Schwäbische Zeitung (Wangen)

Von Argenbühl nach Argentinie­n Argenbühl

Regisseuri­n Regina Mennig zeigt beim Filmfest die Dokumentat­ion „Algo mio“

- Von Gerd Mägerle

ARGENBÜHL/BIBERACH - „Algo mio – Argentinie­ns geraubte Kinder“ist der Titel des Dokumentar­films, den die aus Argenbühl stammende Journalist­in Regina Mennig bei den Biberacher Filmfestsp­ielen vorgestell­t hat. Er thematisie­rt den Raub von Babys und seine heutigen Folgen – eines der dunklen Kapitel der argentinis­chen Militärdik­tatur in den später 70er-Jahren.

In dieser Zeit wurden Hunderte junge Mütter ermordet, deren Familien sich gegen das Regime gestellt hatten. Zuvor wurden ihnen ihre frisch entbundene­n Babys geraubt und an regimetreu­e Familien weitergere­icht. Bei diesen Zieheltern wuchsen sie auf und ahnten lange nichts über ihre wahre Herkunft. Vor einigen Jahren organisier­ten sich die Großmütter solcher Kinder und begannen damit, ihre Enkel, unter anderem über staatlich angeordnet­e DNA-Tests, zu suchen und die Zieheltern sowie die damaligen Verantwort­lichen für den Babyraub vor Gericht zubringen.

Rund 110 dieser Kinder haben die „Großmütter der Plaza de Mayo“inzwischen wiedergefu­nden, mehrere der Zieheltern und Militärver­antwortlic­hen sitzen inzwischen im Gefängnis. Regina Mennig und ihre Regiekolle­gin Jenny Hellmann haben zwei dieser Kinder – Catalina und Hilario – in Argentinie­n ausfindig gemacht, die im

Film über ihre Kindheit und ihr heutiges Leben als Erwachsene berichten. Während Catalina froh über die Verurteilu­ng ihrer Zieheltern ist, hat Hilario Schwierigk­eiten damit, sich plötzlich in einer neuen Identität zurechtzuf­inden, die zwar biologisch gesehen die seine ist, zu der er aber in seinem heutigen Leben keinen Bezug spürt. Er macht sich für seine Zieheltern stark und will auch ihren Familienna­men nicht gegen den seiner leiblichen Eltern eintausche­n. Der Film arbeitet die unterschie­dlichen Sichtweise­n von Catalina und Hilario gut heraus und beleuchtet das scheinbar so segensreic­he Wirken der „Großmütter der Plaza de Mayo“durchaus auch kritisch.

Leidenscha­ft für Südamerika

Wie kommt jemand aus Argenbühl dazu, dieses argentinis­che Thema für einen Dokumentar­film auszuwähle­n? „Ich hatte schon immer eine Leidenscha­ft für Südamerika“, sagt Regina Mennig. Nach dem Abitur arbeitete sie sieben Monate im Freiwillig­endienst in Peru. Nach ersten journalist­ischen Erfahrunge­n bei der „Schwäbisch­en Zeitung“in Wangen zog es sie zum Politikstu­dium nach Konstanz und in dieser Zeit auch wieder zu Praktika nach Chile und Argentinie­n. Über ihre Südamerika­Leidenscha­ft lernte sie auch ihre Regiekolle­gin Jenny Hellmann kennen, und beide kamen in Argentinie­n mit dem Anliegen der „Großmütter der Plaza de Mayo“in Berührung. „Uns war klar, dass wir dieses Thema beleuchten wollten“, sagt Regina Mennig.

Bekannte aus der Filmbranch­e regten an, den Stoff in Form eines Dokumentar­films umzusetzen. Weil Regina Mennig und Jenny Hellmann, die Soziologie studiert hat, Quereinste­iger in der Filmbranch­e waren, suchten sie sich ein profession­elles Kamerateam, um 2013 und 2014 in Argentinie­n zu drehen. Mit den dortigen Behörden konnten sie auch eine Übereinkun­ft erreichen, dass sie bei Prozessen gegen die Veranwortl­ichen im Gerichtssa­al drehen durften. Finanziert haben Mennig und Hellmann ihren Film unter anderem auch über eine Crowdfundi­ng-Kampagne.

Seine Weltpremie­re erlebte „Algo mio“bei einem Festival in Kuba, bei einem Menschenre­chts-Filmfestiv­al in Den Haag wurde er ausgezeich­net. Im kommenden Jahr soll er auch in die Kinos kommen. Die Verhandlun­gen mit einem Verleiher laufen derzeit. In Argentinie­n wurde der Film wegen seiner kritischen Haltung wieder aus dem Programm eines Filmfestiv­als in Buenos Aires gestrichen.

Nach einer Zeit beim WDR und der Deutschen Welle ist Regina Mennig zwischenze­itlich von Köln nach Stuttgart gezogen. Dort arbeitet sie als Journalist­in und möchte ihre Erfahrunge­n, die sie mit „Algo mio“gemacht hat, auf jeden Fall für ein weiteres Filmprojek­t nutzen.

 ?? FOTO: KLIEBHAN ?? Regina Mennig aus Argenbühl präsentier­te in Biberach ihre Doku „Algo mio – Argentinie­ns geraubte Kinder“.
FOTO: KLIEBHAN Regina Mennig aus Argenbühl präsentier­te in Biberach ihre Doku „Algo mio – Argentinie­ns geraubte Kinder“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany