Politiker besorgt über hohe Mieten
Bündnis für bezahlbaren Wohnraum greift noch nicht richtig – Vorschriften präzisiert
RAVENSBURG - Angesichts der drastisch steigenden Mieten in Ravensburg sind Gemeinderat und Stadtverwaltung alarmiert. Der aktuelle Mietspiegel hat ergeben, dass die Netto-Durchschnittsmiete, also die Kaltmiete ohne Nebenkosten und Stellplatz, in den vergangenen zwei Jahren um 11,2 Prozent gestiegen ist. Politiker und Verwaltung wollen gegensteuern und haben in der jüngsten Sitzung des Stadtparlaments ausgiebig über Lösungsmöglichkeiten diskutiert.
Wie bereits berichtet, soll das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum präziser gefasst werden. Der vor einem Jahr geschlossene Vertrag zwischen den Städten Ravensburg und Weingarten, Bauträgern und sozialen Einrichtungen sieht vor, dass bei neuen Bauvorhaben ab zehn Wohneinheiten mindestens 20 Prozent der Fläche 15 Jahre lang 14 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete angeboten werden muss. Seitens von Bauträgern hatte es anfangs starke Bedenken gegeben, weil sie weniger Gewinne fürchteten und ihnen das Belegungsrecht der Stadt teilweise nicht behagte, da sie selbst darüber entscheiden wollen, an wen sie vermieten. Der Ärger wurde allerdings zwischenzeitlich beigelegt, aus dem Belegungsrecht wurde ein Vorschlagsrecht.
Mittlerweile hat sich jedoch herausgestellt, dass die Regelung bestenfalls Menschen mit nicht ganz so hohem Einkommen nützt – bis 47 000 Euro Jahreseinkommen gibt es für Singles noch Wohnberechtigungsscheine. Die wirklich Bedürftigen, die auf Sozialleistungen angewiesen sind, können sich diese neuen Wohnungen aber nach wie vor nicht leisten. Deshalb will die Stadt eine Wohnbaugesellschaft gründen, die neue Sozialwohnungen baut. Dafür sei man aber auch auf das Entgegenkommen des Landkreises angewiesen, der nach Meinung der Stadt derzeit zu niedrige Wohngelder für Hartz-IV-Empfänger auszahlt. Teilweise seien diese von der Behörde sogar angehalten, sich kleinere, billigere Wohnungen zu suchen, könnten diese auf dem Markt aber gar nicht finden.
Gemeinderat begrüßt Wohnungsbaugesellschaft
Im Gemeinderat wurde die Ankündigung von Oberbürgermeister Daniel Rapp in der „Schwäbischen Zeitung“, eine Wohnbaugesellschaft zu gründen, grundsätzlich begrüßt. Es hagelte aber Kritik dafür, dass die Politiker das aus der Zeitung erfahren mussten. Rapp erinnerte aber an eine Sitzung vor etwa einem Jahr, in der er bereits öffentlich gesagt hatte, dass er mit dem Gedanken spiele für den Fall, dass das Bündnis für bezahlbaren Wohnraum nicht richtig greife.
Was bedeutet eigentlich „bezahlbar“? Baubürgermeister Dirk Bastin definierte das Wort so: „Wenn jemand bis zu 30 Prozent des Nettoeinkommens für die Wohnung ausgibt, also bei 1500 Euro maximal 450 Euro, ist das bezahlbar.“
Bevor die städtische Wohnbaugesellschaft gegründet werden kann, wird noch etwa ein Jahr vergehen. In der Sitzung hat der Rat nur die Anwendungsvorschriften für das Bündnis präzisiert. Damit nicht alle Bauträger plötzlich nur noch Neun-Familien-Häuser mit jeweils sehr großen Wohnungen bauen, um das Bündnis zu umgehen, gilt die Regel jetzt auch schon ab 800 Quadratmeter Wohnfläche. Sollte ein Bauträger dagegen verstoßen, muss er den Differenzbetrag plus drei Prozent Strafe zahlen. Ein Hauptziel sehen Bastin und Rapp aber bereits erreicht: Während bis vor Kurzem nur Eigentumswohnungen gebaut wurden, entstehen neuerdings wieder Mietwohnungen.