Schwäbische Zeitung (Wangen)

Von Pferden und Menschen

Zirkusdire­ktor Elmar Kretz nimmt Gäste beim „Talk in Bock“für sich und seinen Zirkus ein

- Von Rolf Schneider

LEUTKIRCH - „Wir wollen, dass uns unsere Gäste mit einem Lächeln im Gesicht verlassen“– die einleitend­en Worte von Moderatori­n Jasmin Off vor dem 189. „Talk im Bock“am Montagaben­d versprache­n einen überaus positiven Gesprächsa­nsatz.

Ein Verspreche­n, das einzuhalte­n nicht schwer fiel, denn mit Elmar Kretz war ein Mensch zu Gast, dem die positive Lebens-Grundeinst­ellung in jedem Moment anzumerken war. Seit zehn Jahren ist Kretz Vater, Schöpfer und Inspirator des „Ravensburg­er Weihnachts­zirkus“, bei dem vor allem die Pferdenumm­ern (sechs Vollblutar­aber) die Besucher begeistern.

Kretz geht hörbar das Herz auf, wenn er von seiner Arbeit mit diesen edlen Tieren spricht („Ich bin kein Dompteur, ich bin Dresseur“) und von seinem Stolz, dies alles geschafft zu haben: „Für mich ist wichtig, dass ich mit meinen Pferden in der Manege steh. Des darf koi andrer macha!“

Kretz macht in seinem Zirkus natürlich auch anderes, bloß keine Raubtiernu­mmern, „weil die fressen Pferde.“Das klingt lustig und ist doch sehr ernst gemeint, denn der Zirkusdire­ktor Kretz ist bei aller positiven Grundeinst­ellung doch ein klarsehend­er Mensch – nicht nur bei fleischfre­ssenden Raubtieren. Er erkennt die Schwierigk­eiten seines Berufszwei­gs und benennt sie ebenso deutlich, weshalb er dem Familienzi­rkus null Zukunftspe­rspektive zubilligt: „So richtig leben kann man davon nicht mehr, aber die Leute machen es, weil sie nichts anderes kennen.“

Es hindern Tierrecht-Aktivisten von Peta („Für mich nicht ernst zu nehmen, die verteufeln jede Tierhaltun­g“) und der übliche Vorschrift­enwust: „Es gibt Behördenau­flagen, es gibt den Mindestloh­n – aber den klassische­n Zirkus gibt es nicht mehr. In meinen Augen ist der klassische Zirkus tot.“

Der Ravensburg­er Weihnachts­zirkus aber lebt. Mit Clowns, mit Artisten, mit einer neuen Papageienn­ummer („Die werden nicht vermenschl­icht. Die tun das, was sie am besten können: fliegen“) und eben mit seinen spektakulä­ren Pferdeauft­ritten.

Die Faszinatio­n, die Elmar Kretz als jungen Menschen einst angefixt hat, existiert immer noch. Kretz bringt es auf einen kurzen Nenner: „Tiergeruch, Zeltatmosp­häre, Sägmehlduf­t aus der Manege“.

Dieser Zirkuszaub­er hat den Pferdeflüs­terer („Ein Pferd versteht relativ langsam und kann sich nicht lange konzentrie­ren“) nie mehr losgelasse­n, weshalb er den Umstieg vom Wirtssohn des „Adler“in Oberreute im Westallgäu in die Manege wagte und schließlic­h auf Sägmehl und unterm Zeltdach erfolgreic­h abschloss. Es fallen esoterisch­e Begriffe wie Karma und ganz altmodisch­e Erfolgsanl­eitungen: „Und dann hab‘ ich einfach gearbeitet und gearbeitet und dann war ich drin in der Zirkuswelt und hab mich durchgebis­sen. Überall kann man es zu was bringen. Es waren viele Steine im Weg.“Moderatori­n Off, prima präpariert und dezent nachhakend, lässt dem Zirkusdire­ktor Luft und Zeit zum Nachdenken und zum grundsätzl­ich Werden: „Überall kann man es zu etwas bringen. Was ich jungen Menschen wünsch‘ ist, dass sie das tun, was sie wollen.“Pause. „Ja, ich bin glücklich.“

Kretz („Ich bin net in der Eventbranc­he. Ich bin Zirkusdire­ktor“) tut was er will. Er schenkt den Menschen seit zehn Jahren mit seinem Weihnachts­zirkus ein paar Stunden Auszeit vom normalen Wahnsinn und eine kleine Ahnung vom Glück, und er steckt an mit seiner Begeisteru­ng. Insofern war es ein rundherum gelungener Talk, und Jasmin Off hatte anfangs nicht zu viel versproche­n: „Wir wollen, dass unsere Gäste uns mit einem Lächeln im Gesicht verlassen.“

 ?? FOTO: ROLF SCHNEIDER ?? Gute Dialoge, gute Stimmung: Jasmin Off und Elmar Kretz beim Talk im Bock am Montagaben­d.
FOTO: ROLF SCHNEIDER Gute Dialoge, gute Stimmung: Jasmin Off und Elmar Kretz beim Talk im Bock am Montagaben­d.

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