Markus Reichart tritt den Grünen bei
Heimenkircher Bürgermeister will sich damit „klar positionieren“
HEIMENKIRCH - Markus Reichart wird der erste grüne Bürgermeister im Landkreis Lindau sein. In nichtöffentlicher Sitzung informierte der Heimenkircher am Montag seinen Gemeinderat über seine Entscheidung, zum 1. Januar der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“beizutreten. Unmittelbar nach der Sitzung versandte er eine entsprechende Pressemitteilung. Der mit dem Ergebnis der Bundestagswahl sichtbar gewordene Rechtsruck in der Gesellschaft habe den Ausschlag für seine Entscheidung gegeben, schreibt Reichart, der seit 2008 Bürgermeister der Marktgemeinde Heimenkirch ist. Seinen Beitritt zu den Grünen versteht er als „klares Bekenntnis“.
Schon länger denkt Markus Reichart darüber nach, eine Bundespartei aktiv zu unterstützen. Die Bundestagswahl im September war schließlich Anlass, dieses Vorhaben umzusetzen. Auch das Wahlergebnis in der Region hat ihn darin bestärkt. In der Gemeinde Heimenkirch erzielte die AfD mit 11,9 Prozent das zweitbeste Resultat im Landkreis Lindau nach Opfenbach (12,6 Prozent). Reichart will sich angesichts des Rechtsrucks positionieren. „Das kann ich als Parteiloser nicht so gut wie als Mitglied einer Bundespartei.“
Innerhalb der Parteienlandschaft kommen die Grünen Reicharts Vorstellungen inhaltlich am nächsten. „Menschlichkeit, soziales Miteinander, wirtschaftliche und ökologische (Generationen-) Gerechtigkeit, Demokratie und Toleranz sind mitunter Themen, für die ich eintrete“, schreibt der Heimenkircher Bürgermeister in seiner Pressemitteilung. Im Beitritt zu einer Gruppierung, „die nicht zuletzt aus der Friedensbewegung heraus entstanden ist“, sieht Reichart die Möglichkeit, ein Zeichen zu setzen, auch in seiner Eigenschaft als Multiplikator. „Das ist mir ein ganz, ganz großes Anliegen und für mich persönlich ein wichtiger Schritt – aus dem Herzen und aus dem Bauch heraus.“
Gemeinderat überrascht, aber gelassen
Die Mitglieder des Heimenkircher Gemeinderats reagierten überrascht auf die Ankündigung ihres Bürgermeisters, zugleich aber gelassen. Seinem Stellvertreter Paul Müller von den Freien Wählern, denen Markus Reichart bisher als Parteiloser angehört, ist es wichtig, „dass er von der Gesinnung her so bleibt, wie er ist“. Und das bekräftigte Reichart gegenüber dem Gemeinderat wie auch dem Westallgäuer : „Ich bleibe der Gleiche, der ich bisher war.“. Als Schwächung der Freien Wähler empfindet Paul Müller Reicharts Schritt nicht. „Bei uns hat eh jeder seine freie Meinung.“Im Gemeinderat Heimenkirch werde oft querbeet abgestimmt – „und oft sind wir gemeinsam stark“. Am wichtigsten ist Paul Müller, dass Reichart wieder als Bürgermeister in Heimenkirch antritt – „ganz egal, in welcher Partei“. Aktuell hat Markus Reichart keine anderen Pläne, erklärt er gegenüber unserer Zeitung. „Es hängt davon ab, ob mich die Heimenkircher wollen und nominieren.“
Dritter Bürgermeister Gerhard Kempter (CSU) sagt über Reicharts Entscheidung: „Ich sehe es sehr positiv, wenn jemand sagt: Ich stehe zu etwas.“Der Parteieintritt sei wohl ein Signal in Folge der Bundestagswahl. „Dass er nicht zur CSUgeht, sondern eher zu den Grünen, war ja klar.“Zwar sieht er seinen Bürgermeister nicht eindeutig als Grünen, aber mit seiner Offenheit und Toleranz gegenüber vielem sei Bündnis 90/Die Grünen „die Partei, die am besten zu Markus passt“. Auch Kempter wollte von Reichart wissen, ob und für wen er bei der Kommunalwahl 2020 kandidiert. Er möchte ihn als Bürgermeister behalten. Die Parteizugehörigkeit hat seiner Meinung nach jedenfalls keine Auswirkung auf die Arbeit im Gemeinderat.
Georg Lindl , der für die Grünen im Heimenkircher Gemeinderat sitzt und sich vielleicht am häufigsten von allen an Verwaltung und Bürgermeister reibt, schätzt es, „wenn jemand Flagge zeigt, gerade in Zeiten, wo so viel im Umbruch ist“. In seiner Partei würde er das künftige Mitglied „sicher nicht als Fundi einschätzen, eher in Richtung Kretschmann“. Dass Reichart „als Verwaltungsmann „ein richtig schöner Realo“sei, tue der Partei vielleicht ganz gut. „Er nimmt viele Leute mit. So kann man mehr verändern als als Fundamental-Grüner.“Obwohl sich Lindl darüber freut, bald mit zwei Parteikollegen im Heimenkircher Gemeinderat zu sitzen (mit Johannes Lerch), hofft er vor allem, dass die Veränderung die Arbeit im Gemeinderat nicht beeinträchtigt.
Mit Heimenkirch wird ab Januar das 16. Rathaus in Bayern von einem Grünen geleitet. Im Regierungsbezirk Schwaben hat bisher nur die 1700-Einwohner-Gemeinde Trunkelsberg im Unterallgäu einen grünen Bürgermeister.