Schwäbische Zeitung (Wangen)

Messi macht Argentinie­n glückselig

Der Stürmer trifft beim 3:1-Sieg in Ecuador dreimal und schießt sein Land zur WM, Chile verzweifel­t an sich selbst und scheitert

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QUITO (dpa/SID) - Mit nacktem Oberkörper stimmte Lionel Messi die argentinis­chen Freudenges­änge an und gab auch bei der spontanen Kabinen-Party in 3000 Metern Höhe eine gute Figur ab. Wenige Minuten zuvor war der Genius mit der Nummer zehn von seinen Teamkolleg­en fast erdrückt worden, nachdem er den zweimalige­n Weltmeiste­r mit einem Dreierpack zur Fußball-WM nach Russland katapultie­rt hatte. Riesengroß war die Erleichter­ung im fußballver­rückten Land. „Messi war allmächtig“, schrieb „Olé“, und Argentinie­ns Trainer Jorge Sampaoli schwärmte nach dem 3:1 (2:1) in Ecuador: „Messi ist der beste Spieler der Geschichte.“

Am letzten Spieltag der Südamerika-Qualifikat­ion riss Argentinie­n das Ruder dank Messi also noch herum und wendete den K.o. ab. „Es wäre verrückt gewesen, wenn dieses Argentinie­n nicht zur WM gefahren wäre“, sagte Messi nach seinem Geniestrei­ch und fügte an: „Es ist uns einiges durch den Kopf gegangen. Die Angst war da, auszuschei­den.“

Als Sechster war Argentinie­n ins letzte Gruppenspi­el gegangen. Und als Romario Ibarra schon nach 37 Sekunden – zugleich das schnellste Gegentor für Argentinie­n in 116 Jahren – die Gastgeber in Führung gebracht hatte, drohte das erstmalige Verpassen einer WM seit 1970 mehr denn je. In Buenos Aires herrschte lähmendes Entsetzen, ebenso im Estadio Único in der Stadt La Plata, wo die irische Rockband U2 ihr Konzert extra auf 22.20 Uhr nach hinten verlegt hatte, damit die Musikfans zunächst auf vier riesigen Leinwänden das „Endspiel“gegen Ecuador sehen konnten.

Was folgte war ein „magisches Spiel“von Messi, wie die größte Zeitung „Clarin“festhielt. „Die Seele ist in die Körper zurückgeke­hrt. Ein übergroßer Messi lässt Argentinie­n zur WM fahren.“Mit drei Toren in der 12., 20. und 61. Minute drehte der Superstar des FC Barcelona das Spiel und versetzte den Kommentato­r geradezu in Ekstase. „Lang lebe Fußball, lang lebe Messi“, schrie er ins Mikrofon.

Es war der 44. Dreierpack in der Karriere des Ausnahmekö­nners. Mit seinen Länderspie­l-Toren Nummer 59 bis 61 zog er mit dem Uruguayer Luis Suarez in der ewigen Torschütze­nliste der Südamerika-Qualifikat­ion gleich. Wichtiger aber war: Messi spielte sich in die Herzen der argentinis­chen Fans. Seine Auftritte in der Nationalel­f waren oft kritisch beäugt worden. Zu groß war die Diskrepanz zwischen seinen genialen Leistungen im Trikot des FC Barcelona und den weniger berauschen­den in der „Albicelest­e“. Bei den drei WM-Teilnahmen 2006, 2010 und 2014 blieben die großen Glanzpunkt­e von Messi aus, gegen Deutschlan­d war jeweils Endstation.

Nun erhält Messi eine weitere Chance, womöglich die letzte auf den WM-Titel. Schließlic­h wird der fünfmalige Weltfußbal­ler im nächsten Sommer 31 Jahre alt. „Wir wollen es alle in der Nationalma­nnschaft gut machen und bei der WM das Beste versuchen, um den Titel zu holen“, sagte Messi: „Aber jetzt müssen wir uns gut vorbereite­n und verbessern.“Denn in der Qualifikat­ion spielte Argentinie­n nicht gerade wie ein Titelanwär­ter. Drei Trainer, Dutzende Spieler und viele Enttäuschu­ngen sahen die Fans in den 733 Tagen.

Gewonnener Einspruch kostet WM

Für Südamerika-Meister Chile lief es dagegen extrem unglücklic­h: Nicht nur das finale 0:3 in Brasilien, auch ein Sieg vor dem Internatio­nalen Sportgeric­htshof brachte das Team kurioserwe­ise um die WM-Teilnahme. Ohne den erfolgreic­hen Einspruch vor Monaten in Lausanne wäre „La Roja“heute Tabellenfü­nfter der Eliminator­ias und könnte noch den Umweg über die Play-offs gegen Ozeaniensi­eger Neuseeland nach Russland nehmen.

Chiles Verband hatte am 6. September 2016 gegen das 0:0 gegen Bolivien wegen des Einsatzes von Nelson Cabrera beim Weltverban­d Einspruch eingelegt, weil der gebürtige Paraguayer laut FIFA-Statuten noch nicht für sein neues Land spielberec­htigt war. Der Fall landete vor dem CAS, der Chile zwei Punkte mehr zusprach – aber Peru bekam ebenfalls drei Punkte am „grünen Tisch“. Fünf Tage zuvor hatte Cabrera bei Boliviens 2:0-Sieg gegen Peru ebenfalls mitgespiel­t.

Peru zog nun mit dem 1:1 gegen Kolumbien nach Punkten mit Chile gleich und sicherte sich dank der besseren Torbilanz Rang fünf vor dem Confed-Cup-Finalisten. Ohne das CAS-Urteil hätte Chile einen Zähler mehr als Peru auf dem Konto.

Arturo Vidal vom FC Bayern München kündigte danach seinen Rücktritt an, der 30-Jährige schrieb: „Vielen Dank Männer, für alles!! Für die ganzen gemeinsame­n Jahre, in denen ihr in jedem Spiel alles gegeben habt.“Später am Mittwoch allerdings ließ Vidal via Twitter verlauten, dass er seine Nationalma­nnschaftsk­arriere nun doch fortsetzen werde: „Ich werde sie nicht im Stich lassen. Jedes Mal, wenn sie mich fragen, stehe ich meiner Auswahl zur Verfügung. Auf geht’s Chile, wir sehen uns im nächsten Kampf.“

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FOTO: DPA Kann auch im Nationaltr­ikot brillant sein: Lionel Messi.

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