Tempo 30 bleibt der Knackpunkt
Lindenberger Stadtrat verabschiedet einstimmig einen Lärmaktionsplan – Fraglich ist, ob er 1:1 umgesetzt wird
LINDENBERG - Fast zwei Jahre nach dem ersten Entwurf hat der Lindenberger Stadtrat einen Lärmaktionsplan verabschiedet. Kernpunkt sind Tempo 30 auf weiten Teilen der Durchgangsstraße von Goßholz bis Liebherr-Aerospace und Maßnahmen zur Verkehrslenkung. Der Plan geht jetzt an die Regierung von Schwaben mit der Aufforderung, ihn zu genehmigen. Ob das geschehen wird, ist allerdings unklar. Die Stadt und der von ihr beauftragte Fachanwalt rechnen mit weiteren Verhandlungen. Grund: Das Landratsamt sträubt sich nach wie vor gegen eine Geschwindigkeitsbegrenzung. Die Verärgerung darüber ist in den Reihen der Räte mittlerweile groß. „Ich habe den Eindruck, dass sie gegen die Stadt und ihre Bürger arbeitet“, sagte SPD-Fraktionssprecher Helmut Wiedemann in Richtung der Straßenverkehrsbehörde.
Anlass für den Lärmaktionsplan ist die hohe Verkehrsbelastung entlang der Hauptdurchgangsachse. Sie gefährdet zumindest teilweise die Gesundheit der Anwohner. 2013 hatte das Umweltministerium deshalb die Stadt aufgefordert, einen Lärmaktionsplan aufzustellen. Hintergrund sind entsprechende Vorgaben der EU.
Am ersten Entwurf hatte der Stadtrat – auch auf Wunsch der Behörden – Abstriche gemacht. So soll Tempo 30 nicht mehr auf der ganzen Verkehrsachse gelten – ausgenommen bleibt der Bereich in der Bismarckstraße. Zudem verzichtet die Stadt auf die zunächst angedachten Durchfahrverbote für Lkw. Stattdessen setzt sie auf die Lenkung des Verkehrs über eine bessere Beschilderung. Zudem sollen Kreisel an der B 308 den Verkehrsfluss erleichtern.
Die Veränderungen begrüßen Behörden und Organisationen wie die Polizei und die Industrie- und Handelskammer ausdrücklich. Die Polizei hält auch Tempo 30 im Bereich von der Blumen- bis zur Pfänderstraße für sinnvoll, allerdings nur in der Nacht.
Die Geschwindigkeitsbegrenzung bleibt der Knackpunkt. Fast das ganze Jahr 2016 hindurch hatte die Stadt darüber mit den Behörden, vor allem dem Landratsamt, verhandelt. Es gibt dabei vor allem zwei Probleme, die viel mit Bürokratie zu tun haben. Lärmaktionspläne beruhen auf einer Richtlinie der EU. Sie gibt eine eigene Berechnungsvorschrift vor, die europaweit gilt. Das aber wurde nicht in deutsches Recht umgesetzt. „Die Straßenverkehrsbehörden können damit nicht umgehen“, sagte Anwalt Reuße im Stadtrat. Folge: Die Stadt musste den Lärm nach deutschem Recht „nachberechnen.“
Das ist geschehen. Es gibt aber noch ein zweites Problem, das mit dem ersten zusammenhängt. Nach deutschem Recht kann ein Tempolimit nur angeordnet werden, wo es die Umstände, etwa zum Schutz von Anwohnern, zwingend erfordern. Ob das in Lindenberg der Fall ist, darüber gehen die Meinungen auseinander.