Mehr Spannung geht kaum
Leipzig fügt dem BVB beim spektakulären 3:2 (2:1) die erste Heimniederlage seit April 2015 zu – Bosz genervt
DORTMUND (SID/dpa) - Als die Festung endlich eingenommen war, hob Ralph Hasenhüttl ab. Bei seinem Jubelsprung in der Sekunde des Abpfiffs stand der Trainer von RB Leipzig nach dem 3:2 (2:1) in Dortmund hoch in der Luft. Und auch, als er später dieses spektakuläre Spiel analysieren sollte, schien er noch zu schweben. „Was wir hier geleistet haben, wo zweieinhalb Jahre lang niemand gewonnen hat, war sensationell, unfassbar. Ich bin sehr, sehr stolz.“
Seit dem 4. April 2015 (0:1 gegen Bayern München) hatte der BVB zu Hause in der Bundesliga nicht mehr verloren. Es mussten erst die Leipziger kommen, um diese Serie zu brechen – und die Bundesliga wieder spannend zu machen. „Wir haben Nadelstiche gesetzt, wir haben sie richtig gestresst“, sagte Hasenhüttl, dem die mentale Erschöpfung anzusehen war. Da schmeckten das Bier und die Würstchen beim Fanfest am Sonntag gleich noch mal doppelt so gut.
Mit einer Taktik höchsten Risikos und gnadenloser Attacke auf die BVB-Schwachstellen stürmte der Vizemeister in einem Wahnsinnsduell voller Turbulenzen. „Ein Spiel wie im Hochofen“, kommentierte das ZDF: fünf Tore, zwei Elfmeter, zwei Rote Karten, mehrere Videobeweise, offenes Visier auf beiden Seiten, Spannung bis zur letzten Sekunde. „Wir sind all-in gegangen, wollten eine geile Leistung sehen“, sagte Hasenhüttl und bemühte ein Bild aus der Pokersprache. Das heißt: maximaler Einsatz, alles oder nichts.
Und tatsächlich war es schon sehr stark, wie die Leipziger nach dem frühen Rückstand durch PierreEmerick Aubameyang (4. Minute) aufdrehten und das Spiel drehten. Marcel Sabitzer (10.), Yussuf Poulsen (25.) und Jean-Kévin Augustin (49.) trafen für Leipzig, Aubameyang gelang per Elfmeter nur noch der Anschlusstreffer (64.).
„Das war kein Spiel für schwache Nerven“, sagte Leipzigs Sportchef Ralf Rangnick, „wenn du in Dortmund gewinnst, ist das schon ein Ausrufezeichen.“Hasenhüttl sprach zutreffend von „Werbung für die Bundesliga. Das war ein Riesenschritt.“
Derlei Schwärmerei war Peter Bosz aber ein Graus. „Es war kein großartiges Spiel, und es war auch kein guter Fußball“, urteilte Dortmunds Coach genervt: „Es war nur spannend.“Der Tabellenführer gewann am Samstag immerhin eine bittere Erkenntnis: Gegen die großen Gegner reicht es derzeit noch nicht, weil die Abwehr zu wacklig ist. „Das war eklatant, dass wir uns in den Zweikämpfen öfter haben abkochen lassen“, sagte Sportdirektor Michael Zorc. So war es in der Champions League bei Tottenham Hotspur (1:3), auch gegen Real Madrid (1:3) – und nun auch gegen Leipzig.
Doch auch für den BVB gab es am Samstagabend Erfreuliches: Die Proteste des Dortmunder Anhangs gegen Leipzig im Stadion und zuvor schon beim Protestmarsch waren laut – aber friedlich.