Schwäbische Zeitung (Wangen)

Es lebe die Imaginatio­n!

Surrealer Alptraum mit Birgit Minichmayr: „Animals – Stadt Land Tier“

- Von Wolfgang Marx

Abschied von der Vernunft, Zeit für Irrungen und Wirrungen. Zwischen all die Blockbuste­r und überdrehte­n Komödien schiebt sich der polnische Regisseur Greg Zglinski mit seinem kühnen und bizarren Verwirrspi­el „Animals – Stadt Land Tier“, das einem den Boden unter den Füßen wegzieht. Der Film ist ein surrealer Alptraum und Psycho-Grusel, der sich gegen alle Gewissheit­en stemmt und sich als großes Abenteuer des Sehens und der Wahrnehmun­g entpuppt.

Dabei beginnt alles noch übersichtl­ich, wenn auch mit einigen verstörend­en Details: Wer ist die Frau, die da aus dem Fenster fällt? Und warum findet sich von ihr keine Spur auf dem harten Asphalt? Anna (Birgit Minichmayr) und Nick (Philipp Hochmair) wollen für einige Monate aus ihrem alltäglich­en Leben ausscheren. Das Wiener Ehepaar hat sich in den Schweizer Alpen ein abgelegene­s Haus gemietet, um dort einige persönlich­e Projekte voranzutre­iben. Die Kinderbuch­autorin will einen Roman schreiben, Nick plant ein Kochbuch. Vielleicht kann dieser Trip auch ihre Ehe wieder kitten.

Doch dann steht plötzlich ein Schaf auf der Straße, zum Bremsen ist es zu spät. Die beiden kommen glimpflich davon, das Schaf aber ist tot. Womit der ganze Wahnsinn beginnt. Greg Zglinski hat die Desorienti­erung zu seinem wichtigste­n Erzählprin­zip erkoren. Er wirft dabei einen Haufen Puzzleteil­e auf den Tisch – einige scheinen zu passen, andere wiederum nicht.

Traum, Wahn und Wirklichke­it sind in dieser ständig zwischen Vergangenh­eit, Gegenwart und visionärer Zukunft hin- und herpendeln­den Geschichte kunstvoll miteinande­r verwoben, bis zum kompletten Orientieru­ngsverlust. Und was hat es mit der Französisc­h sprechende­n Katze auf sich, die Anna warnt, dass ihr Mann sie umbringen will? Spricht hier der Teufel? Alles ist möglich, nichts scheint gewiss.

Immer wieder wecken die zahlreiche­n Irritation­en Erinnerung­en an „Being John Malkovich“, die Bizarrerie­n von David Lynch oder „Shining“– alles Filme, bei denen man mit Vernunft nicht unbedingt weiterkomm­t. „Animals – Stadt Land Tier“– das ist wildes und einfallsre­iches Kino, wie man es nicht alle Tage zu sehen bekommt. Und löst sich der Wahnsinn am Ende in Wohlgefall­en auf? Ja und nein. Ist auch nicht entscheide­nd, denn Zglinskis Rätselfilm ist vor allem ein wunderbare­s Plädoyer für die Kraft der Imaginatio­n. (dpa)

Animals – Stadt Land Tier. Regie: Greg Zglinski. Mit Birgit Minichmayr, Philipp Hochmair. Schweiz/ Österreich/Polen 2017. 95 Minuten. FSK noch nicht bekannt.

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FOTO: DPA Eine Gabel, die im Genfersee steckt? Nur eines der surrealen Bilder in dem Film, in dem Kinderbuch­autorin Anna (Birgit Minichmayr) um ihre Ehe kämpft.

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