Ferrari droht mit Formel-1-Ausstieg
Boss Sergio Marchionne will die geplanten Regelreformen nicht mitmachen
MARANELLO (SID) - Ferrari-Boss Sergio Marchionne lässt mal wieder die Muskeln spielen. „Wenn wir den Sandkasten so stark verändern, dass man ihn nicht mehr als Sandkasten erkennt, dann möchte ich nicht mehr darin spielen“, sagte der 65-Jährige am Donnerstag und errichtete wieder einmal die Drohkulisse eines Formel-1-Ausstiegs der Scuderia.
Der für seine markigen Aussagen bekannte Manager wurde noch deutlicher: Der traditionsreichste und erfolgreichste Rennstall der Formel-1Geschichte habe zwar den „Willen, dem Sport verbunden zu bleiben“, aber „sollten wir Umstände vorfinden, deren Ergebnisse der einmaligen Position von Ferrari nicht zuträglich sind, dann macht Ferrari das nicht mit“.
Damit eröffnete Marchionne die nächste Runde im Ballyhoo der reichen Rennställe mit dem Weltverband FIA und dem neuen Königsklasseneigner Liberty Media. Die beiden Führungsgremien hatten den zehn Formel-1-Teams Anfang der Woche ihre Vorstellungen für den neuen Motor ab der Saison 2021 präsentiert. Im Kern soll es bei einem 1,6-Liter-V6-Turbo bleiben. Allerdings soll die Komponente MGU-H nach dem Willen der Macher eingemottet werden, die Aggregate sollen dadurch lauter und preiswerter werden. Das missfällt nicht nur Marchionne. Auch Mercedes und Renault kritisieren das neue Konzept, immerhin ist die Formel 1 für die großen Konzerne auch eine Showbühne der Technologiekunst.
Die MGU-H, mittels der Energie aus dem Abgasstrom zurückgewonnen wird, sei „wichtig“, sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff. Dass der Österreicher sich für die komplexe Technologie starkmacht, hat natürlich Gründe: Mercedes schnürte bei der Einführung der MGU-H zur Saison 2014 das beste Paket und begründete damit seine bis heute ungebrochene Vormachtstellung.
Renault-Sportchef Cyril Abiteboul hält die Rechnung von der Kostenersparnis gar für ein Märchen. „Wenn wir ein neues Reglement haben und ein neues Produkt einführen, ist die Wirkung bekannt: Es kommt zu einem Entwicklungskrieg, das Feld wird leistungsmäßig auseinandergerissen“, führte der Franzose an.
Abseits der Werksteams steht man den Vorschlägen der FIA und des Formel-1-Managements positiver gegenüber. „Ein oder zwei unabhängige Motorenhersteller“, die günstige Aggregate liefern, täten der Formel 1 gut, befand McLaren-Chef Zak Brown. Porsche, Aston Martin oder Cosworth sind mögliche Kandidaten.
Während der jahrzehntelangen Hegemonie von Bernie Ecclestone konnte man davon ausgehen, dass Drohgebärden vor allem von Ferrari ihr Ziel nicht verfehlen. Mit unzähligen Zugeständnissen, nicht zuletzt dem berüchtigten „Bernie Money“, hielt der Brite die Scuderia bei der Stange. Bis zum Ablauf des Concorde Agreement 2020 wird das so bleiben, danach scheint alles offen.
Am Dienstag stellen FIA und Formel-1-Management ihren Plan zur Kostenreduzierung vor. Hier drohen die nächsten Reibereien. Während die Werksteams mit ihren Ressourcen wuchern, hoffen die kleinen Rennställe, durch eine Obergrenze ab 2021 den Abstand zur Spitze zu verkürzen.