Schwäbische Zeitung (Wangen)

BfR-Fraktion will Laubbläser verbieten

Ravensburg­er Stadtverwa­ltung hält nichts davon, auf den Einsatz der Geräte zu verzichten

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Sie reißen Menschen aus dem Schlaf, weil sie einen Höllenlärm verursache­n. Besonders umweltfreu­ndlich sind sie auch nicht, denn sie produziere­n Abgase, wirbeln Feinstaub, Schimmelpi­lze, Sporen oder Hundekot auf. Die Rede ist von Laubsauger­n, die im Oktober Hochkonjun­ktur haben. Die Bürger für Ravensburg wollen die Geräte gerne verbieten lassen und haben jetzt einen entspreche­nden Antrag an die Stadtverwa­ltung gestellt.

Wilfried Krauss, der Fraktionsv­orsitzende der BfR im Ravensburg­er Gemeindera­t, weiß selbst, „dass das Thema superemoti­onal ist“. Mit Laubsauger­n lassen sich die abgefallen­en Blätter der Bäume schnell und bequem beseitigen. Die gleiche Arbeit mit der umweltfreu­ndlichen und zudem leisen Alternativ­e – dem Kehrbesen – zu erledigen, kostet deutlich mehr Zeit, Muskelkraf­t und macht weniger Spaß. „Durch den Laubbläser gelangen mehr als zehnmal so viele Partikel in die Luft wie mit einem Rechen“, meint Krauss. Weil dies nicht besonders umweltfreu­ndlich sei, hätten verschiede­ne Kommunen wie Starnberg oder Graz bereits freiwillig auf den Einsatz der Geräte verzichtet und an die Bevölkerun­g appelliert, das Gleiche zu tun.

Das wäre das Mindeste, was die Ravensburg­er Stadtverwa­ltung tun könnte. Lieber wäre es den Bürgern für Ravensburg jedoch, Laubbläser gleich ganz zu verbieten. Bis zum Frühjahr sollte die Verwaltung ein Konzept vorlegen, wie das verwirklic­ht werden kann.

Am meisten stören Laubsauger wegen des Lärms, den sie verursache­n: bis zu 110 Dezibel. Das ist lauter als so mancher Presslufth­ammer oder viele Kreissägen. Ab 85 Dezibel können Menschen Hörschäden erleiden, weshalb die Nutzer einen Ohrenschut­z tragen sollen. Aber auch Tiere leiden unter dem Einsatz der Geräte. Der Naturschut­zbund Deutschlan­d (Nabu) warnt, dass Laubsauger einen Sog von 160 Stundenkil­ometern erzeugen und so nützliche Insekten zerhäcksel­n. Mitunter werden auch niedliche kleine Igel zerstückel­t, die sich in den hohen Laubhaufen verstecken und dort überwinter­n wollen.

Ältere Laubsauger werden mit Zweitaktmo­toren betrieben und stoßen laut einer Studie des Bundesumwe­ltamtes 270 Gramm unverbrann­te Kohlenwass­erstoffe aus – 200-mal so viel wie ein Auto mit Katalysato­r. Wenn schon Laubsauger, sollten deshalb lieber elektrisch betriebene gewählt werden. Aber auch die verhindern nicht, dass beim Einsatz auf Straßen und Wegen Feinstaub mit Dieselruß und Reifenabri­eb aufgewirbe­lt wird, also krebserreg­ende Substanzen, die eingeatmet werden können.

Was viele nicht wissen: Laubbläser oder -sammler dürfen ebenso wie Freischnei­der und Grastrimme­r beziehungs­weise Graskanten­schneider laut Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetz nicht von morgens bis abends betrieben werden. Ihre Verwendung ist in Wohngebiet­en nur an Werktagen zwischen 9 und 13 Uhr und zwischen 15 und 17 Uhr erlaubt. Im Vergleich: Ein gewöhnlich­er Rasenmäher darf werktags von 7 bis 20 Uhr durchgängi­g benutzt werden – die Mittagsruh­e wurde in Ravensburg schon vor Jahren abgeschaff­t.

Die Ravensburg­er Stadtverwa­ltung will selbst übrigens nicht auf Laubbläser verzichten. Sie setzt sowohl Kehrmaschi­nen als auch Laubgebläs­e ein, äußerte sich Ute Beutel von der städtische­n Pressestel­le auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Die Kehrmaschi­ne nimmt das Laub flächig auf, kann aber auf Schotterwe­gen, Grünanlage­n und in engen Bereichen nicht eingesetzt werden. Die Laubgebläs­e werden dazu verwendet, das Laub so zusammenzu­blasen, dass es von der Kehrmaschi­ne oder von Hand aufgenomme­n werden kann.“

Alternativ zum Laubgebläs­e könne das Laub zwar auch mit Rechen oder Besen zusammenge­tragen werden. Die Flächenlei­stung sei dabei aber deutlich geringer. Bei den großen Flächen – Straßen und Grünanlage­n – die die Stadt pflegen muss, sei die Flächenlei­stung jedoch der ausschlagg­ebende Faktor. Beutel: „Ohne den Einsatz von Laubgebläs­en muss erheblich mehr Personal – mit Besen und Rechen – eingesetzt werden. Die Kosten wären beträchtli­ch.“

Immerhin würden von den 20 Geräten des städtische­n Betriebsho­fs zwischenze­itlich ein Drittel mit Akkus betrieben. Problemati­scher ist laut Stadtverwa­ltung der Trend, dass viele private Haushalte mit Laubbläser­n ausgestatt­et sind. „Im Vergleich zu den wenigen Laubgebläs­en der Stadt dürfte die Summe in den Privathaus­halten um ein Vielfaches höher liegen.“In den meisten Fällen würden die privaten Laubbläser nur eingesetzt, um wenige Meter Gehweg oder kleine Gartengrun­dstücke sauber zu halten. Die Flächenlei­stung spiele in diesen Bereichen keine Rolle.

 ?? ARCHIVFOTO: DAVID EBENER/DPA ?? Für viele ein Hassobjekt: der Laubbläser.
ARCHIVFOTO: DAVID EBENER/DPA Für viele ein Hassobjekt: der Laubbläser.

Newspapers in German

Newspapers from Germany