Gläubige feiern Reformationstag mit viel Musik
Martin Luthers Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“bildet Zentrum des Gottesdienstes – Chor und Predigt beziehen sich darauf
WANGEN (jr) - Der Festgottesdienst zum 500. Reformationstag in der evangelischen Stadtkirche in Wangen ist von viel Musik umrahmt worden. Im Zentrum stand der Choral aus Luthers eigener Feder „Ein feste Burg ist unser Gott“, der im Laufe der Jahrhunderte viele Interpretationen musikalischer, aber auch inhaltlicher und weltanschaulicher Art erfahren hat.
Gerüst des Gottesdienstes bildete die Choralkantate „Ein feste Burg ist unser Gott“von Gustav Gunsenheimer (geb. 1934) für Chor und Instrumente. Die Komposition unterstrich die Vielfalt, aber auch die Aktualität des Chorals musikalisch und verarbeitete kompositorische Motive aus vielen Epochen: Renaissance, Barock, Romantik und Moderne.
Der Chor bewegte sich zwischen den Stilen, die vom klassischen Choralsatz bis zu jazzig angereicherten Abschnitten reichten. Schwung entwickelte das Werk auch dank des Orchesters, bestehend aus dem Posaunenchor Wangen, dem Augustin Quartett, ergänzt durch zwei Querflöten. Eingestreut waren Soloabschnitte, gesungen von Ulrike Köberle aus Überlingen und Matthias Kiefer, der auch am Dirigentenpult stand.
Luthers Not Thema in der Predigt
Auf diese Vielfalt, aber auch die existenzielle Not, in der Luther diesen Choral geschrieben hat, nahm Pfarrer Martin Sauer in seiner Predigt Bezug. Von tiefer Demut bis zu arroganter Überheblichkeit, vom Pazifismus bis zur Kriegstreiberei: Sehr vieles kann in den Text hinein interpretiert werden. Luther schrieb ihn krank und in einer tatsächlich lebensbedrohlichen Lage, in der ihm nur sein Glaube beständig erschien.
Daher rührt die unglaubliche und lang andauernde Wirkung des Chorals durch die Jahrhunderte. Grenzsituationen, das Erfahren der eigenen Ohnmacht und die Einsamkeit in der Angst: Das trifft jeden Menschen, das ist der „alte Feind“, der überwunden wird durch Christus. So steckt in der antiquierten Sprache heute noch aktuelle Brisanz.
Der Choral begleitete die Besucher bis zur letzten Note des Gottesdienstes. Matthias Kiefer spielte eine Orgel-Fantasie über „Ein feste Burg“von Johannes Matthias Michel, in dem der Luther-Choral ein festliches Jazz-Gewand übergeworfen bekam: zunächst mit präziser Beinarbeit am Pedal swingend, im Mittelteil als langsame, wiegende Ballade und zum Schluss im Big-Band-Stil mit fetten Traubenakkorden und starken Akzenten. Ein schwungvoller, moderner Schluss und eine gute Einstimmung auf die „Churchnight“, die am Abend stattfand: ToFlyer mit Hip-Hop und Rap aus Ravensburg und der Dj NXS trugen diesen Schwung in den Abend hinein.