Schwäbische Zeitung (Wangen)

Chancengle­ichheit bringt Gewinn

- Von Wolfgang Mulke

Mit der sozialen Marktwirts­chaft ist das Verspreche­n verbunden, dass jeder Bürger am Wohlstand teilhaben kann. Eine Voraussetz­ung dafür ist eine möglichst große Chancengle­ichheit. Von dieser Zusage ist die Bundesrepu­blik Deutschlan­d heute wieder weit entfernt. Es ist höchste Zeit umzusteuer­n. Dafür gibt es eine Reihe guter Gründe.

Einer ist der wissenscha­ftliche Befund, dass Familien erst einmal eingetrete­ner Armut kaum mehr entrinnen können. Die davon betroffene­n Kinder können von teuren Sportarten, Musikunter­richt, einem Nachmittag im Internet oder genügend Raum zur Entfaltung oft nur träumen. Die schlechten Karten der Eltern erben sie ungewollt mit. Denn unter diesen Voraussetz­ungen haben sie es viel schwerer als Altersgeno­ssen aus finanziell gesicherte­n Verhältnis­sen einen Bildungsle­vel zu erreichen, mit dem sich der Weg in eine erfolgreic­he berufliche Karriere ebnen lässt. Auf diese Weise wird die Armut von Generation zu Generation weitergere­icht.

Das ist individuel­l ein Skandal, weil die Kinder nichts für ihre Herkunft können. Außerdem ist es volkswirts­chaftlich einfach dumm, weil Deutschlan­d auf gut ausgebilde­te Fachleute angewiesen ist und somit auf die Talente, die es natürlich auch unter den Armen gibt, quasi freiwillig verzichtet. Dies ist zu allem Überfluss auch gar nicht nötig, weil die Familienfö­rderung in Deutschlan­d überaus üppig ist und einen dreistelli­gen Milliarden­betrag im Jahr umfasst. Das Geld wird nur falsch eingesetzt. Von der finanziell­en Förderung sollten vor allem jene profitiere­n, die es am nötigsten haben.

Die Vorschläge, eine Art Grundsiche­rung für Kinder einzuführe­n, weist den Weg in eine moderne Familienfö­rderung. Es ist überfällig und eine wichtige Aufgabe für die künftige Regierung, aus den Dutzenden Einzelinst­rumenten vom Kindergeld bis hin zum Ehegattens­plitting ein zielorient­iertes Instrument­arium zu entwickeln. Tatsächlic­h muss Chancengle­ichheit für Kinder nicht mehr kosten, sie bringt aber allen am Ende mehr Gewinn.

politik@schwaebisc­he.de

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