Windpark: Kritik an Informationspolitik
Bad Waldseer Fraktionssprecher bemängeln Transparenz und Dialoggruppe
BAD WALDSEE - Kritik an Informationspolitik und Transparenz, die Dialoggruppe ein Flop und grundsätzliches Politikversagen: Beim SZ-Pressegespräch zum auf Eis gelegten Windpark-Projekt haben die Fraktionssprecher deutliche Worte gefunden und Fehler offen angesprochen.
„Die Dialoggruppe war ein Flop. Hier ist einiges schief gelaufen. Eigentlich sollten Details diskutiert werden, aber der zeitliche Ablauf wurde nicht eingehalten – wichtige Erkenntnisse fehlten“, bemängelt Dominik Souard (GAL). Das hätte dazu geführt, dass die Bürgerinitiative Lebenswerter Haistergau parallel zu den Stadtwerken aktiv wurde und selbst Daten erhob. „Der Bürger stand dadurch zwischen mehreren Aussagen.“Es bildeten sich zwei Lager: Befürworter und Gegner. Die Lager hätten so Souard auf ihren Standpunkten beharrt und keinen Gemeinsinn gezeigt. „Dadurch ist der Konflikt geschwelt und erfährt keine Befriedung.“Und nicht zuletzt tadelt Souard die Öffentlichkeitsarbeit des Projekts. „Das hat nicht funktioniert. Und der Geschäftsführer hat auch noch Fahnenflucht begangen“, sagt der GAL-Stadtrat zum Ausscheiden des ehemaligen Stadtwerke-Geschäftsführer Jörg Uhde im Juli.
Bernhard Schultes (FW) bezeichnet die Dialoggruppe im Nachhinein als „nicht ideales Instrument“: „Das Hauptproblem war, dass die Dialoggruppe mit falschen Erwartungshaltungen angegangen wurde“, stellt Schultes klar. Die Tätigkeit des Konfliktmanagers sei sogar hinderlich gewesen: „Im Nachgang war es nicht hilfreich, was er gemacht hat.“So seien schnelle Veröffentlichungen von Auswertungen durch ihn in Aussicht gestellt worden. Dabei waren an dem Windparkprojekt neben den Stadtwerken auch noch drei weitere Partner (Thüga, EnBW und AÜW) beteiligt. Da blieben Warte- und Absprachezeiten nicht aus. Hinsichtlich der Transparenz attestiert er die Schulnote 5 bis 6: „Richtung Gemeinderat und der Öffentlichkeit war die Kommunikation verbesserungswürdig.“
Sonja Wild (CDU) kritisiert die interne Kommunikation. „Selbst in nicht-öffentlichen Sitzungen haben wir keine Informationen erhalten: keine Zahlen, keine Daten, keine Fakten. Es wurde alles immer weiter hinaus gezögert. Das ist bescheiden und traurig.“Wild bemängelt die Arbeit hinter verschlossenen Türen und die Tatsache, dass Aufsichtsräte der Stadtwerke sogar in der eigenen Fraktion zum Stillschweigen verpflichtet wurden.
Zeitnahe Auskünfte gewünscht
Für Karl Schmidberger (SPD) ist es einerseits nachvollziehbar, warum Daten nicht herausgegeben wurden. Andererseits versteht er nicht, warum – speziell zum Projektende hin und nach dem Abgang Uhdes – vorliegende Informationen nicht weitergegeben wurden. „Das es schief läuft, haben die Spatzen von den Dächern gepfiffen“, sagt Schmidberger und hätte sich zeitnahe Auskünfte gewünscht. In einem Punkt hat Schmidberger gleichwohl kein Verständnis: „Das die Aufsichtsräte einen Maulkorb bekommen haben, das kritisiere ich.“Von seiner Fraktionskollegin Rita König weiß Schmidberger, dass es in der Dialoggruppe anfangs konstruktiv zuging.
Den Projekt-Stopp des Windparks bedauern alle vier Fraktionssprecher. „Wir sind nicht glücklich darüber, aber die Entscheidung ist gefallen“, sagt Wild. Viel mehr gelte es, aus den gemachten Erfahrungen und Ergebnissen, die richtigen Schlüsse zu ziehen für die zukünftige Ausrichtung der Stadtwerke Bad Waldsee. Für Schultes bleibt rückblickend auf die emotional geführte Debatte rund um das Windprojekt ein Fragezeichen für die Zukunft: „Es macht nicht gerade Mut, jetzt gleich das nächste Projekt anzufangen, um die Energiewende zu schaffen.“Souard sieht in dem vorerst gestoppten Projekt ein grundsätzliches Politikversagen. „Die Energiewende vor Ort sollte schon auch ermöglicht und die Rahmenbedingungen angepasst werden. So ein Projekt kann nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn die Politik auch dahinter steht.“Aufgrund der Unwirtschaftlichkeit der noch verbliebenen einen Anlage ist die Entscheidung für Schmidberger alternativlos: „Wir sind als Fraktion hinter dem Projekt gestanden. Jetzt ist es so, wie es ist.“
Ob das Projekt schon früher hätte gestoppt werden sollen? Dazu ist die Meinung der Fraktionssprecher einhellig: nein. Ein, zwei oder drei Monate früherer Stopp hätte keine finanziellen Auswirkungen gehabt. „Es war richtig, die Reißleine jetzt zu ziehen und nicht noch die Gutachten fertigzustellen, nur damit sie fertig sind“, sagt Schultes. Von versenktem Geld – für die Ausarbeitung der Gutachten müssen die Stadtwerke rund 200 000 Euro bezahlen – sprechen die Fraktionsvertreter nicht. Vielmehr seien die Investitionen richtig gewesen. „Ohne Investition kein Projekt und kein Beitrag zur Energiewende“, fasst es Wild kurz zusammen. Gänzlich beerdigen wollen die Stadträte den Windpark noch nicht.
Stadtwerke auf den Prüfstand
Zukünftig könnten sich die Stadtwerke dem Thema Photovoltaik (Wild) oder Blockheizkraftwerke zur Nahwärmeversorgung (Schmidberger) widmen. „Das macht aber alles nur Sinn, wenn die Wirtschaftlichkeit gegeben ist“, so Schmidberger. Souard würde ganz generell die „Überlebensberechtigung der Stadtwerke“überprüfen: „Es wäre natürlich schade. Aber wenn kein Geschäftsmodell daraus erwächst, ist es zu überdenken – und Kosten würden gespart.“