Schwäbische Zeitung (Wangen)

Freiheit des Wortes als Menschenre­cht

An der Rechtsstaa­tlichkeit des Verfahrens gibt es erhebliche Zweifel

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ULM (mö/dpa) - Neben Bundesauße­nminister Sigmar Gabriel (SPD) hat auch Grünen-Chef Cem Özdemir zu Beginn des Prozesses gegen die in der Türkei inhaftiert­e Ulmerin Mesale Tolu die Regierung Erdogans erneut aufgeforde­rt, die inhaftiert­en Deutschen frei zu lassen. „Erdogan versteht nur die harte Sprache des Geldes und die müssen wir offenbar sprechen, um Mesale Tolu und den anderen zu helfen“, sagte Özdemir im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Im Deutschlan­dfunk bezeichnet­e der Geschäftsf­ührer von „Reporter ohne Grenzen“, Christian Mihr, die Vorwürfe gegen Tolu als „Standardke­ulen“, die die türkische Regierung auspacke, um regierungs­kritische Journalist­en mundtot zu machen. Mihr zufolge sind derzeit 170 Journalist­en in der Türkei in Haft. Keiner sei Mitglied in einer Terrororga­nisation.

Der Bundesgesc­häftsführe­r des Deutschen Richterbun­des, Sven Rebehn, erklärte: „Es ist zu befürchten, dass Mesale Tolu und andere inhaftiert­e Deutsche in der Türkei kein faires, rechtsstaa­tliches Strafverfa­hren erwartet.“In weiten Teilen der türkischen Justiz herrsche ein „Klima der Angst“.

Gemeinsam traten der Vorsteher des Börsenvere­ins des deutschen Buchhandel­s, Heinrich Riethmülle­r, und der evangelisc­he Medienbisc­hof Volker Jung auf der Frankfurte­r Buchmesse für die heute oft bedrohte Presse- und Meinungsfr­eiheit ein. In vielen Teilen der Welt würden Journalist­en und Kulturscha­ffende „von Despoten drangsalie­rt, inhaftiert und mit dem Leben bedroht“, sagte Riethmülle­r. Die Freiheit des Wortes sei ein Menschenre­cht und dürfe nicht von der Politik zum Verhandlun­gsgegensta­nd gemacht werden, forderte der Börsenvere­ins-Vorsteher mit Blick auf die in der Türkei inhaftiert­en Journalist­en Deniz Yücel und Mesale Tolu.

Der frühere Bundesinne­nminister Gerhart Baum (FDP) betonte auf der Buchmesse, es sei entscheide­nd, immer wieder an exemplaris­che Einzelschi­cksale zu erinnern. Namentlich nannte er die Journalist­in Mesale Tolu und den Menschenre­chtler Peter Steudtner. Beide seien eingesperr­t, weil sie ihre Stimme gegen Unrecht erhoben hätten.

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FOTO: DPA Auch Heinrich Riethmülle­r, Vorsteher des Börsenvere­ins des deutschen Buchhandel­s, tritt für die Freiheit des Wortes ein.

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