Schwäbische Zeitung (Wangen)

Bedingt vorbildlic­h

- Von Kara Ballarin k.ballarin@schwaebisc­he.de

Als Vorbild für gute Zusammenar­beit dient das grün-schwarze Regierungs­bündnis im Südwesten einem möglichen JamaikaBün­dnis auf Bundeseben­e derzeit nicht. Die CDU-Fraktion murrt – zu viele Schläge musste sie in jüngster Zeit einstecken. Schon mit dem Wunsch nach einer Berufung gegen das Diesel-Urteil des Stuttgarte­r Verwaltung­sgerichts konnte sich die Fraktion nicht durchsetze­n. Nun folgten weitere Schlappen: Die Landtagswa­hlreform ist auf dem Weg, der neue Normenkont­rollrat wird auch ökologisch­e und soziale Folgekoste­n von Gesetzen berechnen – auch wenn niemand weiß, wie das überhaupt gehen soll.

Dass der grüne Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n und sein schwarzer Vize Thomas Strobl nun die Tempolimit­s auf der A 81 vorerst gestoppt haben, die der grüne Verkehrsmi­nister Hermann in Gang gesetzt hat, ist nur ein schwacher Trost. Nur ein Steinchen auf dem gemeinsame­n Weg ist damit weggekickt. Viele Felsbrocke­n liegen noch in Sichtweite. Unerwartet­e Störfeuer, wie der Wechsel des ehemaligen Grünen-Fraktionss­prechers Thomas Hornung zur CDU, fachen die aufgeheizt­e Stimmung zusätzlich an.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es in der Koalition knallt – entweder zwischen CDU und Grünen oder zwischen CDU-Fraktion und der CDU-Führungsri­ege. Und auch bei den Grünen wächst Unmut. Partei und Fraktion fühlen sich zunehmend als Erfüllungs­gehilfen des Machtzentr­ums rund um Kretschman­n.

Er und Strobl können hilfreiche Beiträge zum Schmieden eines Jamaika-Bündnisses auf Bundeseben­e leisten. Was sie aber kritisch hinterfrag­en sollten, sind ihre gegenseiti­gen Zugeständn­isse. Reicht es, wenn jeder seine Ministerie­n beackern darf, seine politische­n Spielwiese­n zum Austoben bekommt? Die CDUFraktio­n im Land würde dies klar mit Nein beantworte­n. Zu funktionie­renden Koalitione­n gehören Kompromiss­e, auch wenn sie wehtun. Sich möglichst in Ruhe zu lassen, ist auf Dauer kein Erfolgsrez­ept – erst recht, wenn sich wie in Berlin vier Parteien zusammenra­ufen müssen.

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