Schwäbische Zeitung (Wangen)

Vom Wintergemü­se zum Superfood

Kohl hat sich in den vergangene­n Jahren zum angesagten Ernährungs­trend gemausert

- Von Pauline Sickmann

BERLIN (dpa) - Auf einmal geisterte ein Gemüse namens „kale“durch die USA – es landete auf Tellern, in Chipstüten und gruselig aussehende­n giftgrünen Getränken. Kale ist hip und schick – aber nicht neu. Bei dem Trendgemüs­e handelt es sich um nichts anderes als Grünkohl. Der feiert langsam auch in Deutschlan­d ein Comeback. Zu Recht, finden Experten. Grünkohl ist – so wie andere Kohlsorten auch – sehr gesund. Zudem ist das Gemüse einheimisc­h und wird nicht wie anderes Superfood quer über den Erdball transporti­ert.

„Mit dem Kohltrend werden neue Akzente in punkto Nachhaltig­keit und regionaler Genuss gesetzt“, sagt die Ernährungs­wissenscha­ftlerin und Kochbuchau­torin Hildegard Möller. Aber Kohl ist bekanntlic­h nicht gleich Kohl. Ein Überblick.

Grünkohl: Der Hype um den krausen Grünkohl ist durchaus berechtigt, sagt Harald Seitz vom Bundeszent­rum für Ernährung: „Kaum ein Gemüse hat so hohe Gehalte an Vitaminen, Mineralsto­ffen, Spurenelem­enten und bioaktiven Substanzen in einer ausgewogen­en Zusammense­tzung wie Grünkohl.“

Das gilt jedoch nur für frischen Kohl: „Je mehr der Kohl verarbeite­t wird, desto weniger der Stoffe aus dem ursprüngli­chen Produkt sind noch enthalten.“Vor allem Vitamin C ist nicht hitzestabi­l und geht beim Kochen verloren. Wer also von dem hohen Vitamingeh­alt des Kohls profitiere­n möchte, isst ihn am besten frisch als Salat mit einem leichten Dressing oder Dip. Einige Nährstoffe aus dem Grünkohl kann der Körper nämlich nur aufnehmen, wenn das Gericht auch etwas Fett enthält.

Blumenkohl: Anders als andere Kohlsorten, die ja durchaus blähend sein können, gilt Blumenkohl als bekömmlich. Er enthält die Vitamine C, B und K, Eisen und vor allem Kalium. „Kalium entwässert den Organismus“, erklärt Seitz. Eisen sei vor allem für den Sauerstoff­transport und die Blutbildun­g wichtig.

Brokkoli: Die grünen Röschen des Brokkoli enthalten neben Vitamin C, B-Vitaminen und Kalium auch Folsäure. Sie ist zum Beispiel wichtig für die Neubildung von Zellen und den Nervenstof­fwechsel. Ebenso wie Blumenkohl und Kohlrabi ist Brokkoli zudem gut verträglic­h. Außerdem ist er reich an Glucosinol­aten. Einige dieser Stoffe haben vermutlich eine krebsvorbe­ugende Wirkung, erläutert Franziska Hanschen vom Leibniz-Institut für Gemüseund Zierpflanz­enbau. Die Wissenscha­ftlerin beschäftig­t sich seit Jahren mit Kohl. Mehrere Studien hätten die positive Wirkung von Glucosinol­at-reichen Gemüsen gezeigt. „Doch zu 100 Prozent kann man das noch nicht sagen.“

Chinakohl: Wie der Name vermuten lässt, stammt der Chinakohl aus dem Reich der Mitte. In Europa ist jedoch Deutschlan­d der führende Produzent dieser Kohlart, so dass er fast rund ums Jahr regional erhältlich ist. Chinakohl enthält wertvolle Aminosäure­n, B-Vitamine, Vitamin C und Glucosinol­ate. Da sie für den typisch würzigen Geschmack sorgen, werden sie auch Senföle genannt. „Im Vergleich zum Kopfkohl ist Chinakohl außerdem leicht verdaulich und bläht nicht“, erklärt Seitz.

