Ein „Lebens(t)raum“im Argenbogen
Investoren und Fachleute informieren Bürger im Rathaus über die Pläne für das einstige NTW-Industrieareal
Investoren stellen Pläne für Entwicklung des früheren NTW-Areals vor.
WANGEN - Geht es nach den Investoren, dann soll aus dem Areal der insolventen Neuen Textilveredelung Wangen (NTW) bis zur Landesgartenschau 2024 ein „Lebens(t)raum“für Gewerbe und Wohnen werden. Entsprechende Pläne wurden am Dienstagabend im Wangener Rathaus erstmals für die breite Öffentlichkeit vorgestellt. Dabei zeigte sich auch: Bis sich aus der Industriebrache im Argenbogen ein neuer Stadtteil entwickeln kann, sind noch einige Hindernisse zu überwinden.
Rund 80 Interessierte ließen sich im Sitzungssaal des Wangener Rathauses den aktuellen Planungsstand zum früheren NTW-Areal erläutern. Das Investoren-Trio mit
Jürgen Hauke, Peter Horne und Alexander Köhle hatte dazu auch sein „Kompetenzteam“mit diversen Fachleuten mitgebracht. „Wir laufen heute in Mannschaftsstärke auf, um Sie noch vor Beginn des förmlichen Bauleitverfahrens umfassend zu informieren“, sagte Hauke zu Beginn. Danach stellten Werner und Manuel Plösser vom gleichnamigen Friedrichshafener Architekturbüro die städtebaulichen Entwürfe vor – mit einigen neue Details.
Wie bereits berichtet, soll auf der insgesamt rund 22 000 Quadratmeter großen Brunnenwiese, Richtung Sigmanns/Kohlplatz, ein neues Wohngebiet entstehen. Möglich, so die Planer, seien hier Stadthäuser (zur Argen hin), Generationenhäuser und Geschosswohnungsbau, wobei die Verdichtung Richtung Kanal zunehme. Angedacht ist auch eine „Sozialquote für bezahlbaren Wohnbau“. Nach Westen zu schließt sich ein „grüner Keil“an das Wohngebiet an, es folgt ein Streifen mit Nahversorgern (Lebensmittel, Bäcker, Café) und stillem Gewerbe, wobei hier auch „Betreutes Wohnen“denkbar sei.
Der Rest des Geländes, etwa 60 000 Quadratmeter, soll dem traditionellen Gewerbe vorbehalten sein. Zentral sind unter anderem Handwerkshallen und Werkshöfe für mittelständische Unternehmen und Betriebe geplant. Richtung Wohngebiet Haslach soll es ein „eingeschränktes Gewerbegebiet“geben, wo sich die Investoren beispielsweise ein Technologie-/Bildungszentrum vorstellen können. Ein höheres Gebäude mit Büroflächen könnte im Eingangsbereich links, nach der bestehenden Brücke, künftig das Pendant zum Kesselhaus sein. Das mächtige Gebäude auf der Nordseite des Areals wollen die Eigentümer samt des weithin sichtbaren Kamins erhalten. „Der Kamin ist eine Landmarke, und im Kesselhaus wäre eine Erlebnisgastronomie denkbar“, so Manuel Plösser. In diesem Bereich sind auch ein Hotel im Stil eines sogenannten „Businessund Boarding-House“sowie ein Gebäude mit Reha-Angeboten sowie
„Wir laufen heute in Mannschaftsstärke auf, um Sie noch vor Beginn des förmlichen Bauleitverfahrens umfassend zu informieren.“Investor Jürgen Hauke
Freizeit- und Sportmöglichkeiten geplant.
Für den Verkehr erschlossen werden soll das riesige Gelände im Argenbogen über zwei Brücken. Die bestehende, so vermutete Werner Plösser, müsse wohl erneuert werden. Eine zweite, schwerlasttaugliche Argenbrücke soll wenige hundert Meter weiter stadtauswärts, etwa auf Höhe der Tennisplätze, gebaut werden. Durch diese beiden, von einander unabhängigen Erschließungsäste soll es eine „verkehrliche Trennung“von Gewerbe und Wohnen geben. Laut den Planern soll eine Mischung aus Tiefgaragen und ebenerdingen Stellplätzen verkehrstechnisch zu keiner Belastung der angrenzenden Wohngebiete führen.
Dazu soll es neben einem Lärmauch ein Verkehrsgutachten auf der Grundlage von aktuellen Zahlen geben. Es sollen darin Fragen beantwortet werden wie: Verkraftet die Landstraße 333 (Isnyer Straße) den zusätzlichen Verkehr durch das neu entwickelte Gebiet? Oder: Wie sind die Auswirkungen auf Knotenpunkte wie die Isnyer Kreuzung? Bereits in der Infoveranstaltung deutete sich an, dass die nötigen Linksabbiegerspuren für die Zufahrt zu den Brücken schwierig zu realisieren sind. „Das ist ein großes Thema in den aktuellen Gesprächen mit den Behörden“, räumte Gerd Meixner vom Büro Zimmermann & Meixner aus Amtzell ein. Er sprach wegen des Platzproblems von einer „kniffligen Situation“. Probleme könnte hier auch der neben der Isnyer Straße verlaufende Radweg bereiten.
Rat soll Anfang November Aufstellungsbeschluss fassen
Ob es bei der Erschließung oder der Bebauung Probleme mit Altlasten oder dem Grundwasser/Hochwasserschutz gibt, muss sich ebenfalls noch weisen. Bei den Altlasten gab der Weingartner Experte Matthias Lindinger sanfte Entwarnung: Bei der Brunnenwiese seien keine Schadstoffe gefunden worden, beim Kesselhaus müssten diese jedoch untersucht werden. Zum Thema „Hochwasserschutz und Grundwasser“brauche man aber mindestens ein Jahr, um belastbare Daten zu bekommen. In Sachen Ökologie sprach Sabine Geerds (Zimmermann & Meixner) die Biotope Obere Argen und beim Fischweiher sowie das FFH-Gebiet Obere Argen und eine Erhebung des dortigen Tierbestands an.
Unabhängig von den geplanten Untersuchungen und Gutachten bleiben die Zahlen des Mammutprojekts beeindruckend: Laut Investoren sollen auf dem Areal zwischen 200 und 250 Wohneinheiten sowie mindestens 500 Arbeitsplätze entstehen. Das Gesamtbauvolumen werde rund 200 Millionen Euro betragen. Für den erforderlichen, neuen Bebauungsplan soll der Wangener Rat am 6. November den Aufstellungsbeschluss fassen. Vier Tage zuvor gibt es einen Abstimmungstermin mit den zuständigen Behörden. Ziel sei es laut Jürgen Hauke, vor der Landesgartenschau, also bis 2023, fertig zu werden. Der Abriss der Gebäude soll noch 2018 beginnen. 2019/ 2020 könnten die ersten Neubauten entstehen. Dann soll der „Lebens(t)raum“im Argenbogen die ersten sichtbaren Konturen bekommen. Dazu äußerte OB Michael Lang einen persönlichen Wunsch: „Ideal wäre es, wenn alle, die dort arbeiten, auch dort wohnen könnten.“