Brutaler Überfall: 39 Uhren bleiben verschwunden
Staatsanwaltschaft erhebt Anklage – Waren die vier Räuber in Kempten im Juli allein?
KEMPTEN - „Ungewöhnlich brachial und rücksichtslos“, so hatte Polizeisprecher Christian Eckel im Juli den Überfall auf ein Juweliergeschäft in Kempten beschrieben. Damals schlugen die Täter mit Beilen auf Vitrinen ein und stahlen Uhren im Wert von über 390 000 Euro. Nach nur zwei Minuten flüchteten die vier Männer in verschiedene Richtungen. Die Polizei war ihnen sofort auf den Fersen und nahm einen nach dem anderen im Stadtgebiet fest.
Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Kempten Anklage gegen die Litauer im Alter zwischen 22 und 26 Jahren erhoben. Doch waren die Täter wirklich nur zu viert? Steckt eventuell eine Bande dahinter?
Und wo ist ein
Teil der Beute abgeblieben?
Diese Fragen sind noch offen, sagt Staatsanwalt Bernhard Menzel auf Nachfrage. Von den 119 entwendeten Uhren seien 39 nach wie vor verschwunden. „Wir wissen nicht, ob sie sie verloren, versteckt oder an einen Fünften weitergegeben haben“, sagt Menzel. Klar ist jedoch das Strafmaß, das den Männern droht. „Für den Tatbestand des schweren Raubes ist eine Freiheitsstrafe von nicht unter fünf Jahren vorgesehen“, sagt Menzel.
Den Ablauf der Ereignisse hatte die Polizei bereits wenige Tage nach dem Überfall rekonstruiert. Wie berichtet, tauchte einer der Männer als vermeintlicher Kunde vor dem Juweliergeschäft auf und bat um Einlass. Ein Angestellter öffnete. Der Mann schlug ihm mit der Faust ins Gesicht und drückte ihn ins Innere des Geschäfts. Dann ging alles ganz schnell: Er und seine Komplizen schlugen mit zwei Beilen auf die Vitrinen ein, steckten den Schmuck in Taschen und flüchteten aus dem Laden. Ein 26-Jähriger wurde von Passanten und einem Juwelier-Mitarbeiter gestellt. Polizisten überwältigten einen 22-Jährigen in einem Hinterhof, ein weiterer 22-Jähriger ging ihnen am Ostbahnhof ins Netz. Den vierten Tatverdächtigen (23) nahmen sie im Stadtteil St. Mang fest. Insgesamt wurden bei dem Überfall fünf Menschen leicht verletzt.
„Unseren Mitarbeitern geht es inzwischen wieder gut und es ist Normalität eingekehrt“, sagt der Inhaber von Juwelier Müller, Jürgen Lupfer. Über den Überfall, der für alle sehr unangenehm gewesen sei, möchte er heute aber nicht mehr sprechen. Dass die vier Litauer Teil einer größeren Bande sind, davon geht die Staatsanwaltschaft derzeit nicht aus, sagt Menzel. Bisher gebe es keine Hinweise darauf, dass sie für ähnliche Taten in der Region verantwortlich seien. Unbescholten sind die Männer aber auch nicht. Alle vier sind nach Angaben des Staatsanwalts wegen Diebstahls aktenkundig – teilweise auch in ausländischen Strafregistern. Den Überfall im Juli habe bisher nur einer der Angeklagten gestanden und Angaben zu seinen Mittätern gemacht.
Nun wird das Landgericht Kempten in den nächsten vier Wochen voraussichtlich das Verfahren eröffnen. „Danach wird ein Verhandlungstermin festgelegt“, erläutert Menzel. Hierbei sei die Schwierigkeit, alle vier Angeklagte mit ihren Verteidigern unter einen Hut zu bekommen. Bis zur Verhandlung bleiben die Männer in Untersuchungshaft. Sie sitzen in Gefängnissen in München, Memmingen, Kempten und Augsburg.
„Für den Tatbestand des schweren Raubes ist eine Freiheitsstrafe von nicht unter fünf Jahren vorgesehen“, sagt der Staatsanwalt.