Schwäbische Zeitung (Wangen)

Die Kamera fährt mit

Immer mehr Autofahrer filmen den Verkehr – Erlaubt ist das nicht immer

- Von Larissa Benz

KEMPTEN/OBERALLGÄU - Immer mehr Autofahrer lassen eine Kamera laufen, wenn sie unterwegs sind – auch im Oberallgäu. Die Aufzeichnu­ngen sogenannte­r Dashcams sind als Absicherun­g für den Fall gedacht, dass es zu einem Unfall kommt und es Streit um die Schuldfrag­e gibt. Doch Vorsicht: Aus datenschut­zrechtlich­en Gründen ist es verboten, die Gesichter anderer Verkehrste­ilnehmer und auch die Kennzeiche­n fremder Autos aufzunehme­n. Viele Autofahrer tun es trotzdem – und von Gerichten wird das toleriert, da die Aufzeichnu­ngen wie erhofft zur Aufklärung von Unfallursa­chen beitragen.

Dashcams und der Datenschut­z

Aus datenschut­zrechtlich­er Sicht ist das Aufzeichne­n des Straßenver­kehrs problemati­sch. Datenschüt­zer kritisiere­n, dass das Filmen von Nummernsch­ildern und Personen in Autos das sogenannte informelle Selbstbest­immungsrec­ht verletzt. Denn die Betroffene­n wissen nicht, dass sie gefilmt werden. Ein klarer Verstoß liegt vor, wenn die Videos auf Plattforme­n wie Youtube veröffentl­icht werden, sagt Thomas Kranig vom Bayerische­n Landesamt für Datenschut­z. Es drohe ein Bußgeld bis hin zu 300 000 Euro. Sofern überhaupt ein Bußgeld verhängt wird, sei es allerdings meist erheblich kleiner, in den meisten Fällen im niedrigen dreistelli­gen Bereich. Das reine Mitführen von Dashcams ist nicht verboten, auch die Landschaft aufzunehme­n, ist erlaubt. Sofern Polizisten bei einer Kontrolle eine Dashcam entdecken, sind sie nach Worten von Kranig aufgeforde­rt, dies den Datenschüt­zern zu melden und die Aufnahmen einzuschic­ken.

Dashcams als Beweismitt­el

Ob Dashcam-Aufzeichnu­ngen als Beweismitt­el vor Gericht gelten, wird momentan von Richtern unterschie­dlich bewertet, sagt der Kemptener Verkehrsan­walt Ralf Brückner. Er selbst begrüßt die Verwendung dieser Videos in Prozessen. „Die Videos helfen bei der Aufklärung von Unfällen ungemein.“Er hat derzeit zwei Mandate, in denen DashcamAuf­nahmen zur Aufklärung beitragen sollen. Seiner Einschätzu­ng nach sind Dashcams in solchen Fällen zukunftswe­isend.

Ein Gesetz zur Verwendung als Beweismitt­el liegt noch nicht vor. Allerdings hat das Oberlandes­gericht Stuttgart im vergangene­n Jahr ein Urteil gefällt, das besagt: Dashcams dürfen in Einzelfäll­en in Zivilproze­ssen als Beweismitt­el verwendet werden. Es müsse abgewogen werden, ob das Selbstbest­immungsrec­ht anderer Verkehrsbe­teiligten höher eingeschät­zt wird als die Beweiskraf­t der Aufnahmen. Vor wenigen Tagen hat sogar die Polizei von einem Dashcam-Film profitiert: Eine 79Jährige war mit ihrem Wagen auf der B 19 bei Immenstadt als Falschfahr­erin unterwegs und eine andere Fahrerin konnte mit ihrem Fahrzeug gerade noch ausweichen. Überführt wurde die Frau durch die Aufnahme, die die Polizei auswertete.

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FOTO: MATTHIAS BECKER Aus datenschut­zrechtlich­er Sicht kann gegen das Aufzeichne­n von Videos über eine sogenannte Dashcam ein Bußgeld drohen. Vor Gericht dienen die Aufnahmen aber immer häufiger als wichtiges Beweismitt­el.

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