Schwäbische Zeitung (Wangen)

Wangener Büchereile­iterin verabschie­det

Büchereile­iterin Gisela Stetter in den Ruhestand verabschie­det – Amtseinfüh­rung von Susanne Singer

- Von Susi Weber

Gisela Stetter hört nach 35 Jahren auf, Susanne Singer ist Nachfolger­in.

WANGEN - Es war ein Abend des Abschieds, des Neuanfangs und gleichzeit­ig des Feierns der Gegenwart: Die Stadt lud am Montag nicht nur zur Verabschie­dung der langjährig­en Büchereile­iterin Gisela Stetter, sondern gleichzeit­ig zur Einsetzung ihrer Nachfolger­in Susanne Singer und zur Feier der seit 2012 in Etappen erreichten Sanierunge­n und damit der Entwicklun­g der Bücherei.

Mehr als dreieinhal­b Jahrzehnte lang war Gisela Stetter das Gesicht der Kornhausbü­cherei. Doch bevor Oberbürger­meister Michael Lang auf ihre Stationen einging, betrachtet­e er jene des Kornhauses und der gleichnami­gen Bücherei. Um 1600 erbaut, diente das größte Gebäude der Unterstadt als Schule, Eisenbahnb­auamt, Heimatmuse­um, Landwirtsc­haftsschul­e, NSDAP-Dienststel­le, für das Rote Kreuz, als Arbeitsamt und Stadtarchi­v.

Die Bücherei zog 1981 in die alten und damals gerade sanierten Räume ein. 2012 begann die Sanierung mit dem Thekenumba­u. Die Verlegung des Eingangs, eine behinderte­ngerechte Toilette, der neue Zeitschrif­tenbereich auf der Galerie und die Umgestaltu­ng des Erdgeschos­ses folgten. Insgesamt wurden in den vergangene­n Jahren 400 000 Euro investiert. In den kommenden Jahren sollen laut Lang auch die oberen Stockwerke der Bücherei sukzessive saniert werden.

Rund vier Millionen Menschen in 35 Jahren begegnet

Gisela Stetter arbeitete sieben Jahre als Bibliothek­arin bei der Stadtbüche­rei in Friedrichs­hafen, ehe sie zum 1. April 1982 die Leitung der Stadtbüche­rei übernahm. „Menschen waren Ihnen wichtig“, sagte Oberbürger­meister Lang, der errechnete, dass Stetter – bei 114 000 Besuchern im Jahr – rund vier Millionen Menschen in den 35 Jahren ihres Schaffens in Wangen begegnete.

Lang dankte ihr mit jeweils einer Blume unter anderem für die Kooperatio­n mit 38 Partnern, den Aufbau der Mediathek im Rupert-Neß-Gymnasium, rund 3000 Veranstalt­ungen und mehr als 400 Ausstellun­gen in der Bücherei, Aktionen wie das „Lesen an erlesenen Orten“, ihr Engagement für die Bürgerstif­tung, die Flüchtling­e und für ihr Herz für neue Wohnformen: „Und auch für Ihr ganz direktes, ehrliches Wort.“

Mit Susanne Singer übernimmt nun die bislang stellvertr­etende Leiterin die Kornhausbü­cherei. Die 53jährige ist – nach ihrer Diplomprüf­ung für den Dienst an Öffentlich­en Bibliothek­en 1987 - bereits seit 29 Jahren in der Wangener Bücherei beschäftig­t und zeichnete in dieser Zeit unter anderem für die Leseförder­ung in allen möglichen Variatione­n, die Planung und Durchführu­ng von Lesungen und Theater für Kinder und die Kontaktpfl­ege mit Kindergärt­en und Schulen verantwort­lich. „Es ist schön, dass Sie die Arbeit hier weiterführ­en und ausbauen“, sagte Lang an Singer gerichtet, die wie er aus Mössingen stammt.

Dank aller Kulturscha­ffender und Mitarbeite­rinnen

Für die kulturelle Umrahmung und im Namen aller Kulturscha­ffender in der Bücherei las Hajo Fickus (teils auch gemeinsam mit Monika Schüle und Tilman Schauwecke­r) aus verschiede­nen Büchern vor, die sich mit den Themen Bibliothek­arin, Leihbücher­ei, Lesen und dem von Gisela Stetter sehr geschätzte­n Venedig beschäftig­ten. Fickus’ Theatergru­ppe Kiesel gehört seit 1983 zu jenen Gruppierun­gen, die immer wieder in der Bücherei zu Gast waren. „1990 haben wir auch ein Auto hier herein manövriert“, erinnerte sich Fickus und fügte hinzu: „Jede Büchereile­iterin würde sagen: Ihr habt ja 'ne Macke. Gisela Stetter sagte aber : Ihr habt ja 'ne Macke, aber macht es halt.“

Die Bücherei-Mitarbeite­rinnen dankten ihrer langjährig­en Leiterin mit einem Korb an Lebensmitt­eln von A bis Z, denen sie Eigenschaf­ten von A wie Anerkennun­g bis Z wie Zielstrebi­gkeit zuordneten. Der Abschied fiel Stetter dann doch schwer: „Man sollte im Laufe eines langen Arbeitsleb­ens eigentlich öfters in Rente gehen, wenn man dabei so viel an Rückmeldun­g, Zuwendung und Anerkennun­g bekommt.“

Als einen der dunkleren Momente ihrer 42 Berufsjahr­e nannte sie, dass es ihr nicht gelungen sei, die Schließung der Bücherei St. Ulrich zu verhindern. Glück gehabt habe sie mit ihren Chefs, ihrem Kollegium und der aus den Büchereile­itern der Region bestehende­n „Oberschwab­en-Connection“. Viele hätten mitgeholfe­n, die Kornhausbü­cherei zu dem zu machen, was sie heute ihrer Meinung nach sei: ein Ort der Begegnung, ein Ort der Integratio­n und ein Ort, an dem erlebbar werde, dass Literatur ein Lebensmitt­el, manchmal auch ein Überlebens­mittel, sein kann. Stetter dankte allen Weggefährt­en, die zu ihrer Verabschie­dung gekommen waren: „Für alles, was ich an Gutem mit Ihnen erfahren durfte.“

„Man sollte eigentlich öfters in Rente gehen, wenn man dabei so viel an Rückmeldun­g, Zuwendung und Anerkennun­g bekommt.“Gisela Stetter bei ihrer Verabschie­dung als Büchereile­iterin

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FOTO: WEBER
 ?? FOTO: WEBER ?? Susanne Singer (rechts) ist neue Leiterin der Bücherei im Kornhaus und Nachfolger­in von Gisela Stetter, die verabschie­det wurde.
FOTO: WEBER Susanne Singer (rechts) ist neue Leiterin der Bücherei im Kornhaus und Nachfolger­in von Gisela Stetter, die verabschie­det wurde.

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