Krimi auf dem Platz der Plätze
„Borg/McEnroe“– Der Individualsport Tennis taugt eben doch für die große Leinwand
John McEnroe, vermeintlicher Rüpel aus New York, trifft auf einen als unterkühlte Kampfmaschine geltenden Björn Borg – und das in einem Film, der zeigt, wie gut Tennis im Kino funktioniert.
Eigentlich liebt das Kino Sportduelle. Man denke nur an die zahllosen Boxerfilme à la „Rocky“. Tennis wurde indes bisher eher stiefmütterlich behandelt. Nun aber laufen innerhalb weniger Wochen gleich zwei Filme an, die sich dem „weißen Sport“widmen: Ab Ende November duellieren sich Emma Stone und Steve Carrell im „Battle Of The Sexes“. Doch zuvor kommt ein Film in die Kinos, der bereits in seinem Titel darauf verweist, dass es hier um zwei absolute Giganten des Tennis geht: „Borg/McEnroe“.
Regisseur Janus Metz nimmt uns in dieser schwedisch-dänisch-finnischen Co-Produktion mit zurück ins Jahr 1980. Zurück zu einem der legendärsten Tennismatches überhaupt: dem Wimbledon-Finale des Schweden Björn Borg gegen den Amerikaner John McEnroe. Während dieser vom US-Mimen Shia LaBeouf verkörpert wird, schlüpft der Schwede Sverrir Gudnason in die Rolle des Björn Borg.
Wimbledon, die wohl heiligste Stätte des Tennis, ist Austragungsort des Duells, um das herum dieser Film gestrickt ist: Am 5. Juli 1980 schickte sich der als unterkühlt geltende, ob seiner Haarpracht jedoch wie ein Rockstar daherkommende Borg an, zum fünften Mal das auf Rasen ausgetragene Turnier gegen den als Heißsporn verrufenen McEnroe zu gewinnen.
Es sind viele Rückblenden, über die sich Regisseur Metz allmählich an diesen Titelkampf herantastet. Rückblenden, die vor allem davon erzählen, wie aus dem kleinen Björn (im Film gespielt von Björn Borgs echtem Sohn) eine Sportikone wurde. Vor allem Borgs neurotisches Verhältnis zu seinem Trainer (Stellan Skarsgard) wird intensiv beleuchtet. McEnroes Vita indes spielt kaum eine Rolle. Über weite Strecken mutet „Borg/McEnroe“denn auch wie ein Psychogramm Björn Borgs an. Das ist nicht schlimm und bei einer nordischen Produktion kaum verwunderlich. Manch Freund jedoch des 1959 in Wiesbaden geborenen Amerikaners würde sich eine fairere Gewichtung wünschen.
Sportfilme neigen dazu, den oder die jeweiligen Protagonisten zu glorifizieren. Hier findet eher das Gegenteil statt: Nicht nur, dass es dem Film gelingt, den unglaublichen Druck spürbar zu machen, unter dem Profisportler auch zu Beginn der 1980er-Jahre standen. Metz zeigt Borg und McEnroe niemals als strahlende Helden. Zum Teil wirken die beiden Topsportler eher wie mentale Wracks.
In jedem Fall ist „Borg/McEnroe“ein sehenswerter, ein überraschend kluger, ja melancholischer Sportfilm. Man fragt sich tatsächlich, weshalb das Kino gerade dem Tennissport bislang so wenig an Aufmerksamkeit geschenkt hat. (dpa)