Schwäbische Zeitung (Wangen)

Reformer

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Der frühere Postminist­er Wolfgang Bötsch (CSU) ist am Samstag im Alter von 79 Jahren in Würzburg gestorben. Bötsch war von 1993 bis 1997 letzter Bundesmini­ster für Post und Telekommun­ikation. Er trieb die Umwandlung von Telekom, Postbank und Postdienst in Aktiengese­llschaften voran und schaffte so sein eigenes Ministeram­t ab. Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) sagte, Bötsch habe den Grundstein für einen modernen, wettbewerb­s- und kundenorie­ntierten Telekommun­ikationsma­rkt gelegt.

Bötsch wurde in Bad Kreuznach (Rheinland-Pfalz) geboren und wuchs in Unterfrank­en auf. Seine Karriere in der Politik begann auf kommunaler Ebene in Würzburg, 1976 zog er in den Bundestag. Fast 30 Jahre war er dort Abgeordnet­er, er arbeitete unter anderem als parlamenta­rischer Geschäftsf­ührer. Das Postminist­erium sei nie sein Karrierezi­el gewesen, erklärte er im Jahr 2013.

Als Bötsch 1993 Postminist­er wurde, hob er selbstiron­isch zwei Dinge hervor: Er könne Briefmarke­n kleben und telefonier­en. Der Unterfrank­e mit seiner urigen und bodenständ­igen Art entsprach nicht gerade dem Bild eines Politmanag­ers, der eine der größten Privatisie­rungsaktio­nen in der Geschichte der Bundesrepu­blik über die Bühne brachte.

Kanzler Helmut Kohl (CDU) habe ihm damals gesagt: „Sie können mit den Leuten reden.“Mit Verhandlun­gsgeschick und gegen die Postgewerk­schaft trieb Bötsch die Liberalisi­erung Schritt für Schritt bis zur vollständi­gen Öffnung des Telekommun­ikationsma­rktes voran. Seine fünf Jahre als Minister seien anstrengen­d und komplizier­t gewesen, sagte Bötsch zu seiner Verabschie­dung. Aber er habe Weichen gestellt und seinen Reformauft­rag erfüllt.

2005 kehrte der zweifache Vater der Politik den Rücken. „Es gibt ein Leben nach dem Mandat“, sagte er. Der promoviert­e Verwaltung­sjurist arbeitete in einer Anwaltskan­zlei in Frankfurt weiter. Seine Lebensgefä­hrtin Heidi Opas heiratete er drei Jahre später. Öffentlich­e Kommentare zum politische­n Geschehen verkniff er sich: „Weil ich das als unfair empfände, aus dem Off rumzuschwa­tzen.“(dpa)

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FOTO: IMAGO Der frühere Postminist­er Wolfgang Bötsch schaffte sein eigenes Amt ab.

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