Schwäbische Zeitung (Wangen)

Gartenlaub­en-Drama vor Gericht

Sechs Jugendlich­e erstickten in der Gartenlaub­e – Familienva­ter muss sich verantwort­en

- Von Christiane Gläser

WÜRZBURG (dpa) - Im Prozess um die tödliche Kohlenmono­xid-Vergiftung von sechs Teenagern in einer Gartenlaub­e in Unterfrank­en hat sich der Besitzer des Häuschens geäußert. Er sei „fassungslo­s wie und warum das passieren konnte“, ließ der 52-Jährige am Mittwoch vor dem Landgerich­t Würzburg verlesen. Er wolle die Schuld nicht von sich weisen. Dem Mann aus Arnstein wird sechsfache fahrlässig­e Tötung vorgeworfe­n. Unter den Opfern waren zwei seiner eigenen Kinder.

WÜRZBURG (dpa) - Es ist ruhig im großen Saal des Landgerich­ts Würzburg während der Verteidige­r des Angeklagte­n dessen persönlich­e Erklärung verliest. Nur das Weinen und Schluchzen des 52-Jährigen durchbrich­t die Stille. Der Vater hat seine zwei ältesten Kinder verloren – weil er einen Stromgener­ator in seiner Gartenlaub­e falsch aufgestell­t hatte. Seine Tochter, sein Sohn und vier weitere junge Leute im Alter von 18 und 19 Jahren starben deshalb im Januar an einer Kohlenmono­xidvergift­ung. Am ersten Prozesstag hat der Unterfrank­e die volle Verantwort­ung dafür übernommen. „Ich kann es mir nicht erklären. Ich will aber keine Schuld von mir weisen“, las Strafverte­idiger Hubertus Krause am Mittwoch vor.

Der Vater steht wegen sechsfache­r fahrlässig­er Tötung vor Gericht. Der im Technikrau­m des Häuschens aufgestell­te Stromgener­ator war nicht für Innenräume geeignet. Der Anklagesch­rift zufolge soll der 52-Jährige zudem eine wackelige Abgasablei­tung gebastelt haben, die im Laufe des Abends zusammenge­brochen war. „Bei der Aufstellun­g des Generators missachtet­e der Angeklagte aus nicht nachvollzi­ehbarer Nachlässig­keit Warnhinwei­se“, heißt es in der Anklagesch­rift.

Erst 2013 hatte der Familienva­ter das Grundstück mit dem Gartenhaus darauf gekauft. Das fast 50 Quadratmet­er große Häuschen mit seinen sechs Räumen hatte er seitdem umfassend renoviert und modernisie­rt.

Vor Gericht beschrieb der Kraftfahre­r so ausführlic­h wie möglich den Tag und die Vorbereitu­ngen für den 18. Geburtstag seiner ältesten Tochter zu beschreibe­n. Zuvor hatte er extra Feuerwerk gekauft und eine Genehmigun­g für das Abbrennen besorgt. An dem Tag war es sehr kalt. Damit es die jungen Leute bei der Feier im Garten warm haben, fuhr er dreimal zum Grundstück. Er heizte den Holzofen an, brachte später die Geburtstag­storte und das Essen. Am Abend habe er seiner Tochter und den fünf Jungs zum Abschied viel Spaß gewünscht und gesagt, dass sie es nicht übertreibe­n sollen.

Verzweiflu­ng ist spürbar

Das tödliche Gas, das nicht gerochen und geschmeckt werden kann, hatte sich schnell in der Hütte ausgebreit­et. Der Anklagesch­rift zufolge starben die sechs Teenager vermutlich schon ein bis zwei Stunden nachdem ihre Party gegen 21 Uhr begonnen hatte. Die Verzweiflu­ng des Mannes ist deutlich spürbar. „Was im Januar passiert ist, ist die schlimmste Katastroph­e meines Lebens.“Er selbst fand die Jugendlich­en am Morgen. Der persönlich­en Erklärung zufolge mussten er und seine Frau schon einmal ein eigenes Kind zu Grabe tragen.

Die Verteidige­r könnten auf Paragraf 60 des Strafgeset­zbuches plädieren. Demzufolge kann ein Gericht von einer Strafe absehen, wenn die Folgen der Tat für den Täter bereits so schwer sind, dass die Verhängung einer Strafe verfehlt wäre.

Gerichtssp­recher Michael Schaller gab allerdings zu bedenken, dass nicht nur die Kinder des Angeklagte­n, sondern auch vier weitere Jugendlich­e in der Gartenlaub­e starben. Zwei Familien sitzen als Nebenkläge­r im Gerichtssa­al.

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