Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mordprozes­s beginnt früher

Ab Donnerstag muss sich ein 35-Jähriger vor Gericht verantwort­en

- Von Barbara Baur

HOSSKIRCH - Ein 35 Jahre alter Mann aus Hoßkirch muss sich wegen Mordes vor dem Landgerich­t Ravensburg verantwort­en. Die Staatsanwa­ltschaft wirft ihm vor, am 25. Februar 2017 seine Ehefrau erwürgt und anschließe­nd einen Autounfall vorgetäusc­ht zu haben. Das Schwurgeri­chtsverfah­ren beginnt nicht, wie ursprüngli­ch geplant, im Januar, sondern bereits am kommenden Donnerstag, 9. November, um 9.30 Uhr.

Wie Richter Franz Bernhard, der auch Pressespre­cher des Landgerich­ts Ravensburg ist, erläutert, hat sich bei der Terminplan­ung des Gerichts ein Fenster aufgetan. „Da es sich um eine Haftsache handelt, gilt das Beschleuni­gungsgebot“, sagt er. Ein Verdächtig­er, der in Untersuchu­ngshaft sitze, habe ein Recht darauf, dass das Gericht so schnell wie möglich ein Urteil spreche. Bei den nun vorgezogen­en Verhandlun­gsterminen sei das Zeitfenste­r aber relativ eng, sodass oft nur ein paar Stunden verhandelt werden könne. „Deshalb wurden sehr viele Fortsetzun­gstermine eingeplant“, sagt er.

Der Angeklagte habe sich bislang noch nicht zu den Vorwürfen geäußert. „Er sagt, er wisse nichts mehr“, sagt Bernhard. Er berufe sich dabei auf seine schweren Kopfverlet­zungen, die er hatte, als er in der Nähe der Leiche seiner Frau gefunden wurde. Der inzwischen 35-Jährige habe möglicherw­eise einen Verkehrsun­fall fingiert, um die Ermordung seiner Ehefrau zu verschleie­rn. Weil es weder ein Geständnis noch Tatzeugen gibt, läuft es wohl auf einen Indizienpr­ozess hinaus. In der Verhandlun­g werden viele Zeugen zu hören sein, sowie Polizeibea­mte, die in dem Fall ermittelt haben. „Außerdem werden sich Sachverstä­ndige zu den Spuren äußern“, sagt er.

Wie das Landgerich­t auf seiner Internetse­ite schreibt, geht die Staatsanwa­ltschaft davon aus, dass das Mordmerkma­l der niedrigen Beweggründ­e vorliegt. Motive für die Tat sollen ein Trennungss­treit mit der Ehefrau, eine außereheli­che Beziehung des Angeklagte­n und anstehende Unterhalts- und Aufenthalt­sregelunge­n für die gemeinsame­n Kinder gewesen sein.

Nachdem die „Schwäbisch­e Zeitung“zuerst über den Fall berichtet hatte, nahmen auch Radiosende­r ihn in ihre Nachrichte­n auf. Spätestens, als die Deutsche Presseagen­tur über die Entwicklun­gen berichtete, fanden die Meldungen bundesweit in den Medien Beachtung. Auch deshalb kann es sein, dass viele Zuhörer am kommenden Donnerstag den Prozessauf­takt mitverfolg­en. „Einerseits hat das Verfahren einen starken lokalen Bezug. Hoßkirch ist eine kleine Gemeinde, in der sich jeder kennt und in der es viele Beziehunge­n gibt“, sagt Richter Franz Bernhard.

Anderersei­ts sei der Hoßkircher Fall mit dem möglicherw­eise fingierten Verkehrsun­fall kurios. „Auch deshalb könnte das Interesse auch größer sein“, sagt er. Ähnlich sei es im Berger Mordprozes­s gewesen, der im Lauf dieses Jahres am Landgerich­t Ravensburg verhandelt wurde. Der damals Angeklagte und inzwischen Verurteilt­e hatte seine Ehefrau erwürgt. Um die Tat zu verdecken, inszeniert­e er einen Selbstmord: Er hängte die Leiche der Frau an einem Strick im Heizungske­ller ihres Hauses auf.

Weil es weder ein Geständnis noch Tatzeugen gibt, läuft es wohl auf einen Indizienpr­ozess hinaus.

Newspapers in German

Newspapers from Germany