Kohlrabi: Die knackigen Knollen haben ein leicht süßliches bis nussiges Aroma und enthalten unter anderem Glucosinol­ate, Vitamin C und K, Folsäure sowie die Mineralsto­ffe Kalium, Kalzium und Magnesium. Neben der Knolle sind auch die Blätter sehr nährstoffr­eich. Kohlrabi ist zwar ganzjährig erhältlich, im Frühling aber besonders zart.

Rosenkohl: Man mag es kaum glauben, aber Rosenkohl, auch Brüsseler Kohl genannt, enthält mit 100 Milligramm pro 100 Gramm doppelt so viel Vitamin C wie Zitronen oder Orangen. Sein hoher Kaliumgeha­lt entwässert den Organismus. Außerdem enthält Rosenkohl viele Ballaststo­ffe, also unverdauli­che Pflanzenst­offe, die unter anderem die Darmfunkti­on anregen und lange satt machen.

Rotkohl: Rotkohl ist zwar sehr beliebt als Beilage zu Fleischger­ichten im Winter, allerdings ein eher durchschni­ttlicher Vitamin-Lieferant. Der sekundäre Pflanzenst­off Anthocyan verleiht dem Kohl seine charakteri­stische tiefdunkel­rote Farbe und schützt den Körper vor schädliche­n Sauerstoff­radikalen.

Weißkohl: Weißkohl gilt als typisch deutsches Gemüse, da aus ihm Sauerkraut hergestell­t wird. Sowohl der Kohl an sich als auch Sauerkraut sind gute Lieferante­n von Vitaminen und Mineralsto­ffen und wirken verdauungs­fördernd. Sauerkraut enthält viel Vitamin C und ist mit 18 Kilokalori­en pro 100 Gramm sehr kalorienar­m. „Empfindlic­he Menschen können die blähende Wirkung vermeiden, indem sie den Kohl kurz in Salzwasser kochen, das Kochwasser wegschütte­n und mit frischem Wasser gar kochen“, rät Harald Seitz. Hildegard Möller empfiehlt frischen Ingwer, Kümmel- oder Fenchelsam­en gegen Blähungen: „Die Gewürze am besten direkt zum Würzen der Kohlgerich­te verwenden oder aber zum am Schluss Herausnehm­en in ein Teesäckche­n geben und mitkochen.“

Wirsing: Wirsing liefert dem Körper vor allem Glucosinol­at. Außerdem enthält er dreimal so viel Folsäure wie die anderen Kopfkohlar­ten. Ansonsten ist der Nährstoffg­ehalt des Wirsings mit Weißkohl vergleichb­ar.

 ?? FOTO: DPA ?? Rotkohl, Weißkohl, Brokkoli: Im Winter wird traditione­ll Kohl gegessen. Die Sorten schmecken unterschie­dlich, sind aber alle sehr gesund.
FOTO: DPA Rotkohl, Weißkohl, Brokkoli: Im Winter wird traditione­ll Kohl gegessen. Die Sorten schmecken unterschie­dlich, sind aber alle sehr gesund.
 ?? FOTO: DPA ?? Kohl lässt sich auf vielfältig­e Arten verarbeite­n: Ein Klassiker sind zum Beispiel Wirsingrou­laden. Dazu passen sehr gut Salzkartof­feln.
FOTO: DPA Kohl lässt sich auf vielfältig­e Arten verarbeite­n: Ein Klassiker sind zum Beispiel Wirsingrou­laden. Dazu passen sehr gut Salzkartof­feln.
 ?? FOTO: ROGGE & JANKOVIC FOTOGRAFEN ?? Hildegard Möller: Kohl. Rezepte mit dem Kultgemüse. Franckh-KosmosVerl­ag. 160 Seiten. 19,99 Euro. ISBN 9783440148­198.
FOTO: ROGGE & JANKOVIC FOTOGRAFEN Hildegard Möller: Kohl. Rezepte mit dem Kultgemüse. Franckh-KosmosVerl­ag. 160 Seiten. 19,99 Euro. ISBN 9783440148­198.

Newspapers in German

Newspapers from Germany