Schwäbische Zeitung (Wangen)

Kemptener „Schlössle“erwacht aus Dornrösche­nschlaf

Seit mehr als 30 Jahren versuchen Stadt und Heimatfreu­nde, eine Sanierung des historisch­en Gebäudes an der Rottachstr­aße anzugehen

- Von Ralf Lienert

KEMPTEN - Zwei Baudenkmäl­er, die den Kemptenern lieb sind, sollen in neuem Glanz erscheinen. Das Weidachsch­lößle an der Rottachstr­aße erwacht endlich aus dem Dornrösche­nschlaf. In der Memminger Straße wird das ehemalige Stammhaus der Margaretha- und Josephinen­Stiftung saniert. Beide Häuser hat der Sulzberger Unternehme­r Alfons Hörmann gekauft. In Abstimmung mit der Denkmalpfl­ege plant er die Sanierung.

Seit Jahrzehnte­n gammelt das „Schlössle“(wie es genannt wird) vor sich hin. Das denkmalges­chützte Ensemble der Patrizierf­amilie König ist mehr als 700 Jahre alt. Für Heimatfreu­nde ist das Haus mit seinem Treppengie­bel und schlanken Halbrundtu­rm ein Stück malerische­r Romantik. Das Gebäude ist untrennbar verbunden mit dem Namen von Franz Weiß. Er hatte im „Schlössle“erst sein Atelier und später drei Appartemen­ts. Nach seinem Tod 1982 fiel das Denkmal in einen Dornrösche­nschlaf. Bäume und Sträucher legten sich als grüner Mantel um das Gemäuer und machten es zum malerische­n Versteck mitten in der Stadt. Drei Oberbürger­meister hatten sich seit Ende der 1980er Jahre vergeblich bemüht, mit der Witwe über eine Sanierung zu verhandeln. Vor 20 Jahren hatte Rita Weiß-Eckart angekündig­t, das Haus werde verkauft, Bewerber gebe es etliche, „vom Zahnarzt bis zum Rechtsanwa­lt“. Letztlich konnte sie sich nicht entscheide­n, lehnte auch die wiederholt­en Angebote des Heimatvere­ins ab, das Haus zu kaufen und zu sanieren.

Doch jetzt kommt Leben in das Haus. Seit Tagen sind Arbeiter damit beschäftig­t, Abfall aus den drei Stockwerke­n zu tragen. Jahrzehnte­lang war das Schlössle nämlich Quartier von Obdachlose­n, die ihre Spuren hinterlass­en haben. So sind die Kunsttapet­en verschmier­t und das Mobiliar zerschlage­n. Alfons Hörmann, der als Experte von Baudenkmäl­ern gilt, will den Kemptenern ihr Kleinod zurückgebe­n. Drei heimische Architekte­n sollen in einem Wettbewerb ihre Ideen vorstellen. Einen Schritt weiter ist der Präsident des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s bereits in der Memminger Straße mit dem Stammhaus der Margaretha- und Josephinen-Stiftung. „In toller Abstimmung mit Denkmalamt und Stadtverwa­ltung haben wir zwölf architekto­nisch individuel­le Appartemen­ts geplant“, sagt Hörmann. Im nächsten Monat soll der Umbau beginnen und 2018/ 19 fertig werden.

Zwei Wohltäteri­nnen der Stadt

Das Eckhaus Memminger Straße 15 (erstmals erwähnt 1628) erinnert an zwei Wohltäteri­nnen der Stadt, die Schwestern Margaretha Rauch und Josephine Albrecht, die dort aufgewachs­en sind. Heimatfors­cher Martin Kellenberg­er beschreibt sie so: „Margaretha Rauch ist eine überaus einfache und bescheiden­e Frau. Aus ihren gutmütig-freundlich­en Gesichtszü­gen leuchtet es wie Sonnensche­in des Glücks und der Zufriedenh­eit.“Josephine Albrecht starb 1847, Margaretha am 2. Mai 1855, beide sind auf dem katholisch­en Friedhof begraben. Ihr Vermögen und das Haus gingen in die Margaretha- und Josephinen­stiftung, die von der Stadt verwaltet wird.

1928 eröffnete Josef Gogrewe seine Drogerie im Erdgeschos­s. Dort verkaufte er eigene Teemischun­gen, Hustensaft und Tierarznei­mittel. Er führte das Geschäft bis in die 1970er Jahre. Dann richteten die GeorgsPfad­finder der Pfarrei St. Lorenz ihre Gruppenräu­me ein. 1998 verkaufte die Stadt das Haus an einen Kemptener Bauunterne­hmer. Nach dessen überrasche­ndem Tod übernahm die „Dr. Matthäus Herrmann Group“2007 das Anwesen und machte sich an den Umbau zur „Stiftsstad­t-Residenz“. Der italienisc­he Investor tönte damals: „Kempten braucht frischen Schwung und junge Unternehme­r mit neuen Ideen.“Drei Jahre später wurde das Zwangsvers­teigerungs­verfahren gegen Herrmann beantragt. Vor fünf Jahren kaufte dann Alfons Hörmann das Haus.

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FOTOS: RALF LIENERT Zwei Kleinode mitten in Kempten werden saniert. Nach Jahrzehnte­n erwacht (rechts oben) das Weidachsch­lössle aus dem Dornrösche­nschlaf. Momentan wird das Gebäude entrümpelt (Mitte). Die Handwerker am Werk sind auch im Stammhaus der Marthareth­a- und...
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