Vom Abdichten und Abklopfen
Der Saal im Neuen Schloss in Kißlegg wird nach anderthalb Jahren Schließung renoviert
KISSLEGG - Sachte klopft Susanne Bosch das Bein des Engels ab und lauscht. Sie hört genau hin, wo der Ton sich verändert, arbeitet sich von Riss zu Riss voran. Sie kontrolliert jeden Schritt. Perkussionsuntersuchung nennt sich diese Methode. Denn Susanne Bosch ist Restauratorin und saniert zurzeit die Decke im Bankettsaal im Neuen Schloss in Kißlegg. Den Anfang macht das zentrale, barocke Gemälde.
Seit gut anderthalb Jahren ist der Bankettsaal, der Hauptveranstaltungsort im Neuen Schloss, wegen Einsturzgefahr der Decke geschlossen. Jetzt haben die Renovierungsarbeiten daran begonnen. Ein Statiker hat die Decke überprüft, das Landesdenkmalamt die Renovierungsarbeiten genehmigt, erklärt Werner Zeh vom Kißlegger Bauamt: „Als wir vor anderthalb Jahren die Risse entdeckt haben, haben wir den Saal aus Sicherheitsgründen sofort gesperrt, um weitere Schäden zu vermeiden.“Eine Zeit lang sei zur Debatte gestanden, ob die gesamte Decke heruntergenommen werden muss. „Das wäre der Super-GAU gewesen“, sagt Bosch. Doch soweit ist es nicht gekommen. Das zentrale Gemälde sei nicht einsturzgefährdet, erklärt sie, bei den Deckenbalken am Rand müsse man aber vorsichtig sein. Auf einer Länge von rund anderthalb Metern hat sich die Decke nach unten gewölbt.
Die Restauratorin dichtet nun nach und nach Risse ab, die durch Wassereinbruch und durch das hohe Alter der Gemäuer entstanden sind. Dazu spritzt sie mineralischen Mörtel in die Risse, bis die millimeterkleinen Hohlräume geschlossen sind. „Ich verlasse mich dabei ganz auf mein Gehör, denn was hinter der Decke geschieht, sehe ich ja nicht.“Dafür steht sie auf einem Gerüst, den Kopf in den Nacken gelegt, damit sie den Putz stets im Auge behalten kann. Anstrengend sei das manchmal, sagt Bosch, doch es geht noch. Normalerweise ist die Restauratorin wochenoder monatelang auf einer Baustelle, meist in Kirchen. Die Arbeiten im Bankettsaal sind für sie etwas ganz Besonderes: „Das ist eine wunderschöne Baustelle. Besonders gefallen mir die feinen Ornamente zwischen Gemälde und Fenstern, denn die sind ungewöhnlich für ein barockes Gebäude.“Ein bis zwei Wochen dauert es, die Risse abzudichten und dann die Farbe wieder anzupassen.
Von besonderer Bedeutung
Das rund 300 Jahre alte Schloss ist ein Kulturdenkmal und nach Denkmalschutzgesetz von besonderer Bedeutung, erklärt Matthias Kreuzinger vom Regierungspräsidium in Stuttgart. Durch die sichtbaren Risse in der Decke habe man Angst gehabt, dass sich Teile davon ablösen und herabstürzen. „Neben dem Verlust an historischer Substanz besteht natürlich auch die Gefahr, dass Personen dabei zu Schaden kommen“, erklärt Kreuzinger die Genehmigung durch das Landesdenkmalamt.
16 500 Euro kosten die Sanierungsarbeiten im Bankettsaal. 2019 soll der Veranstaltungsraum wieder voll genutzt werden, erklärt Zeh. Denn der Saal fehlt. Manche Konzerte mussten abgesagt werden, andere Veranstaltungen konnten auf Räume im gesamten Schloss verteilt werden. Parallel zum Bankettsaal wird momentan auch die Decke im Esthersaal repariert. Außerdem wird derzeit das Bürger- und Gästebüro erweitert. Diese Bauarbeiten sollen im November abgeschlossen sein. „Kommendes Jahr stehen allgemein im Schloss noch weitere Bauarbeiten an“, sagt Zeh. Die Sanitäranlagen werden erneuert und die Wände gestrichen. 2019 soll das Neue Schloss dann nach dem Jahr der Renovierungen frisch gestrichen und renoviert in den Regelbetrieb gehen.