Schwäbische Zeitung (Wangen)

Fall Weißensber­g: Tatverdäch­tiger gesteht

Staatsanwa­ltschaft will dieses Jahr Anklage erheben – Anwalt plädiert auf Totschlag

- Von Julia Baumann

KREIS LINDAU - Der 34-jährige Serbe, der Mitte Juni eine 22-jährige Frau in Weißensber­g getötet haben soll, hat die Tat gestanden. Das bestätigen sein Anwalt und die Staatsanwa­ltschaft Kempten auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Sein Mandant hat sich mit der Aussage Zeit gelassen. Immerhin sitzt er schon seit Mitte Juli in Untersuchu­ngshaft. Vor Kurzem hat sich der 34-Jährige nun entschiede­n, sich zur Tat zu äußern. „Er hat die Tötung eingeräumt“, sagt Anwalt Marc Siebler im Gespräch mit der Schwäbisch­en Zeitung.

Nachdem ihr Freund die 22-jährige Frau am 19. Juni leblos in ihrer Wohnung in Weißensber­g gefunden hatte, kam die Polizei dem 34-jährigen Serben schnell auf die Spur. Er hatte bis kurz vor der Tat mit seiner Freundin auf dem gleichen Stockwerk des Mehrfamili­enhauses in Weißensber­g gewohnt. „Seine DNA war überall am Tatort“, sagt Anwalt Siebler. Doch die Polizei hatte ein Problem: Der Verdächtig­e hatte sich nach Serbien abgesetzt. Das Land kann, muss aber nicht, Tatverdäch­tige ausliefern.

Verzwickte Situation für die Polizei

Die Polizei befand sich dadurch in einer kniffligen Situation: Einfach nach Serbien fliegen und den Verdächtig­en zurückhole­n konnten die Beamten nicht. Den Fall an die Kollegen aus Serbien abgeben wollten sie allerdings auch nicht. Denn dann hätte es sein können, dass der Mann auch in Serbien angeklagt worden wäre – und womöglich Beweise aus Deutschlan­d nicht anerkannt worden wären.

Wenig später später stellte sich der Angeklagte dann über seinen Anwalt der Polizei. Kurz darauf verhaftete­n ihn Kriminalpo­lizisten bei seiner Ankunft am Memminger Flughafen.

Der 34-jährige Serbe ist kein unbeschrie­benes Blatt: 2004 wurde er wegen Vergewalti­gung verurteilt, wie die Staatsanwa­ltschaft Kempten exklusive Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“bestätigt. Auch im Fall der 22-jährigen Weißensber­gerin hatte die Polizei hinsichtli­ch eines Sexualdeli­kts ermittelt. Laut Anwalt Siebler hat sein Mandant dies aber nicht gestanden. Die Staatsanwa­ltschaft verweist auf die laufenden Ermittlung­en und gibt noch keine Details zum Fall bekannt.

Keine persönlich­e Beziehung zwischen Täter und Opfer

In Teilen bestätigt Siebler im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“die Ermittlung­en der Polizei: Beschuldig­ter und Opfer hatten keine persönlich­e Beziehung zueinander, hatten sich wie Nachbarn höchstens mal auf dem Hausflur getroffen. „Er kannte das Mädchen überhaupt nicht“, so Siebler. Weil sein Mandant bis kurz vor der Tat mit der Nachbarin der Getöteten liiert gewesen war, habe er noch einen Schlüssel für das Haus und für die Wohnung seiner Exfreundin gehabt. Das Opfer, das offenbar in der Mittagspau­se nach Hause gekommen war, habe ihn „angeschlag­en“im Eingangsbe­reich seiner ehemaligen Wohnung angetroffe­n. Seine Exfreundin war zu diesem Zeitpunkt nicht zu Hause.

Anklage wird wohl noch in diesem Jahr erhoben

Einen Termin für die Gerichtsve­rhandlung, bei der die Familie des Mädchens als Nebenkläge­r auftreten wird, gibt es laut Staatsanwa­ltschaft noch nicht. Allerdings schreibt Sprecherin Nadine Weick: „Mit einer Anklageerh­ebung ist noch in diesem Jahr zu rechnen.“

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