Gelungenes Debüt für Fabian Deschler
Musikverein Siggen begeistert mit Konzert in der Pfarrkirche – Cornelia Ohmayer als Dirigentin verabschiedet
SIGGEN - Vor der Kulisse der voll besetzten Siggener Pfarrkirche St. Sebastian hatte das Orchester des Musikvereins Siggen unter der Projektleitung von Fabian Deschler einen bemerkenswerten Auftritt. Der Applaus galt aber auch Cornelia Ohmayer, die als Dirigentin offiziell verabschiedet wurde.
Es war laut Ulrich Möschel eine Herausforderung. Die besondere Atmosphäre, aber auch die empfindliche Akustik des Gotteshauses hatte von den Musikanten eine Menge abverlangt. Doch man meisterte diese nicht ganz leichte Situation durch intensive Probenarbeit und das glückliche Händchen des erst 21-jährigen Fabian Deschler. Deschler, der zum Musikstudium nach Biberach geht, hat sich in der Vergangenheit schon als Saxofonist bei der Musikkapelle Waltershofen einen Namen gemacht.
Gleich zu Beginn des Konzertes, das von Hilde Ebenhoch moderiert wurde, war eines der eindrucksvollsten und auch beliebtesten Werke aus der Feder von Robert W. Smith zu hören. „Encanto“ließ eine imposante Blechbläserfanfare erklingen und entwickelte sich mehr und mehr zu einem ansteckenden Rhythmus. Klarinetten eröffneten den überaus ansprechenden „Chant and Jubilo“von W. Francis McBeth, gefolgt vom gesamten Orchester, wobei das Schlagwerk eine ebenso tragende Rolle spielte wie die Holzbläser. Der rasante Schlussteil sprühte vor Lebendigkeit und Spielfreude.
„A Simple Song“ist eine melodische Ballade aus Leonard Bernsteins beliebter „Mass“. Das umstrittene Werk, übrigens eine Auftragsarbeit zur Erinnerung an John F. Kennedy, ist gegen die oft gehörte Meinung keine liturgische Komposition. Sie lebt von englischen Songs und hebräischen Gebetsrelikten und beinhaltet Elemente der Rockmusik sowie den Versuch, neue Lautkonzepte zu schaffen. „Mass“behandelt die Unsicherheit im Glauben als zentrale Krise des 20. Jahrhunderts. Die Siggener gefielen – wie bei allen anderen Vorträgen – durch eine Fülle von Klangfarben und harmonischem Zusammenspiel.
Nachdem „Hibiki“des Japaners Ito Yasuhide die Freude am Musizieren von jungen Menschen vermittelt hatte, hieß es bei Vaclav Nehylbels „Corsican Litany“den Atem anhalten und sich in den makaberen „Gesang“der „Klageweiber“einhören. Auf Korsika unterschied man damals zwischen zwei verschiedenen Litaneien: Lamento bei einem normalen Tod und Vocero, wenn der Verstorbene ermordet worden war. Die Musikanten leiteten die Vocero-Melodie trauernd ein, um sie immer leidenschaftlicher bis zu einem dramatischen Höhepunkt zu entwickeln.
Baum als Metapher
Wie gut, dass es den Choral „Bist du bei mir“gibt und die aufgewühlten Wellen zu glätten wusste. Johann Sebastian Bach hat dieses wunderbar innige Liebeslied für seine zweite Frau Anna Magdalena in einem Notenbüchlein notiert und damit bewiesen, dass er auch die leiseren Töne beherrscht. Die Musikkapelle setzte die von Siegfried Rundel arrangierte und ans Herz greifende Komposition gekonnt um.
Philip Sparke nutzte den kalifornischen Mammutbaum als Metapher für seine Grundidee bei „And Still, the Spirit”: Der bemerkenswerte Lebenszyklus dieser erstaunlichen Bäume hängt damit zusammen, dass seine Samen auf die Erde fallen und Wärme benötigen, damit sich ihre Schale öffnet und sie zu keimen beginnen. Dass die Samen die Zerstörung durch Waldbrände zum Sprießen benötigen, setzt Sparke mit dem Profitieren der menschlichen Seele nach einem Unglück gleich. Die Musik drückte dieses „Gestärkt aus einem Unglück hervorgehen“wunderbar aus.
Der Reigen musikalischer Emotionen schloss sich, als „Air for Band“von Frank Erickson die Zugabe bildete und noch einmal Bachs „Bist du bei mir, geh ich mit Freuden zum Sterben und zu meiner Ruh“wiederholt wurde.