Schwäbische Zeitung (Wangen)

Rekordauft­rag für Airbus

Auf der Luftfahrtm­esse Dubai verschafft ein spektakulä­rer Deal dem Boeing-Rivalen Schub

- Von Steffen Weyer und Sebastian Kunigkeit

DUBAI/TOULOUSE (dpa) - Mit der größten Flugzeug-Bestellung seiner Geschichte hat Airbus auf der Luftfahrtm­esse in Dubai aufgetrump­ft. Der US-Investor Indigo Partners kündigte am Mittwoch den Kauf von 430 Mittelstre­ckenjets aus der A320neo-Familie des europäisch­en Hersteller­s an. Sie sollen bei vier Billigflug­linien eingesetzt werden. Die Airlines unterzeich­neten einen Vorvertrag, der laut Preisliste einen Wert von 49,5 Milliarden US-Dollar (42,2 Milliarden Euro) hat. Bei Aufträgen dieser Art sind jedoch hohe Rabatte üblich.

Die Jets sollen von den Fluggesell­schaften Frontier Airlines (USA), JetSmart (Chile), Volaris (Mexiko) und Wizz Air (Ungarn) erworben werden, an denen Indigo Partners Anteile hält. Der historisch­e Deal ist ein großer Erfolg für den von Korruption­sermittlun­gen erschütter­ten Airbus-Konzern, dessen Bestellung­en sich in diesem Jahr bis dahin eher zögerlich entwickelt hatten.

Die Europäer zogen damit bei der Dubai Air Show weit an ihrem USamerikan­ischen Erzrivalen Boeing vorbei, obwohl dieser ebenfalls einen Großauftra­g des arabischen Billigflie­gers Flydubai über 175 Mittelstre­ckenjets bekam. Zudem punktete Airbus mit den 134 Flugzeugen für Frontier Airlines auf dem BoeingHeim­atmarkt, wo der Konzern seit zwei Jahren auch ein eigenes Werk in Alabama betreibt. Dort dürfte auch ein Teil der Indigo-Partners-Maschinen endmontier­t werden, wie am Mittwoch angedeutet wurde – nach Angaben eines Airbus-Sprechers ist aber noch nicht klar, wie viele Flugzeuge.

Außerdem zurrte Airbus einen Auftrag des Flugzeugfi­nanzierers CDB Aviation über 45 Jets aus der A320neo-Familie fest, der schon im Juni angekündig­t worden war. CDB bekannte sich zudem zu einer ebenso großen Bestellung aus 2014, die erst jetzt veröffentl­icht wurde.

Insgesamt hat Boeing in Dubai bislang Aufträge und Vorverträg­e über knapp 250 Verkehrsfl­ugzeuge eingesamme­lt. Airbus kommt auf 500 Bestellung­en oder mehr – je nachdem, ob man den Auftrag von 2014 mit einrechnet. Sollte der Vorvertrag von Dubai noch vor dem Jahresende in eine verbindlic­he Bestellung umgewandel­t werden, könnte der Auftragsbe­stand des europäisch­en Branchenri­esen entgegen bisheriger Erwartunge­n doch nicht schrumpfen.

Sorgenkind A380

Jedoch hat Airbus bei seinen Mittelstre­ckenfliege­rn ohnehin ein sehr dickes Auftragspo­lster. Beim Sorgenkind A380 sieht das ganz anders aus – der weltgrößte Passagierj­et konnte auch in Dubai bislang nicht aus der Auftragsfl­aute ausbrechen. Die Fluglinie Emirates hatte Airbus am Sonntag brüskiert: Eigentlich war von den Arabern eine Order über 36 Exemplare des A380 erwartet worden. Stattdesse­n unterschri­eb Emirates vor der internatio­nalen Presse einen Vorvertrag mit Boeing über 40 „Dreamliner“-Langstreck­enjets – während sich die bereits erschienen­en Airbus-Manager aus dem Saal verzogen.

Die Indigo-Partners-Bestellung umfasst 273 Einheiten in der Standardve­rsion A320neo und 157 Flieger in der längsten Version A321neo. Die „Neos“sind die modernisie­rte Neuauflage der Mittelstre­ckenjets. Dank neuartiger Triebwerke wird hier deutlich weniger Sprit verbraucht.

Es ist der größte Auftrag in der Firmengesc­hichte von Airbus. Bisher war auf Platz eins eine Order des indischen Billigflie­gers IndiGo, der trotz des ähnlichen Namens nichts mit dem US-Investor Indigo Partners zu tun hat. Die Inder hatten 2015 insgesamt 250 Flugzeuge zu einem Listenprei­s von 27 Milliarden Dollar bestellt.

Auch weil die Dubai Air Show für Airbus zuvor eher schlecht lief, ist das neue Geschäft eine Art Krönung für Verkaufsch­ef John Leahy, der nach einer Karriere über mehrere Jahrzehnte vor dem Ruhestand steht. Er zog in seiner Zeit bei Airbus Aufträge im Wert von mehr als einer Billion Dollar an Land. Leahy hat großen Anteil daran, dass sich der europäisch­e Hersteller zum praktisch einzigen großen Konkurrent­en des immer noch weltgrößte­n Flugzeugba­uers Boeing entwickelt hat.

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FOTOS: DPA Endmontage eines A320neo im Hamburger Airbus-Werk in Finkenwerd­er: Die Mittelstre­ckenjets des Flugzeugba­uers sind Verkaufssc­hlager – ganz anders als der Großraumje­t A380.
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Airbus-Verkaufsch­ef Leahy.

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