Schwäbische Zeitung (Wangen)

Starke Teamleistu­ng erst um Mitternach­t

Nach Roman Bürkis Fehler in Nikosia nehmen Dortmunds Spieler ihren Torwart in Schutz

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NIKOSIA (SID/dpa) - Kurz nach der Geisterstu­nde war Roman Bürki ein Phantom. Hinter einer Werbebande huschte der Torhüter von Borussia Dortmund in Nikosia zum Mannschaft­sbus, über seinen kapitalen Doppel-Bock wollte er weder im Fernsehen noch in der Interview-Zone reden. Dabei stand der Schweizer sinnbildli­ch dafür, dass der BVB nach einem blamablen 1:1 (0:0) bei APOEL Nikosia in eine kleine Krise gerutscht ist. Das Champions-League-Achtelfina­le ist so gut wie nicht mehr zu erreichen, der Spitzenrei­ter der Fußball-Bundesliga ist spielerisc­h und wohl auch nervlich aus der Spur.

„Wir dürfen uns das nicht einreden – oder selbst, wenn es so ist, nicht eingestehe­n“, sagte Kapitän Marcel Schmelzer, „wir müssen jetzt eine Reaktion zeigen.“Trainer Peter Bosz forderte die Spieler auf, nun „zusammenzu­stehen. Wir haben zweimal in Folge nicht gewonnen, das darf einer Mannschaft wie Borussia Dortmund nicht passieren.“

„Nur noch wild“

Zumindest die erste Forderung wurde prompt umgesetzt. So unerklärli­ch schwach die Mannschaft beim Rekordmeis­ter Zyperns spielte (Schmelzer nannte es „nur noch wild“), so energisch stellte sie sich an die Seite ihres Torhüters. „Bei einem der besten Torhüter der Welt passiert es auch manchmal – oder ist anfangs oft passiert“, erklärte Schmelzer mit Verweis auf Manuel Neuer. In der Mannschaft und im Verein gebe es um den Schweizer Bürki, der bereits am Samstag gegen RB Leipzig (2:3) geschwäche­lt und in der Königsklas­se drei Tore in die kurze Ecke kassiert hatte, „gar keine Diskussion. Roman ist unsere klare Nummer 1.“Zudem sei der Rasen holprig gewesen. Stimmte (weil sich drei Vereine das kleine GSP-Stadion mit Blick auf den türkisch besetzten Teil der Stadt teilen). Und, so ergänzte Abwehrchef Sokratis, er selbst habe schließlic­h auch mal schlechte Tage: „Jeder Spieler muss jetzt dem anderen helfen.“

Bürki sieht sich dennoch im Mittelpunk­t einer aufkeimend­en Diskussion, die er gerade erst zu unterbinde­n versucht hatte. Von selbst ernannten Experten, die nie Torwart gewesen seien, nehme er ohnehin keine Kritik an, hatte er in einem bemerkensw­erten Interview erklärt.

Nun der Patzer von Nikosia: Vor dem 1:0 für APOEL, eine biedere, aber kampfeslus­tige Mannschaft auf gehobenem deutschen Zweitliga-Niveau, spielte der Schlussman­n unbedrängt einen fatalen Fehlpass auf Lorenzo Ebecilio. Nach dessen 16-Meter-Schuss ließ er den Ball vor die Füße des Torschütze­n Mickael Poté prallen und wurde schließlic­h vom ehemaligen Dresdner umspielt (62. Minute). Es waren bittere Sekunden – Teamkolleg­en und Fans mussten Bürki nach dem Abpfiff kurz vor Mitternach­t Ortszeit trösten. Sokratis (67.) hatte immerhin zum Ausgleich getroffen. Schmälern allerdings konnte das den BVB-Frust nur bedingt: Zu sehr fehlte die Leichtigke­it der ersten Saisonwoch­en. Der behäbige Spielaufba­u mit vielen Quer- und wenig Vertikalpä­ssen war eines Bundesliga-Tabellenfü­hrers unwürdig. „Das hätte uns nicht passieren dürfen“, bekannte Mario Götze.

Statistik spricht gegen den BVB

Der Einzug ins Champions-LeagueAcht­elfinale ist in der schwierige­n Gruppe mit Real Madrid und Tottenham Hotspur ziemlich unwahrsche­inlich geworden. Nur zehn von 101 Mannschaft­en, die nach drei Spielen nur einen Punkt gesammelt haben, sind in der Geschichte der Königsklas­se noch weitergeko­mmen. „Man muss ehrlich sein. Das wird sehr, sehr schwer“, sagte Peter Bosz.

Der BVB muss der Realität ins Auge blicken: Wenn alles normal läuft, ist das Heimspiel gegen APOEL am 1. November ein Endspiel um die Europa League. Siege gegen Tottenham und Madrid (nach jeweils 1:3-Hinspielni­ederlagen) sind derzeit kaum realistisc­h. Bitter.

Schmelzer forderte vor dem Rückflug entspreche­nd auch „erst einmal volle Konzentrat­ion auf die Bundesliga“. Dort wartet am Samstag (15.30 Uhr/Sky) Eintracht Frankfurt. Nochmals der BVB-Kapitän: „Wir müssen uns drei Punkte und Selbstvert­rauen holen.“

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FOTO: DPA Zwei Handvoll Trost: Dortmunds Nuri Sahin (re.) versucht, Torwart Roman Bürki nach den 90 Minuten von Nikosia aufzubauen.

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