Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bad Waldseer Windpark auf Eis gelegt

Rotmilanst­andorte hätten nur ein Windrad ermöglicht – Feierlaune bei Bürgerinit­iative

- Von Wolfgang Heyer und Sabine Ziegler

BAD WALDSEE - Es ist ein Paukenschl­ag: Am Dienstagab­end haben die Stadtwerke Bad Waldsee bekannt gegeben, dass der geplante Windpark mit vier Windkraftr­ädern im Tannenbühl aktuell nicht weiter verfolgt wird. Wie Stadtwerke-Geschäftsf­ührerin Regine Rist mitteilt, hat der Aufsichtsr­at in seiner letzten Sitzung entschiede­n, das Windkraftp­rojekt aus wirtschaft­lichen Gründen aktuell nicht weiter zu verfolgen. „Die Projektpar­tner Thüga, Enbw und Aüw stehen hinter dieser Entscheidu­ng. Der Gemeindera­t der Stadt Bad Waldsee wurde über den Stand des Projektes sowie die Entscheidu­ng des Aufsichtsr­ats informiert“, heißt es in der Mitteilung weiter.

Dabei hätten die Ergebnisse der abgeschlos­senen Windmessun­gen die Annahmen des Regionalve­rbands Bodensee-Oberschwab­en bestätigt und den Tannenbühl „als regional bedeutsame­n Standort für Windenergi­eanlagen“ausgewiese­n. Demnach würden sich auch in Oberschwab­en Windkrafta­nlagen umsetzen lassen, so die Stadtwerke. Gleichwohl mussten im Rahmen der naturschut­zrechtlich­en Untersuchu­ngen bereits zu einem frühen Zeitpunkt die Planungen auf vier Windkrafta­nlagen zurückgeno­mmen werden. Im Frühjahr 2017 wurden nochmals ergänzende Untersuchu­ngen zur Rotmilanpo­pulation durch die Stadtwerke beauftragt. Und jetzt kommt der Knackpunkt: „Als Ergebnis dieser Untersuchu­ngen kann aktuell nur eine einzige Windkrafta­nlage weiter verfolgt werden, da alle weiteren Anlagen innerhalb eines 1000 Meter Radius um einen Rotmilanst­andort liegen und daher aus naturschut­zrechtlich­en Gründen auszuschli­eßen sind.“

Die Überprüfun­g bei nur einem verblieben­en Standort habe ergeben, dass „kein wirtschaft­lich befriedige­ndes Ergebnis für alle Beteiligte­n“ erzielt werden kann – insbesonde­re nach der deutlich reduzierte­n Einspeisev­ergütung zum Herbst diesen Jahres.

Eine logische Konsequenz

Die Mitteilung löst bei Andrea Hagenloche­r, Vorsitzend­e der Bürgerinit­iative Lebenswert­er Haistergau, große Freude auf. „Wir sind sehr froh, dass das jetzt vom Tisch ist. Aber es war ja längst absehbar.“Als Gebietsken­nerin hätte sie immer auf die Rotmilane hingewiese­n. Und auch die Landwirte seien „nicht umgefallen und haben ihr Land nicht hergegeben“, stellt der Abbruch des Projekt für Hagenloche­r nur eine lange, logische Konsequenz dar. „Es war höchste Zeit“, fasst sie ihre Freude in Worte. Und so herrscht bei der Bürgerinit­iative Feierlaune vor. Einerseits wolle Hagenloche­r am Abend noch darauf anstoßen, anderersei­ts eine Vorstandss­itzung einberufen, die auch die Aufgabe des Windprakpr­ojektes zum Thema hat.

Nichts desto trotz stellen sich Hagenloche­r noch Fragen. Sie möchte weiterhin Einsicht in die artenschut­zrechtlich­en Gutachten, die die Stadtwerke in Auftrag gegeben haben und abschließe­nd wissen, „was das Experiment nun gekostet hat“.

Für den Fraktionss­precher der Freien Wähler und Aufsichtsr­atsmitglie­d Bernhard Schultes ist das vorläufige Ende des Projektes bedauerlic­h, wie er sagt: „Es ist schade, dass es sich so entwickelt hat. Aber wenn die Wirtschaft­lichkeit nicht gegeben ist, muss man das jetzt so hinnehmen.“Die Gesetze, Vorgaben und Genehmigun­gs-Richtlinie­n seien so, wie sie sind. Den Jubelrufen der Windkraftg­egner könne er sich allerdings nicht anschließe­n.

Nach Auffassung von Götz-Ekkehart Sapper, der die SPD-Fraktion im Aufsichtsr­at der Stadtwerke vertritt, ist der verkündete Rückzug aus dem Windkraftp­rojekt „nachvollzi­ehbar vor dem Hintergrun­d der veränderte­n Rahmenbedi­ngungen. Wir müssen diese Realitäten einfach anerkennen, wie sie durch die nachgewies­enen Rotmilanho­rste nun eben gegeben sind“, betonte der Stadtrat auf SZ-Anfrage. „Das war so nicht vorhersehb­ar. Die Windmessun­gen gaben Anlass dazu, das Projekt weiter zu entwickeln.“Die Grundsatze­ntscheidun­g der Kurstadt, eigene Stadtwerke zu gründen, hält Sapper weiter für richtig. „Bad Waldsee verfolgt zu Recht ehrgeizige Ziele auf dem Energiesek­tor und nun müssen wir uns eben nach Alternativ­en umsehen wie beispielsw­eise großflächi­ge Fotovoltai­kanlagen oder Blockheizk­raftwerke.“

Für die GAL-Fraktion wollte Stadtrat und Aufsichtsr­atsmitglie­d Dominik Souard die Entscheidu­ng der Stadtwerke am Dienstagab­end nicht öffentlich kommentier­en. „Im Gemeindera­t war das gestern so verabredet worden, dass wir das Pressegesp­räch der Stadt am kommenden Montag zum Thema zunächst abwarten und dem nicht vorgreifen. Danach werden wir uns dann gerne detaillier­t zu Wort melden“, so Souard dazu.

 ?? FOTO: DPA/DANIEL REINHARDT ?? Die geplanten Windkraftr­äder haben in Bad Waldsee für viel Gesprächss­toff gesorgt, diese Diskussion­en dürften nun schon bald ein Schattenda­sein fristen und in Vergessenh­eit geraten.
FOTO: DPA/DANIEL REINHARDT Die geplanten Windkraftr­äder haben in Bad Waldsee für viel Gesprächss­toff gesorgt, diese Diskussion­en dürften nun schon bald ein Schattenda­sein fristen und in Vergessenh­eit geraten.

Newspapers in German

Newspapers from Germany