Zwischen Hirsch und Blaserturm
Hinweistafeln zu mittelalterlichem Gebäudekomplex wären wünschenswert
ISNY - Seit Monaten ist der südöstliche Bereich des Marktplatzes zwischen Gasthof Hirsch und Blaserturm entlang der Bergtorstraße von Bauzäunen umgeben. Hinweise darauf, was sich dahinter tut, suchen Interessierte vergeblich.
Informationsbedürfnis ist vorhanden etwa darüber, dass dort ein Neubau der traditionsreichen Hirsch-Terrasse geplant ist, dass dies überhaupt der erste Schritt für die geplante Umgestaltung des gesamten Marktplatzes ist. Und: Es fehlen Auskünfte über die freiliegenden, mittelalterlichen Fundamente; dass aus historischen Bildquellen und Urkunden hervorgeht, welcher Gebäudekomplex genau an dieser Stelle stand, das sowohl erste „religiös-karitative“als auch das erste „Verwaltungszentrum“im spätmittelalterlichen Isny.
Wenig Quellenhinweise
Die Archäologin Sybil Harding hat die Freilegung der Fundamente betreut und geht im Zusammenhang mit den vorhandenen Quellen davon aus, dass es sich um die Reste der östlichen Seite eines Repräsentativbaus handelt mit direkt angrenzender massiver Steinbebauung. Allerdings: „Aufgrund des Fehlens von Keramikfunden ist es aus archäologischer Sicht nicht möglich, weder die Entstehung noch die Aufgabe oder Zerstörung des Gebäudekomplexes zeitlich genauer einzuordnen“, schreibt Harding.
Der älteste Nachweis zur Bebauung des Areals geht aus einer Urkunde von 1288 hervor, die laut Heimatforscher Roland Manz von dem wehrfähigen, robusten Amtshaus des Grafen Ulrich von Montfort handelt, dem sogenannten „Domum Ulrici“. Dieses Gebäude ging später an das Franziskanerinnen-Kloster Lindau über, deren Schwestern es als „Barfüßer“-Herberge nutzten, was nach allen gesicherten Erkenntnissen in erster Linie durchziehende Bettelmönche verschiedener Orden bezeichnete, die dort übernachten konnten.
Urkunden weisen laut Manz auch auf sogenannte „Nonnen im Stein“(im Steinhaus) hin, die wohl im städtischen Auftrag im selben Gebäudekomplex karitative Aufgaben für die Stadtbewohner übernahmen, etwa, sich um Pestkranke zu kümmern. 1513 zogen sich die Franziskanerinnen zurück, und der Gebäudekomplex ging an die Stadt über. Das Kloster Lindau wurde finanziell entschädigt.
Blaserturm war Bestandteil
Von diesem Jahr an wurde an gleicher Stelle, wahrscheinlich mindestens teilweise auf den Mauern der Barfüßer-Herberge, das imposante Renaissance-Rathaus mit den zwei markanten Seitentürmen gebaut. Dies legen die Ansichten von Morell, Merian und Lechner aus der Mitte des 17. Jahrhunderts nahe, bald nach dem großen Stadtbrand gemalt. In diesen Bildern ist auch ersichtlich, dass der Blaserturm Bestandteil des Gebäudekomplexes war.
Weitere Grabungen folgen
Die bisher freigelegten Grundmauern gehören nach Ansicht der Fachleute ganz sicher nicht zum „Alten Rathaus“, sondern zur einst östlich direkt angrenzenden Barfüßer-Herberge, beziehungsweise zum „Nonnenstein.“Unter der geplanten Hirsch-Terasse wurden keine historischen Fundamente ausgemacht. Im Zuge der Umgestaltung des Marktplatzes werden weitere archäologische Grabungen Aufschluss geben über die genaueren Dimensionen des Gebäudekomplexes Barfüßer-Nonnenstein-Altes Rathaus.