Von Pferden und Menschen
Zirkusdirektor Elmar Kretz nimmt Gäste beim „Talk in Bock“für sich und seinen Zirkus ein
LEUTKIRCH - „Wir wollen, dass uns unsere Gäste mit einem Lächeln im Gesicht verlassen“– die einleitenden Worte von Moderatorin Jasmin Off vor dem 189. „Talk im Bock“am Montagabend versprachen einen überaus positiven Gesprächsansatz.
Ein Versprechen, das einzuhalten nicht schwer fiel, denn mit Elmar Kretz war ein Mensch zu Gast, dem die positive Lebens-Grundeinstellung in jedem Moment anzumerken war. Seit zehn Jahren ist Kretz Vater, Schöpfer und Inspirator des „Ravensburger Weihnachtszirkus“, bei dem vor allem die Pferdenummern (sechs Vollblutaraber) die Besucher begeistern.
Kretz geht hörbar das Herz auf, wenn er von seiner Arbeit mit diesen edlen Tieren spricht („Ich bin kein Dompteur, ich bin Dresseur“) und von seinem Stolz, dies alles geschafft zu haben: „Für mich ist wichtig, dass ich mit meinen Pferden in der Manege steh. Des darf koi andrer macha!“
Kretz macht in seinem Zirkus natürlich auch anderes, bloß keine Raubtiernummern, „weil die fressen Pferde.“Das klingt lustig und ist doch sehr ernst gemeint, denn der Zirkusdirektor Kretz ist bei aller positiven Grundeinstellung doch ein klarsehender Mensch – nicht nur bei fleischfressenden Raubtieren. Er erkennt die Schwierigkeiten seines Berufszweigs und benennt sie ebenso deutlich, weshalb er dem Familienzirkus null Zukunftsperspektive zubilligt: „So richtig leben kann man davon nicht mehr, aber die Leute machen es, weil sie nichts anderes kennen.“
Es hindern Tierrecht-Aktivisten von Peta („Für mich nicht ernst zu nehmen, die verteufeln jede Tierhaltung“) und der übliche Vorschriftenwust: „Es gibt Behördenauflagen, es gibt den Mindestlohn – aber den klassischen Zirkus gibt es nicht mehr. In meinen Augen ist der klassische Zirkus tot.“
Der Ravensburger Weihnachtszirkus aber lebt. Mit Clowns, mit Artisten, mit einer neuen Papageiennummer („Die werden nicht vermenschlicht. Die tun das, was sie am besten können: fliegen“) und eben mit seinen spektakulären Pferdeauftritten.
Die Faszination, die Elmar Kretz als jungen Menschen einst angefixt hat, existiert immer noch. Kretz bringt es auf einen kurzen Nenner: „Tiergeruch, Zeltatmosphäre, Sägmehlduft aus der Manege“.
Dieser Zirkuszauber hat den Pferdeflüsterer („Ein Pferd versteht relativ langsam und kann sich nicht lange konzentrieren“) nie mehr losgelassen, weshalb er den Umstieg vom Wirtssohn des „Adler“in Oberreute im Westallgäu in die Manege wagte und schließlich auf Sägmehl und unterm Zeltdach erfolgreich abschloss. Es fallen esoterische Begriffe wie Karma und ganz altmodische Erfolgsanleitungen: „Und dann hab‘ ich einfach gearbeitet und gearbeitet und dann war ich drin in der Zirkuswelt und hab mich durchgebissen. Überall kann man es zu was bringen. Es waren viele Steine im Weg.“Moderatorin Off, prima präpariert und dezent nachhakend, lässt dem Zirkusdirektor Luft und Zeit zum Nachdenken und zum grundsätzlich Werden: „Überall kann man es zu etwas bringen. Was ich jungen Menschen wünsch‘ ist, dass sie das tun, was sie wollen.“Pause. „Ja, ich bin glücklich.“
Kretz („Ich bin net in der Eventbranche. Ich bin Zirkusdirektor“) tut was er will. Er schenkt den Menschen seit zehn Jahren mit seinem Weihnachtszirkus ein paar Stunden Auszeit vom normalen Wahnsinn und eine kleine Ahnung vom Glück, und er steckt an mit seiner Begeisterung. Insofern war es ein rundherum gelungener Talk, und Jasmin Off hatte anfangs nicht zu viel versprochen: „Wir wollen, dass unsere Gäste uns mit einem Lächeln im Gesicht verlassen.“