Brandywood statt Hollywood
Brandenburg will mit der Vermarktung von Drehorten Urlauber anlocken
POTSDAM/LÜBBENAU (dpa) - Hollywood war gestern, kommt jetzt Brandywood? Mit diesem Kunstwort wirbt Brandenburg um Urlauber. Denn in dem Bundesland liegen mehrere Drehorte bekannter KinoBlockbuster und Fernsehproduktionen. Die Schauplätze bleiben – auch wenn die Filmteams längst fort sind.
Rot geklinkerte Häuser, weiße Holzfenster, geschwungene Dächer: Mitten in Potsdam ist Holland ganz nah. Auf den Bürgersteigen im Holländischen Viertel fühlt sich der Flaneur wie in Amsterdam. Eine perfekte Blaupause für die Macher der USamerikanischen Agenten-Serie „Homeland“. Wenn Hauptdarstellerin Claire Danes in der niederländischen Hauptstadt ermittelt, steht die Kamera für diese Folge in Wirklichkeit in Brandenburg.
Es ist nicht die einzige Produktion von internationalem Format, die in dem deutschen Bundesland gedreht wurde. Und so hat sich Brandenburg das Wort Brandywood einfallen lassen. Mehr als 120 Drehorte hat das Medienboard Brandenburg ermittelt.
Auch der Park von Sanssouci mit seinen Prunkbauten lässt sich bestens durch die Filmbrille betrachten. An der Geschwister-Scholl-Straße öffnet Gästeführer und Schauspieler Sebastian Stielke ein schmiedeeisernes Tor. Im Science-Fiction-Film „Aeon Flux“schreitet Schauspielerin Charlize Theron hindurch.
Drehorte in und um Potsdam
Auf einem Bronzerelief des Parks fährt Stielke weitere Drehorte im Schnelldurchlauf nach. Der Ruinenberg: „Krupp, eine deutsche Familie“. Das Orangerie-Schloss: „In 80 Tagen um die Welt“. In der Innenstadt wächst die Liste weiter. Stielke zeigt auf Fachhochschule und Nikolaikirche, zu sehen in „Die Welle“. Etwas außerhalb der Stadt liegt die Glienicker Brücke. Während der deutsch-deutschen Teilung war sie als Agenten-Austausch-Brücke bekannt. Steven Spielberg drehte hier den Thriller „Bridge of Spies“.
Wer will, quert anschließend die Havel und findet am anderen Ufer: Sacrow. Der dortige Park mit Schloss und Heilandskirche ist die entspannte Alternative zu Sanssouci. Klein, süß, nicht so überlaufen. Im Schloss wohnte einst König Friedrich Wilhelm IV. Am Wasser entlang geht es zur Heilandskirche. 1844 im italienischen Stil erbaut, mit gelben und blauen Fliesen verkleidet. In „Keinohrhasen“gesteht Nora Tschirner als Anna ihrem Ludo (Til Schweiger) hier ihre Liebe.
Tour durchs Villenviertel
Historisch wird es bei einem Streifzug durch die Villenkolonie Neubabelsberg. „Vergessen sie Beverly Hills, das ist pillepalle“, sagt Fremdenund Filmführer Stielke. An der früheren Kaiserstraße, heute KarlMarx-Straße, siedelte sich ab 1870 die Hautevolee Deutschlands an: Großindustrie, Wirtschaft, Theater, später dann Film. An jedem ersten und dritten Sonntag im Monat verraten Stielke und seine Kollegen auf einer dreistündigen Tour Anekdoten über Ufa-Legenden, namhafte Architekten und die Rolle des Viertels für die Weltgeschichte. „Was diese Wände erzählen könnten“, mutmaßt Stielke seufzend. Vermutlich Stoff für viele Filme, wie sie nur wenige Meter weiter gedreht werden: Willkommen im berühmten Studio Babelsberg.
Unter dem silbernen Schriftzug hindurch, führt der Weg den Besucher auf das älteste GroßatelierFilmstudio der Welt. Hier steht die Wiege des deutschen Films. In dem größten Studio des Areals mit einer Gesamtfläche von 5400 Quadratmetern und einer Höhe von 14 Metern zieren noch Blutspritzer der Dreharbeiten zu Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“die Wände. Führungen gibt es auf Anfrage.
Die nächste Zeitreise führt nach Beelitz. Ziel sind die historischen Heilstätten im Potsdamer Wald- und Havelseengebiet. Gebaut Anfang des 19. Jahrhunderts als Lungenheilanstalt für Tuberkulosekranke, mit Sanatorien für Männer und Frauen. Heute die perfekte Atmosphäre für den Thriller „A Cure for Wellness“. Auch Tom Cruise ließ einst Teile seiner „Operation Walküre“hier spielen.
Der Spreewald wiederum ist – natürlich – der Spreewald in den gleichnamigen Krimis des ZDF. Thomas Groß stakt die Urlauber durch die grüne Welt, ist aber auch der Fachmann schlechthin für die mittlerweile zehn Krimis. Groß brachte den Schauspielern nicht nur das Kahnfahren bei. Sein Unternehmen übernimmt bei den Dreharbeiten auch den Transport der kompletten Ausrüstung. Einmal in der Woche steuert er aus dem Hafen zur KrimiFahrt. An Land führt SpreewaldChristel alias Gisela Christel Interessierte zu den Originalschauplätzen der Krimis: Kirche, Großer Hafen, Schloss. Zu Hause vorm Fernseher fühlt es sich später an, als sei man live dabei gewesen.