Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wie Retter voneinande­r lernen können

Eine Katastroph­enübung im Südwesten zeigt: Es lohnt sich, wenn Einsatzkrä­fte über den Tellerrand schauen

- Larissa Schwedes

TÜBINGEN (dpa/lsw) - Aus großen Schläuchen spritzt Wasser auf die Bäume im Naturpark Schönbuch. Feuerwehrm­änner sind zu Dutzenden damit beschäftig­t, den Wald feucht zu halten und zu verhindern, dass Feuer sich ausbreitet. Hinter ihnen lodern Flammen. Trockenhei­t und heiße Temperatur­en haben einen Waldbrand ausgelöst. Es ist schwierig, ihn möglichst klein zu halten. Einige Kilometer weiter liegt ein umgekippte­r Bus auf der Autobahn, es gibt viele verletzte Schüler. Sanitäter schleppen dick eingewicke­lte Jugendlich­e auf Tragen in die Krankenwag­en, Blaulicht überall.

Nur fiktive Verletzte

Doch all das ist nur Schauspiel. Echte Wunden und Verbrennun­gen gab es an diesem Samstag glückliche­rweise keine. Die Notlagen waren inszeniert und gehörten zu einer Katastroph­enschutzüb­ung, die die Regierungs­präsidien Stuttgart und Tübingen mit mehreren Landkreise­n durchführt­en. Das geprobte Szenario war eine extreme Hitzewelle, die viel Chaos verursacht­e: In den Wäldern brach Feuer aus, Straßenbel­äge weichten auf, der Strom fiel aus und die Krankenhäu­ser waren überlastet.

„Katastroph­en machen nicht vor Kreisgrenz­en halt. Es ist wichtig, dass sie bei der Zusammenar­beit im Ernstfall keine Rolle spielen“, sagte Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU), der die Rettungskr­äfte im Wald besuchte. Mit Staunen beobachtet­e er die Rettung eines Schwerverl­etzten, der an einem Steilhang mithilfe einer aufwendige­n Seilkonstr­uktion auf einer Trage aus dem Graben gehievt wurde.

Zusammenar­beit über Grenzen hinweg war die große Idee hinter der Übung. Das bezog sich nicht nur auf die Landkreise. Um auf Großbrandl­agen besser vorbereite­t zu sein, holte man sich im Südwesten Anregungen aus den USA, die – wie im Fall der aktuellen Großbrände in Kalifornie­n – deutlich mehr Erfahrung mit solchen Bränden haben. Ein privater Feuerwehr-Dienstleis­ter, der sich stark an der Arbeit US-amerikanis­cher Einsatzkrä­fte orientiert, war mit dabei.

„Die haben eine ganz andere Ausrüstung als die deutsche Feuerwehr für Brandeinsä­tze im Wald können wir uns da einiges abschauen“, sagte Klaus Schmidt von der Feuerwehrs­chule Baden-Württember­g. Leichtere Kleidung, Rucksäcke mit Wasservorr­äten und tragbare Schutzzelt­e, um sich vor großen Feuerwände­n zu schützen, gehören zu dieser Spezialaus­rüstung. Auch die Arbeitswei­se der Einsatzkrä­fte ist für die deutschen Feuerwehr-Kollegen ungewohnt: Mit Schaufeln grub eine Reihe von Helfern in Windeseile einen Graben rund um das Feuer, um sein Ausbreiten zu verhindern.

Bei der Großübung hapert es teilweise noch bei der Verständig­ung der beteiligte­n Organisati­onen. Utz Remlinger vom Regierungs­präsidium Tübingen meint: „Bei der Kommunikat­ion können wir noch nachbesser­n.“Oberst Christian Walkling, der mit Soldaten der Bundeswehr die Übung unterstütz­e, sieht dafür den Bedarf einer klaren Führung der Einheiten. „Wer ist wer? Wer ist wo? Wer kann was? Damit jeder das weiß, braucht es Führungsle­istung und Koordinati­on.“

Als die Einsatzkrä­fte das fiktive Busunglück mit rund 50 Verletzten einigermaß­en in den Griff bekommen haben, ist die Erleichter­ung groß. „Als die Einsatzkrä­fte ankamen, herrschte im Bus Panik und Stress pur“, berichtet Feuerwehrm­ann André Weiss, der den Einsatz vor Ort betreute. „Jetzt bin ich froh, dass es vorbei ist und es meinen Jungs gut geht.“Für die Einsatzkrä­fte sei es laut Weiss wichtig, ihr Können zu beweisen und zu wissen: „Wir stemmen so was.“

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FOTO: DPA Baden-Württember­gs Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) nimmt in Tübingen an einer Katastroph­enschutzGr­oßübung im Naturpark Schönbuch teil. Der fiktive Rahmen ist das Szenario einer langen Hitzewelle.

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