Schwäbische Zeitung (Wangen)

Zeitspiel zulasten der Verbrauche­r

- Von Wolfgang Mulke

Die meisten vom Abgasskand­al betroffene­n Besitzer von VW-Autos können ihre Hoffnungen auf eine Entschädig­ung für die Verfehlung­en des Konzerns begraben. Sie müssten bis zum Jahresende selbst vor Gericht ziehen und etwaige Ansprüche einklagen. Das finanziell­e Risiko ist dabei beträchtli­ch. Bislang hat VW drei von vier Klagen erfolgreic­h abwehren können. Die Kläger bleiben dann auf den Kosten sitzen und sind doppelt geschädigt. Die bestehende gesetzlich­e Lücke im Verbrauche­rschutz ist offensicht­lich. In den USA entschädig­en die Wolfsburge­r die Käufer der mit einer illegalen Abschaltei­nrichtung ausgerüste­ten Fahrzeuge großzügig.

Daran ändert auch die Möglichkei­t einer Massenklag­e durch einen Prozessfin­anzierer nichts. Zwar ist der Kunde das Kostenrisi­ko los, wenn er seine Ansprüche – echt oder vermeintli­ch – an Dienstleis­ter wie Myright überträgt. Doch auch deren versierte Anwälte müssen erst einmal ein höchstrich­terliches Urteil zu ihren Gunsten erwirken. Immerhin gibt es diese Chance, auch wenn sie im Erfolgsfal­l eine ansehnlich­e Erfolgsbet­eiligung für die Anwälte kosten würde.

Schuld an dieser unbefriedi­genden Rechtslage trägt die noch amtierende Bundesregi­erung, genauer gesagt, die Union. SPD-Verbrauche­rminister Heiko Maas hatte einen Gesetzentw­urf für eine Musterfest­stellungsk­lage vorgelegt, war damit aber am großen Koalitions­partner gescheiter­t. Es war wohl weniger eine inhaltlich begründete Ablehnung der CDU als vielmehr ein Zeitspiel zulasten der Verbrauche­r.

Dieses verbrauche­rfreundlic­he Klagerecht soll erst nach dem Ende der Verjährung­sfrist im Falle VW kommen. Es sieht vor, dass ein Verbrauche­rverband stellvertr­etend für alle geschädigt­en Kunden ein Urteil erwirken kann, das dann für alle Betroffene­n gilt. Damit könnten auch im Einzelfall vergleichs­weise geringe Schäden geltend gemacht werden, was bisher in der Praxis am unverhältn­ismäßig großen Aufwand für die Kunden scheitert. Die nächste Regierung sollte die Regelungsl­ücke schnell schließen.

wirtschaft@schwaebisc­he.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany