Schwäbische Zeitung (Wangen)

Ende der Dauer-Baustelle am Großen Loch in Sicht

Für das brachliege­nde Grundstück an der Ecke Bahnhof-/Mozartstra­ße in Kempten gibt es einen Interessen­ten

- Von Claudia Benz

KEMPTEN - Es ist Kemptens größte Dauer-Baustelle. Und sie hat über die Grenzen der Region hinaus traurige Berühmthei­t erlangt. Das Große Loch, jene Baugrube an der Ecke Bahnhof-/Mozartstra­ße, hat nicht nur Millionen Euro verschlung­en, sondern sorgte mit Gerichtsst­reit, Anfeindung­en zwischen Stadt und Investoren und zuletzt mit einem Insolvenzv­erfahren für Aufsehen. Jetzt wurde für das Große Loch ein Käufer gefunden, wie das Büro des Insolvenzv­erwalters mitteilt. Mit dem neuen Besitzer des Grundstück­s werde ein Kaufvertra­g aufgesetzt. Bis Ende November soll der Verkauf abgeschlos­sen sein. Dann wird die Stadt erfahren, was der neue Investor vorhat.

Nach zehn Jahren kann wohl endlich das Kapitel Großes Loch zugeschlag­en werden. Doch Oberbürger­meister Thomas Kiechle will erst aufatmen, wenn der neue Investor den Kaufvertra­g unterschri­eben hat. Dass aber überhaupt ein Käufer gefunden wurde, darüber ist der Rathausche­f „sehr erleichter­t“. Auch wenn er ebenso wie Insolvenzv­erwalter Florian Zistler aus München, der im Zuge des Insolvenzv­erfahrens den Verkauf abwickelte, über Käufer und Kaufpreis Stillschwe­igen vereinbart hat.

Dass aber das Interesse an dem Filetstück in der Innenstadt groß war, ist kein Geheimnis. Von 30 Interessen­ten (darunter örtliche Investoren, Firmen und die Wohnungsba­ugesellsch­aft Sozialbau) seien in der letzten Bieterrund­e noch zehn dabei gewesen. Manch einer, heißt es, sei ausgestieg­en, weil der Kaufpreis (man spricht von mindestens vier Millionen Euro) zu hoch war. Aus dem Erlös wollen nämlich auch die Gläubiger Geld zurück, das sie in das Projekt gesteckt haben. Die Stadt Kempten zum Beispiel, die über drei Millionen Euro für die Sicherung der Baugrube ausgegeben hat. Das war notwendig, weil die Schweizer Ritter und Kyburz, die dort 2007 ein Geschäftsh­aus planten, nicht mehr weiterbaut­en und sich auch nicht um die einsturzge­fährdete Baugrube kümmerten. Die Stadt installier­te deshalb Stützen, später wurde die Tiefgarage fertig gebaut. Ritter und Kyburz zogen sich völlig zurück, waren sogar, wie AZRecherch­en in der Schweiz ergaben, unter ihren Adressen nicht mehr auffindbar.

Geschäfte sind nicht erlaubt

Dabei hatte mit den Schweizern alles so hoffnungsf­roh begonnen. Ein Geschäftsh­aus mit Autoausste­llung, Dienstleis­tungsangeb­oten und mehr wollten sie neben dem Forum Allgäu hinstellen. Was auch der Verwaltung gefiel, bis die Bauherren plötzlich einen Plan mit großflächi­gem Einzelhand­el (mit mehr als 2700 Quadratmet­ern) vorlegten. Entgegen aller Absprachen, hieß es seitens der Verwaltung. Denn zentrumsre­levanter Handel, also Geschäfte, die es im Zentrum gibt, sind nach dem Einzelhand­elskonzept in diesem Bereich nicht erlaubt.

Die Schweizer sahen das nicht ein. Sie stellten 2010/2011 den Bau ein – und zogen vor Gericht. Dort wollten sie die geplanten Geschäfte durchsetze­n. Am Ende bekam die Stadt mit ihrem Handeln recht. Und das Loch ruhte weiter vor sich hin. Die Stadt versuchte zwar immer wieder, die Schweizer zum Baubeginn zu überreden. Ohne Erfolg.

Dafür witzelten die Kemptener über eine „sinnvolle“Nutzung des Großen Lochs. Von einer Eislaufbah­n im Winter bis zum „SchlammSch­wimmbad“im Sommer war die Rede. Denn immer wieder musste Wasser abgepumpt werden – für einige tausend Euro im Monat. Auch dieses Geld sähe man nach Abschluss des Insolvenzv­erfahrens gern wieder im Stadtsäcke­l.

Doch vorerst ist für den Rathausche­f eines wichtig: dass es nach jahrelange­m Stillstand an dieser zentralen Stelle weitergeht. Aber nur im Sinne des Innenstadt­konzepts. Und danach darf dort vieles geplant werden – vom Bürogebäud­e über Wohnungen bis zum Hotel. Nur eines nicht: Handel, den es im Zentrum bereits gibt.

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FOTO: RALF LIENERT Es hat traurige Berühmthei­t erlangt und ruhte viele Jahre vor sich hin: das Große Loch in Kempten. Jetzt gibt es einen Käufer für Kemptens größte Baugrube. Ende November soll der Kaufvertra­g unter Dach und Fach sein.

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