Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ein weiter Weg bis nach Jamaika

Union, FDP und Grüne rechnen mit schwierige­n Verhandlun­gen bis zur Bildung einer Regierung

- Von Andreas Herholz

BERLIN - Der Weg nach Jamaika sei noch weit, lautet das Fazit von CSUGeneral­sekretär Andreas Scheuer am Ende von Tag eins der JamaikaSon­dierungen. Zumindest darin ist er sich mit Grünen-Geschäftsf­ührer Michael Kellner einig. „Das ist noch ein ganz schönes Stück des Weges, den man gehen muss“, rechnet Kellner mit schwierige­n Koalitions­verhandlun­gen. Mehr als dreieinhal­b Stunden lang haben sich Union und Grüne „intensiv abgetastet“. Am Abend herrscht zwar keine Euphorie, aber verhaltene­r Optimismus.

„Man hat gemerkt, dass es uns ernst ist“, sagt CDU-Generalsek­retär Peter Tauber. „Wahlkampf beendet, Treffen wichtig, Atmosphäre okay“, fasst sein CSU-Kollege die schwarzgrü­ne Runde zusammen. Von einem guten, sachlichen und konstrukti­ven Gespräch berichten die Teilnehmer. Das sei bereits ein Erfolg, ist man sich einig. Alle vier Parteien rechnen damit, dass die Sondierung­en und mögliche Koalitions­verhandlun­gen schwierig werden. Vor allem zwischen CSU und Grünen gibt es große Differenze­n.

Merkel drückt aufs Tempo

Winken und lächeln auch am späten Nachmittag – da steht Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an der Seite von Katrin Göring-Eckardt und Cem Özdemir, den beiden Spitzen-Grünen beim Jamaika-Poker. CSU-Chef Seehofer hält sich im Hintergrun­d. Bilder Seite an Seite strahlend mit den grünen Unterhändl­ern will er offenbar vermeiden. Merkel macht gute Miene zu ernstem Spiel. Erst die Liberalen, danach die Grünen – nach dreieinhal­b Wochen Hängeparti­e drückt die Kanzlerin aufs Tempo.

Am Ende der Runde von Union und FDP steht auf beiden Seiten „ein gutes Gefühl“. Merkel lächelt, Christian Lindner (FDP) strahlt, Horst Seehofer ist zufrieden. Seht her, wir schaffen das, lautet die Botschaft bei Schwarz und Gelb – wären da nicht die Grünen, die man auch mit ins Boot nach Jamaika nehmen muss. Zu Beginn tagen Union, FDP und Grüne erst einmal getrennt. Am Freitag kommt die große Jamaika-Runde zum ersten Mal zusammen.

Lindner: „50-zu 50-Chance“

„50 zu 50“, schätzt Lindner die Chance, dass eine Jamaika-Regierung zustande kommt. Ginge es nach den Unterhändl­ern von Union und Liberalen, wäre der Weg wohl frei für Koalitions­verhandlun­gen und am Ende die Bildung einer Regierung. „Nach diesem ersten Gespräch haben wir ein gutes Gefühl“, versichert Tauber und lobt das „gegenseiti­ge Verständni­s“bei dem ersten Austausch. Ziel der Sondierung­en sei es vor allem, eine Atmosphäre zu schaffen, in der man vertrauens­voll und menschlich zusammenar­beiten könne. „Die ersten Schritte auf dem Weg“zu einer Jamaika-Koalition seien gemacht, erklärt FDP-Generalsek­retärin Nicola Beer. Die CSU „ist sehr froh darüber, dass es endlich losgeht“, sagt Scheuer. Die Gespräche mit den Grünen seien sicher „ein größeres und härteres Werkstück“, meint der CSU-Generalsek­retär. Schließlic­h gibt es zwischen Christsozi­alen und der Ökopartei die größten Differenze­n nicht nur beim Thema Obergrenze und Zuwanderun­g.

Für eine Überraschu­ng hatte CSU-Chef Horst Seehofer am Dienstagab­end gesorgt und die beiden Grünen-Spitzenkan­didaten Katrin Göring Eckardt und Cem Özdemir in deren Parteizent­rale besucht. Es sei gut, „wenn man sich mal persönlich kennenlern­t. Wir wissen um unsere Verantwort­ung“, versichert Seehofer. „Er hat’s überlebt“, scherzten die Grünen-Gastgeber.

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