Auftragsvergabe unter Zeitdruck
Oberstdorf bringt Planung für Sportanlagen auf den Weg – Gemeinde schreibt nur einen Teil öffentlich aus
OBERSTDORF - Für geschätzte 39 Millionen Euro sollen die Schanzen und Loipen in Oberstdorf umgebaut werden, um den Athleten bei der Nordischen Ski-WM 2021 ideale Wettkampfbedingungen zu bieten. Die Zeit drängt, denn die Sportanlagen müssen ein Jahr vor den Titelkämpfen fertig sein. Zudem steckt Oberstdorf in einem Dilemma: Die mit 50 Millionen Euro hoch verschuldete Gemeinde ist auf staatliche Zuschüsse angewiesen. Bund und Land wollen das Projekt mit bis zu 90 Prozent unterstützen, doch für die Förderanträge sind konkrete Projektbeschreibungen notwendig. Deswegen hat der Gemeinderat jetzt die Aufträge für Vorplanung und Kostenermittlung der Umbauten in Schanzenund Langlaufstadion vergeben.
Vorgehen stößt auf Kritik
Das Vorgehen war vor der Ratsentscheidung auf Kritik gestoßen. In Oberstdorf ging die Sorge um, dass nicht berücksichtigte Planer gegen die Vergabepraxis klagen könnten. Denn während der Gemeinderat noch im Juli eine EU-weite Ausschreibung beschlossen hatte, wurden jetzt 20 Prozent der Aufträge freihändig vergeben. Für die verbleibenden 80 Prozent soll möglichst bald die EU-weite Vergabe starten, die jetzt vorbereitet wird. Das spart Zeit, die Oberstdorf braucht: Spätestens ein Jahr vor den Titelkämpfen müssen die Anlagen für die WM-Generalprobe fertig sein. Hätte man das gesamte Projekt europaweit ausgeschrieben, wären Monate vergangen.
Das Vorgehen sei rechtskonform, erklärte Vergaberechtsexpertin Monika Winkelmann, die Oberstdorf schon beim Umbau der Skiflugschanze begleitete. „Sie haben für die ersten 20 Prozent einen Freibrief vom Gesetzgeber.“Das Vorgehen sei mit der Regierung von Schwaben abgestimmt.
Warum die Aufträge nicht bereits im Juli europaweit vergeben wurde, wie im Rat beschlossen, fragte Siegmund Rohrmoser (Grüne). „Das wäre Ihnen um die Ohren geflogen, weil der Auftragsgegenstand noch nicht definiert ist“, warnte Winkelmann vor Klagen. Sie forderte die Ratsmitglieder auf, zügig konkrete Vorstellungen zu entwickeln und genau zu definieren, wie groß beispielsweise der Beschneiungsteich an der Loipe werden soll. Zwar legte der Rat jetzt Leitlinien für das Bauprogramm fest. Konkret sind die Vorgaben aber trotz vieler Ratssitzungen und Klausurtagungen noch nicht.
„Es hat nicht nur am Gemeinderat gelegen, dass wir heute noch nicht weiter sind“, kritisierte Josef Dornach (Unabhängige Oberstdorfer Liste) Bürgermeister Laurent Mies. „Dieser Informationsfluss ist nicht hinnehmbar“, wählte auch Josef Geiger (CSU) deutliche Worte. „Bringen Sie keine Distanz zwischen mich und den Gemeinderat, es ist unsere gemeinsame Aufgabe“, sagte Mies. „Jeder Einzelne hätte auch wissen können, was er tut. Es ist das gleiche Verfahren wie bei der Skiflugschanze.“
Nicht vergeben wurden Objektplanung und Ingenieurbau für das Schattenberg-Skisprungstadion, das ebenfalls für die WM umgebaut werden muss. Hier wurde der Architekt der Schanze beauftragt, weil er das Urheberrecht habe. Das war das Ergebnis einer Prüfung durch einen Fachanwalt. Rohrmoser befürchtete einen „Vergabefehler“, weil auch andere Architekten am Bau des Stadions beteiligt waren und somit ihr Urheberrecht einklagen könnten.