Schwäbische Zeitung (Wangen)

Mehr als 2000 Pferde im Stall

Im Oberallgäu lebt die Tradition des Leonhardir­itts fort– Begeisteru­ng für Haflinger & Co.

- Von Silvia Reich-Recla

OBERALLGÄU - Der heilige Leonhard gilt als Schutzpatr­on der Pferde. An vielen Orten waren dieser Tage Leonhardir­itte angesetzt: Reiter und Kutscher waren unterwegs, um sich und den Vierbeiner­n Gottes Schutz zu erbitten. Es ist ein alter Brauch, und er lebt in der Region fort. Das liegt sicherlich am Traditions­bewusstsei­n der Oberallgäu­er, aber auch daran, dass es viele Pferde im Oberallgäu gibt – weit mehr als 2000.

Wie so oft ist die „Dunkelziff­er“hoch. Das liegt daran, dass nicht alle Pferdehalt­er beim Amt für Landwirtsc­haft in Kempten gemeldet sind. Pressespre­cher Rainer Hoffmann sagt: „569 Landwirte haben offiziell 1128 Ponys gemeldet und 1183 Pferde.“Aber natürlich gebe es mehr Rösser, die von Privatpers­onen untergebra­cht sind. Wie viele das sind, wagt Hoffmann kaum zu schätzen. Vielleicht ein Viertel? Das sind dann Pferdehalt­er, die keine Zuschüsse bekommen, nicht als Landwirte gemeldet sind und „oft keine Weidepfleg­e betreiben, zu viele Pferde auf eine kleine Fläche stellen und auch zu viel düngen“, merkt sein Kollege Wolfgang Natterer kritisch an.

Der Island-Pferdehof in Agathazell zählt nicht dazu. Der Besitzer hat schon vor vielen Jahren die Milchwirts­chaft aufgegeben und den Hof umgebaut, kümmert sich aber um die Weiden am Hof. Obwohl er selbst keine Kühe mehr hat, ist er noch als aktiver Landwirt gemeldet. Seinen Anwesen hat er schon vor vielen Jahren zum Pferdehof umgebaut – und verpachtet. Manuela Schmider und Beate Laudemann betreiben den Island-Pferdehof dort seit elf Jahren. Mit im Team ist auch Schmiders Tochter Christiane. Sie ist gelernte Pferdewirt­in und hat eine Trainerliz­enz. Sie unterricht­et auch Kinder, beispielsw­eise Mia aus Burgberg. Sie sitzt auf dem Islandpony Jödis. Christiane Schmider führt Jödis an einer langen Leine, gibt Mia Anweisunge­n, damit sie lernt, wie der Reiter das Tier sanft lenkt. „Ja“, ruft Mia nach ihrer ersten Reitstunde auf die Frage, ob sie wiederkomm­en möchte. Vater Stefan Schulz sagt, es sei gar nicht so einfach gewesen, eine

„Einmal in der Woche werden sie shampoonie­rt und mit warmem Wasser abgespült.“Für Christoph Brutscher aus Bad Hindelang ist die Arbeit mit seinen Tieren eine Herzensang­elegenheit.

Reitstunde in der Nähe zu ergattern. Der Andrang scheint groß zu sein, auch in anderen Reitställe­n.

Pferde sind also in vielerlei Hinsicht ein Thema in der Region. „Ein Pferd zu kaufen, das sollte man sich allerdings vorher gut überlegen“, sagt Beate Laudemann. Nicht nur die Anschaffun­g schlage zu Buche, sondern vor allem der Unterhalt, die Tierarztko­sten und der Hufschmied. 150 bis 500 Euro kostet eine Box in einem Stall ungefähr im Monat. Einen eigenen Stall bauen und das Tier separat halten, kann sie nicht empfehlen. „Pferde sind Herdentier­e, die wollen nicht alleine sein.“

Bei Christoph Brutscher in Bad Hindelang stehen drei Haflinger im Stall. Er bietet Kutschfahr­ten. „Das möchte ich intensivie­ren“, sagt der 66-Jährige, der sein Leben als Alphirte aufgibt. Nach 49 Jahren. Er muss sich gesundheit­lich schonen.

Shampoo für die Mähne

Die Arbeit mit den Tieren ist ihm eine Herzensang­elegenheit. Er legt Wert darauf, dass die Haflinger mit ihren langen Mähnen immer picobello aussehen. „Einmal in der Woche werden sie shampoonie­rt und mit warmem Wasser abgespült“, sagt Brutscher. Seine Blondmähne­n ziehen beim Umzug am Weihnachts­markt in Bad Hindelang immer den Wagen des Christkind­s. „Ich bin jedes Mal heilfroh, wenn nichts passiert ist.“Die Tiere könnten leicht erschrecke­n. Aber auf seine drei Mädels sei Verlass. „Die sind charakters­tark.“Auch, wenn es mal wieder zum Leonhardir­itt geht.

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FOTOS: REICH-RECLA Christoph Brutscher mit den Haflingern Kasandra und Kordana.
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Islandpfer­d Jödis und Christiane Schmider.

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