Schwäbische Zeitung (Wangen)

Erstes Ziel: Teamsprint-Gold

Kristina Vogel hat bei der Bahnrad-EM in Berlin einiges vor

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BERLIN (dpa/SID) - Sie ist „die mit dem Sattel“: Kristina Vogel, die im Olympia-Sprint-Finale Gold holte, obwohl ihr beim entscheide­nden Tigersprun­g über die Ziellinie der Rennsattel wegbrach, ist der große Star der Bahnrad-EM im Berliner Velodrom. Die Erfurterin hofft, von Donnerstag an ohne ähnlich artistisch­e Einlagen wie in Rio auszukomme­n. „Mein Mechaniker hat heute noch Alpträume. So etwas ist natürlich nicht planbar, aber im Nachhinein muss ich sagen: als PR-Maßnahme nicht schlecht!“, sagte die 26-Jährige kurz vor dem Start der Kontinenta­lwettkämpf­e in der Hauptstadt.

Der für manche etwas dröge Bahnradspo­rt ringt – trotz großer Erfolge der einheimisc­hen Protagonis­ten auf internatio­nalem Parkett – um Beachtung und Wertschätz­ung. Davon kann auch Kristina Vogel ein Lied singen. Sie verlor im September ihren Heimtraine­r Tim Zühlke nach sieben gemeinsame­n Jahren an den zahlungskr­äftigen chinesisch­en Verband, bei dem er laut Vogel „viel, viel mehr verdient“. Da konnten und wollten der Olympiastü­tzpunkt in Thüringen und das Bundesinne­nministeri­um wohl nicht mithalten. „Am Ende merke ich nur: Überall kürzen, kürzen und kürzen wir. Wer Gold will, muss Gold fördern“, sagte die enttäuscht­e Vogel, die sich keine Rückendeck­ung vom Deutschen Olympische­n Sportbund und dessen Chef erhofft. „Ich glaube, das interessie­rt Herrn Hörmann nicht so.“Die EliteFahre­rin erwartet durch den Trainerwec­hsel direkt sportliche Nachteile: „Tim trainiert jetzt meine härteste Konkurrent­in Tianshi Zhong. Er kennt mich aus dem Effeff.“

Dennoch will die Doppel-Olympiasie­gerin und neunfache Weltmeiste­rin in Berlin ihre ohnehin schon imposante Medaillens­ammlung erweitern. „EM-Gold im Teamsprint fehlt mir noch“, sagte Kristina Vogel, die bis zu ihrem spektakulä­ren Sprint von Rio „die mit dem Sturz“war. „Meine Narben im Gesicht kann man nicht überschmin­ken“, sagte sie in Berlin – Folgen ihres Horror-Crashs aus dem Jahr 2009. Ein Zivilfahrz­eug der Polizei hatte ihr im Training die Vorfahrt genommen. Sie flog in die Windschutz­scheibe und zog sich unter anderem einen Brustwirbe­lbruch und schwere Schnittver­letzungen im Gesicht zu. Erst fünf Jahre später hatte sich der Freistaat Thüringen bereit erklärt, Schmerzens­geld zu zahlen.

Die im heutigen Kirgistan geborene Vogel startet in Berlin in drei Diszipline­n. Mit Miriam Welte (Kaiserslau­tern), mit der sie in London Olympiagol­d geholt hatte, will sie unbedingt den Teamsprint-Titel. „Die Russinnen werden die härtesten Konkurrent­innen sein“, vermutet Sprint-Bundestrai­ner Detlef Uibel, der mit seinen Ladies seit Monatsbegi­nn auf der für zwei Millionen Euro renovierte­n Berliner Bahn aus sibirische­r Fichte (Kristina Vogel: „Erschrecke­nd schnell!“) trainiert.

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FOTO: DPA Würde auch in Berlin gerne jubeln: Kristina Vogel.

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