„Ich finde es prima, dass die Grünen Partner sind“
Der CDU-Politiker Klaus Töpfer erwartet konkrete Ergebnisse bei der Weltklimakonferenz in Bonn
RAVENSBURG - Der frühere Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, Klaus Töpfer, glaubt nicht, dass die Jamaika-Sondierungen scheitern werden. „Wenn das jemand scheitern lassen will, muss er sich sehr warm anziehen“, sagte er im Gespräch mit Hendrik Groth, Claudia Kling und Thilo Bergmann. Zugleich hofft er, dass es bei der UNKlimakonferenz in Bonn zu konkreten Ergebnissen kommen wird.
Heute ist eine weitere Klimawarnung herausgegeben worden, diesmal von Wissenschaftlern. Demnach sind die Klimazahlen katastrophal, und wenn wir so weitermachen, dann sieht es nicht gut aus. Halten Sie diesen Vorstoß für richtig?
Dass die Wissenschaft sich hier nicht in ihren Elfenbeinturm zurückzieht und Beobachter spielt, ist gut und wichtig. Auch andere müssen aktiv eingebunden werden, wie zum Beispiel die Wirtschaft. Es ist ja auch das Glück in Deutschland, dass zum Beispiel EnBW oder Eon einen Appell an die Bundesregierung verfasst haben. Sie fordern die Kanzlerin auf, eine engagierte Klimapolitik zu betreiben. Das ist gut, und man muss es willkommen heißen.
Gilt das auch für die Jamaika-Verhandlungen?
Natürlich. Es ist für diese Koalition zentral wichtig, dass sie die Voraussetzungen schafft, dass Deutschland weiter global bestehen kann. Das Wahlergebnis zeigt ja, dass wir eine breitere Basis für eine Regierungsbeteiligung haben. Ein „Weiter so“kann es nicht mehr geben, jetzt geht es darum, andere Lösungen zu finden, die vielen gerecht werden.
Haben Sie ein Beispiel dafür?
Verkehr ist eine klimapolitische Frage, wegen der Partikel eine Gesundheitsfrage und wegen der Fahrzeuge natürlich eine industriepolitische Frage. Man muss sich fragen, wie kriegt man das alles zusammen. Eine Lösung wäre zum Beispiel, dass man in einer Übergangsphase den Verbrennungsmotor sehr viel stärker mit der Nutzung von Gas kombiniert. Damit würden die CO2-Emissionen deutlich zurückgehen und wir bekämen dann die Möglichkeit Power-to-Gas weiterzuentwickeln. Mit dieser Lösung hätte man Industrie-, Klima- und Gesundheitspolitik gemacht und würde einen relativ kurzfristigen Beitrag schaffen.
War es sinnvoll, dass die Grünen das Aus für Verbrennungsmotoren zurückgenommen haben?
Ich glaube nicht, dass das ein Einkni- cken ist. Wir sind in einer Welt mit unglaublicher Veränderungsdynamik. Ich kann nur jedem raten, sich Flexibilität zu eröffnen – in der Technik, den Rahmenbedingungen unserer Gesellschaft oder der geopolitischen Entwicklung. Ich finde es prima, dass die Grünen Partner sind. Sonst hätten wir uns vielleicht schon viel früher die Augen gerieben.
Nur noch wenige Tage, dann ist die Weltklimakonferenz vorbei. Was kann uns diese Konferenz an Konkretem bringen?
Die Frage ist mehr als berechtigt. Das ist natürlich auch eine Folge dessen, was in Paris erreicht und gefeiert wurde. Wir brauchen jetzt aus der kollektiven Verpflichtung auf die Zwei-Grad-Begrenzung so etwas wie Instrumente zu einer individuellen Umsetzung in den Ländern und Städten. Wir müssen jetzt wissen, was wer macht und welche Möglichkeiten gegeben sind. Finanzen und Zusagen werden auch bis zuletzt auf der Konferenz im Mittelpunkt stehen. Leichter geworden sind mit Sicherheit die Signale an Investoren. Wer heute noch in fossile Energien investiert, der muss wissen, dass er daraus kein Geld ziehen kann.
Macht es Sie nicht traurig, dass weltweit in den vergangenen 27 Jahren Wald von der Fläche Südafrikas abgeholzt wurde?
Es gibt immer wieder Situationen, in denen man ärgerlich, vielleicht auch wütend oder resigniert werden kann. Nur all diese Reaktionen helfen verdammt wenig. Ich bin aus Afrika mit einem kleinen Sprichwort zurückgekommen: Die beste Zeit, einen Baum zu pflanzen, war vor 30 Jahren. Die zweitbeste Zeit ist jetzt.
Und was heißt das konkret?
Wir müssen wenigstens dazu kommen, dass wir die Aufforstungsprogramme machen und alles daran setzen, dass die Entwicklungen in Brasilien nicht so eintreten, wie sie sich uns darstellen. Wir müssen aber auch betrachten, dass das Abholzen für viele Menschen dieser Erde Einkommensquellen sind. Wenn Sie sehen, wie schwer es uns fällt, die Reste der Braunkohle stillzulegen ohne ein breites Begleitprogramm, dann können Sie auch verstehen, dass es in anderen Ländern noch schwieriger ist. Das ist dann oft auch mit Armut verbunden. Das entschuldigt zwar nichts, aber es zeigt, wo angesetzt werden muss, damit so etwas nicht weiterläuft.
Wird die Klimafrage letztlich daran entschieden werden, ob wir es schaffen, Entwicklungsländern eine Perspektive zu ermöglichen?
Das sehen Sie richtig. Wir sind auch der Meinung, dass eine der Ursachen für Fluchtbewegungen die fehlende Perspektive zum Überleben in solchen Ländern ist. Deswegen habe ich mit anderen Trägern des Bundesverdienstkreuzes den neuen Bundestag aufgefordert, eine Kommission zum Thema Fluchtursachen einzusetzen. Diese Enquetekommission soll klare Anforderungen an die Politik in Deutschland stellen.