein, die spinnen nicht, die Römer. Ganz im Gegenteil! Denken wir doch nur an Kaiser Vespasian, der – die

Älteren unter uns erinnern sich mit unverhohle­ner Freude – von 69 bis 79 nach Christus regierte und die Urinsteuer für den Besuch öffentlich­er Toiletten erhob. Der diesbezügl­iche Satz „Pecunia non olet“(Geld stinkt nicht) stammt von dem weisen Römer. Gut gebrüllt, Signore Vespasian – auch wenn es Ihnen natürlich mehr um Kohle als um Hygiene ging!

Das Geschäft mit den Geschäften hat also Tradition – und erscheint uns keineswegs anrüchig. Im Gegensatz zum Zustand vieler öffentlich­er Toiletten auf Autobahnpa­rkplätzen oder Bahnhöfen. Wohl dem, der dort seine Bedürfniss­e zu zügeln weiß.

Gern entrichten wir daher einen kleinen Obolus, wenn nur Augen und Nase vom Übelsten verschont bleiben. Schlimm genug, dass fleißige Putzkräfte die Hinterlass­enschaften uneinsicht­iger Stinkstief­el beseitigen müssen. Nicht einzusehen, dass der Toilettenb­etreiber die Kosten dafür schultern soll. Das Verursache­rprinzip – nie war es angebracht­er als auf der öffentlich­en Bedürfnisa­nstalt.

Überdies: Lächerlich­e 70 Cent werden an den meisten Raststätte­n kassiert, 50 Cent davon im Restaurant erstattet. Macht summa summarum schlappe 20 Cent für ordentlich­e Sanitäranl­agen. Wir haben unser Geld schon wesentlich sinnfreier investiert.

d.uhlenbruch@schwaebisc­he.de 0 Cent für einmal die Toilette benutzen – das ist tatsächlic­h kein allzu hoher Betrag. Doch wer gezielt an einer Raststätte anhält, um eine Pause zu machen, und dann auch noch das Kleingeld am besten in passenden Münzen einwerfen muss, der fühlt sich in der Regel doch abgezockt. Gehört es nicht allgemein zum Service, dort eine ordentlich­e Toilette anzubieten, wo es auch Essen und Getränke gibt? Schließlic­h würde ja auch kein Restaurant­betreiber auf die Idee kommen, von seinen konsumiere­nden Gästen für den Klogang Geld zu verlangen. Eine saubere Toilette gehört zum Wohlfühlfa­ktor beim auswärts essen oder rasten einfach dazu.

Doch auch öffentlich­e Betreiber einer Toilette, etwa in der Innenstadt und in Parks, täten gut daran, diese kostenlos und vor allem ordentlich anzubieten: Wer eine saubere Toilette vorfindet und dann auch nichts dafür bezahlen muss, der hat tatsächlic­h keinen Grund, sich seiner Notdurft wildpinkel­nd zu entledigen. Vielleicht könnte man mit mehr kostenlose­n Toiletten die ein oder andere Straßenunt­erführung für Augen und geplagte Nasen retten. Und wer mit den angebotene­n sanitären Anlagen besonders zufrieden ist, kann ja immer noch freiwillig 20 Cent an die zuständige­n Putztrupps entrichten. So wie ein Trinkgeld im Café: für guten Service und nicht für das Recht, überhaupt aufs Klo gehen zu dürfen.

Das Geschäft mit den Geschäften ist nicht anrüchig.

Von Dirk Uhlenbruch

Extra Geld verlangen für eine saubere Toilette ist Abzocke.

Von Marlene Gempp

m.gempp@schwaebisc­he.de

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