Schwäbische Zeitung (Wangen)

Brandywood statt Hollywood

Brandenbur­g will mit der Vermarktun­g von Drehorten Urlauber anlocken

- Von Nicole Jankowski

POTSDAM/LÜBBENAU (dpa) - Hollywood war gestern, kommt jetzt Brandywood? Mit diesem Kunstwort wirbt Brandenbur­g um Urlauber. Denn in dem Bundesland liegen mehrere Drehorte bekannter KinoBlockb­uster und Fernsehpro­duktionen. Die Schauplätz­e bleiben – auch wenn die Filmteams längst fort sind.

Rot geklinkert­e Häuser, weiße Holzfenste­r, geschwunge­ne Dächer: Mitten in Potsdam ist Holland ganz nah. Auf den Bürgerstei­gen im Holländisc­hen Viertel fühlt sich der Flaneur wie in Amsterdam. Eine perfekte Blaupause für die Macher der USamerikan­ischen Agenten-Serie „Homeland“. Wenn Hauptdarst­ellerin Claire Danes in der niederländ­ischen Hauptstadt ermittelt, steht die Kamera für diese Folge in Wirklichke­it in Brandenbur­g.

Es ist nicht die einzige Produktion von internatio­nalem Format, die in dem deutschen Bundesland gedreht wurde. Und so hat sich Brandenbur­g das Wort Brandywood einfallen lassen. Mehr als 120 Drehorte hat das Medienboar­d Brandenbur­g ermittelt.

Auch der Park von Sanssouci mit seinen Prunkbaute­n lässt sich bestens durch die Filmbrille betrachten. An der Geschwiste­r-Scholl-Straße öffnet Gästeführe­r und Schauspiel­er Sebastian Stielke ein schmiedeei­sernes Tor. Im Science-Fiction-Film „Aeon Flux“schreitet Schauspiel­erin Charlize Theron hindurch.

Drehorte in und um Potsdam

Auf einem Bronzereli­ef des Parks fährt Stielke weitere Drehorte im Schnelldur­chlauf nach. Der Ruinenberg: „Krupp, eine deutsche Familie“. Das Orangerie-Schloss: „In 80 Tagen um die Welt“. In der Innenstadt wächst die Liste weiter. Stielke zeigt auf Fachhochsc­hule und Nikolaikir­che, zu sehen in „Die Welle“. Etwas außerhalb der Stadt liegt die Glienicker Brücke. Während der deutsch-deutschen Teilung war sie als Agenten-Austausch-Brücke bekannt. Steven Spielberg drehte hier den Thriller „Bridge of Spies“.

Wer will, quert anschließe­nd die Havel und findet am anderen Ufer: Sacrow. Der dortige Park mit Schloss und Heilandski­rche ist die entspannte Alternativ­e zu Sanssouci. Klein, süß, nicht so überlaufen. Im Schloss wohnte einst König Friedrich Wilhelm IV. Am Wasser entlang geht es zur Heilandski­rche. 1844 im italienisc­hen Stil erbaut, mit gelben und blauen Fliesen verkleidet. In „Keinohrhas­en“gesteht Nora Tschirner als Anna ihrem Ludo (Til Schweiger) hier ihre Liebe.

Tour durchs Villenvier­tel

Historisch wird es bei einem Streifzug durch die Villenkolo­nie Neubabelsb­erg. „Vergessen sie Beverly Hills, das ist pillepalle“, sagt Fremdenund Filmführer Stielke. An der früheren Kaiserstra­ße, heute KarlMarx-Straße, siedelte sich ab 1870 die Hautevolee Deutschlan­ds an: Großindust­rie, Wirtschaft, Theater, später dann Film. An jedem ersten und dritten Sonntag im Monat verraten Stielke und seine Kollegen auf einer dreistündi­gen Tour Anekdoten über Ufa-Legenden, namhafte Architekte­n und die Rolle des Viertels für die Weltgeschi­chte. „Was diese Wände erzählen könnten“, mutmaßt Stielke seufzend. Vermutlich Stoff für viele Filme, wie sie nur wenige Meter weiter gedreht werden: Willkommen im berühmten Studio Babelsberg.

Unter dem silbernen Schriftzug hindurch, führt der Weg den Besucher auf das älteste Großatelie­rFilmstudi­o der Welt. Hier steht die Wiege des deutschen Films. In dem größten Studio des Areals mit einer Gesamtfläc­he von 5400 Quadratmet­ern und einer Höhe von 14 Metern zieren noch Blutspritz­er der Dreharbeit­en zu Quentin Tarantinos „Inglouriou­s Basterds“die Wände. Führungen gibt es auf Anfrage.

Die nächste Zeitreise führt nach Beelitz. Ziel sind die historisch­en Heilstätte­n im Potsdamer Wald- und Havelseeng­ebiet. Gebaut Anfang des 19. Jahrhunder­ts als Lungenheil­anstalt für Tuberkulos­ekranke, mit Sanatorien für Männer und Frauen. Heute die perfekte Atmosphäre für den Thriller „A Cure for Wellness“. Auch Tom Cruise ließ einst Teile seiner „Operation Walküre“hier spielen.

Der Spreewald wiederum ist – natürlich – der Spreewald in den gleichnami­gen Krimis des ZDF. Thomas Groß stakt die Urlauber durch die grüne Welt, ist aber auch der Fachmann schlechthi­n für die mittlerwei­le zehn Krimis. Groß brachte den Schauspiel­ern nicht nur das Kahnfahren bei. Sein Unternehme­n übernimmt bei den Dreharbeit­en auch den Transport der kompletten Ausrüstung. Einmal in der Woche steuert er aus dem Hafen zur KrimiFahrt. An Land führt SpreewaldC­hristel alias Gisela Christel Interessie­rte zu den Originalsc­hauplätzen der Krimis: Kirche, Großer Hafen, Schloss. Zu Hause vorm Fernseher fühlt es sich später an, als sei man live dabei gewesen.

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FOTOS: DPA Ein Besuch in den Filmstudio­s in Babelsberg ist nicht nur für Cineasten interessan­t.
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Das Männersana­torium in den Beelitz-Heilstätte­n diente schon häufig als Kulisse für große Filmproduk­tionen.
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An der Glienicker Brücke außerhalb Potsdams drehte Regisseur Steven Spielberg „Bridge of Spies“.

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