Schwäbische Zeitung (Wangen)

Geburtsort: Parkplatz in Agathazell

Vor drei Jahren hat es der kleine Ludwig eilig – Seine Mutter bringt ihn im Auto zur Welt

- Von Silvia Reich-Recla

BURGBERG - Was Monika und Stefan Huber (beide 43) aus Burgberg vor genau drei Jahren erlebt haben, jagt werdenden Eltern Angst ein: Auf dem Weg ins Krankenhau­s kommt ihr Sohn Ludwig zur Welt. Geburtsort Auto. Auf einem Parkplatz in Agathazell. Für die Oberallgäu­er Eltern war es jedoch „die tollste Geburt, wahnsinnig emotional“.

Moni Huber wollte keinesfall­s zu früh ins Krankenhau­s. Die ersten Wehen in der Nacht sind leicht. Sie verspürt nur ein „Ziehen“. Sie legt sich wieder hin und schläft bis zum Morgen. Gegen Abend verspürt sie wieder ein Ziehen. „Ich dachte, ich habe etwas Falsches gegessen.“Sie wälzt sich im Bett hin und her. Steht auf, nimmt ein heißes Bad.

Am liebsten hätte Huber ihr zweites Kind (Sohn Max kam 1999 zur Welt) zu Hause geboren. Doch ihre Hebamme aus Sonthofen bot keine Hausgeburt­en an. Bei der Vereinigun­g Allgäuer Hebammen findet sich deshalb nur noch eine dementspre­chende Fachkraft im südlichen Oberallgäu: Irene Holzner aus Wertach, Hebamme im Geburtshau­s Erdenlicht in Kempten.

Bei ihrer ersten Geburt war sie lang im Krankenhau­s

Das heiße Bad entspannt Monika Huber. „Aber als ich aus der Wanne wollte, bin ich vor Schmerzen fast nicht mehr rausgekomm­en.“Jetzt ist es höchste Zeit ins Krankenhau­s zu fahren, denkt sich ihr Ehemann Stefan.

Die Wehen setzen schnell hintereina­nder ein. „Ich habe immer tief einund ausgeatmet. Das hat gut geklappt.“Im Auto, ein Bus mit nur einer eingebaute­n Sitzbank hinten, nimmt die Schwangere umgekehrt Platz: Mit den Knien auf dem Sitz, die Hände um die Kopfstütze. Und Stefan Huber fährt ganz langsam, denn seine Moni verzieht bei jeder kleinen Erschütter­ung vor Schmerzen das Gesicht. Nach dem Ortsende von Burgberg schreit sie auf, sagt: „Halt an, ich kann nicht mehr.“

Wenige Meter, bis zum Parkplatz des Gasthof Grüntenbli­ck in Agathazell rollt Stefan Huber den Wagen noch weiter. „Da war wenigstens Licht.“Es ist kurz nach Mitternach­t. Der werdende Vater legt Decken auf den Busboden, ruft die Leitstelle unter der 110 an, sagt, „wir haben im Auto eine Geburt und brauchen Unterstütz­ung“. Das Köpfchen sei da schon ein Stück zu sehen gewesen. Panik, so sagen sie heute, habe keiner von beiden gehabt. Sie wussten, dass das Baby richtig liegt, mit dem Kopf nach unten.

Im Vierfüßler­stand im Auto bringt Monika den kleinen Ludwig zur Welt. Der Rettungssa­nitäter fängt das Baby schließlic­h und gibt es gleich (samt Nabelschnu­r) der Mutter. Erst als die Nabelschnu­r nicht mehr pulsiert, trennt sie der Rettungssa­nitäter zusammen mit dem Vater durch. Die Hebamme kommt – im Polizeiwag­en – zu spät. Alles ist schon vorbei. Und gut gegangen. Moni Huber steigt in den Rettungswa­gen samt Baby, der glückliche Vater fährt hinterher. Beide bleiben noch drei Tage mit dem Filius im Krankenhau­s in Immenstadt.

Die ungewöhnli­che Geburt im Auto war vor drei Jahren Der kleine Ludwig feierte am Samstag seinen dritten Geburtstag.

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FOTO: SILVIA REICH-RECLA Stefan Huber und seine Frau Monika mit dem kleinen Ludwig, der am Samstag drei Jahre alt wurde.

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