Ende der Dauer-Baustelle am Großen Loch in Sicht
Für das brachliegende Grundstück an der Ecke Bahnhof-/Mozartstraße in Kempten gibt es einen Interessenten
KEMPTEN - Es ist Kemptens größte Dauer-Baustelle. Und sie hat über die Grenzen der Region hinaus traurige Berühmtheit erlangt. Das Große Loch, jene Baugrube an der Ecke Bahnhof-/Mozartstraße, hat nicht nur Millionen Euro verschlungen, sondern sorgte mit Gerichtsstreit, Anfeindungen zwischen Stadt und Investoren und zuletzt mit einem Insolvenzverfahren für Aufsehen. Jetzt wurde für das Große Loch ein Käufer gefunden, wie das Büro des Insolvenzverwalters mitteilt. Mit dem neuen Besitzer des Grundstücks werde ein Kaufvertrag aufgesetzt. Bis Ende November soll der Verkauf abgeschlossen sein. Dann wird die Stadt erfahren, was der neue Investor vorhat.
Nach zehn Jahren kann wohl endlich das Kapitel Großes Loch zugeschlagen werden. Doch Oberbürgermeister Thomas Kiechle will erst aufatmen, wenn der neue Investor den Kaufvertrag unterschrieben hat. Dass aber überhaupt ein Käufer gefunden wurde, darüber ist der Rathauschef „sehr erleichtert“. Auch wenn er ebenso wie Insolvenzverwalter Florian Zistler aus München, der im Zuge des Insolvenzverfahrens den Verkauf abwickelte, über Käufer und Kaufpreis Stillschweigen vereinbart hat.
Dass aber das Interesse an dem Filetstück in der Innenstadt groß war, ist kein Geheimnis. Von 30 Interessenten (darunter örtliche Investoren, Firmen und die Wohnungsbaugesellschaft Sozialbau) seien in der letzten Bieterrunde noch zehn dabei gewesen. Manch einer, heißt es, sei ausgestiegen, weil der Kaufpreis (man spricht von mindestens vier Millionen Euro) zu hoch war. Aus dem Erlös wollen nämlich auch die Gläubiger Geld zurück, das sie in das Projekt gesteckt haben. Die Stadt Kempten zum Beispiel, die über drei Millionen Euro für die Sicherung der Baugrube ausgegeben hat. Das war notwendig, weil die Schweizer Ritter und Kyburz, die dort 2007 ein Geschäftshaus planten, nicht mehr weiterbauten und sich auch nicht um die einsturzgefährdete Baugrube kümmerten. Die Stadt installierte deshalb Stützen, später wurde die Tiefgarage fertig gebaut. Ritter und Kyburz zogen sich völlig zurück, waren sogar, wie AZRecherchen in der Schweiz ergaben, unter ihren Adressen nicht mehr auffindbar.
Geschäfte sind nicht erlaubt
Dabei hatte mit den Schweizern alles so hoffnungsfroh begonnen. Ein Geschäftshaus mit Autoausstellung, Dienstleistungsangeboten und mehr wollten sie neben dem Forum Allgäu hinstellen. Was auch der Verwaltung gefiel, bis die Bauherren plötzlich einen Plan mit großflächigem Einzelhandel (mit mehr als 2700 Quadratmetern) vorlegten. Entgegen aller Absprachen, hieß es seitens der Verwaltung. Denn zentrumsrelevanter Handel, also Geschäfte, die es im Zentrum gibt, sind nach dem Einzelhandelskonzept in diesem Bereich nicht erlaubt.
Die Schweizer sahen das nicht ein. Sie stellten 2010/2011 den Bau ein – und zogen vor Gericht. Dort wollten sie die geplanten Geschäfte durchsetzen. Am Ende bekam die Stadt mit ihrem Handeln recht. Und das Loch ruhte weiter vor sich hin. Die Stadt versuchte zwar immer wieder, die Schweizer zum Baubeginn zu überreden. Ohne Erfolg.
Dafür witzelten die Kemptener über eine „sinnvolle“Nutzung des Großen Lochs. Von einer Eislaufbahn im Winter bis zum „SchlammSchwimmbad“im Sommer war die Rede. Denn immer wieder musste Wasser abgepumpt werden – für einige tausend Euro im Monat. Auch dieses Geld sähe man nach Abschluss des Insolvenzverfahrens gern wieder im Stadtsäckel.
Doch vorerst ist für den Rathauschef eines wichtig: dass es nach jahrelangem Stillstand an dieser zentralen Stelle weitergeht. Aber nur im Sinne des Innenstadtkonzepts. Und danach darf dort vieles geplant werden – vom Bürogebäude über Wohnungen bis zum Hotel. Nur eines nicht: Handel, den es im Zentrum bereits gibt.