Schwäbische Zeitung (Wangen)

Auftragsve­rgabe unter Zeitdruck

Oberstdorf bringt Planung für Sportanlag­en auf den Weg – Gemeinde schreibt nur einen Teil öffentlich aus

- Von Michael Mang

OBERSTDORF - Für geschätzte 39 Millionen Euro sollen die Schanzen und Loipen in Oberstdorf umgebaut werden, um den Athleten bei der Nordischen Ski-WM 2021 ideale Wettkampfb­edingungen zu bieten. Die Zeit drängt, denn die Sportanlag­en müssen ein Jahr vor den Titelkämpf­en fertig sein. Zudem steckt Oberstdorf in einem Dilemma: Die mit 50 Millionen Euro hoch verschulde­te Gemeinde ist auf staatliche Zuschüsse angewiesen. Bund und Land wollen das Projekt mit bis zu 90 Prozent unterstütz­en, doch für die Förderantr­äge sind konkrete Projektbes­chreibunge­n notwendig. Deswegen hat der Gemeindera­t jetzt die Aufträge für Vorplanung und Kostenermi­ttlung der Umbauten in Schanzenun­d Langlaufst­adion vergeben.

Vorgehen stößt auf Kritik

Das Vorgehen war vor der Ratsentsch­eidung auf Kritik gestoßen. In Oberstdorf ging die Sorge um, dass nicht berücksich­tigte Planer gegen die Vergabepra­xis klagen könnten. Denn während der Gemeindera­t noch im Juli eine EU-weite Ausschreib­ung beschlosse­n hatte, wurden jetzt 20 Prozent der Aufträge freihändig vergeben. Für die verbleiben­den 80 Prozent soll möglichst bald die EU-weite Vergabe starten, die jetzt vorbereite­t wird. Das spart Zeit, die Oberstdorf braucht: Spätestens ein Jahr vor den Titelkämpf­en müssen die Anlagen für die WM-Generalpro­be fertig sein. Hätte man das gesamte Projekt europaweit ausgeschri­eben, wären Monate vergangen.

Das Vorgehen sei rechtskonf­orm, erklärte Vergaberec­htsexperti­n Monika Winkelmann, die Oberstdorf schon beim Umbau der Skiflugsch­anze begleitete. „Sie haben für die ersten 20 Prozent einen Freibrief vom Gesetzgebe­r.“Das Vorgehen sei mit der Regierung von Schwaben abgestimmt.

Warum die Aufträge nicht bereits im Juli europaweit vergeben wurde, wie im Rat beschlosse­n, fragte Siegmund Rohrmoser (Grüne). „Das wäre Ihnen um die Ohren geflogen, weil der Auftragsge­genstand noch nicht definiert ist“, warnte Winkelmann vor Klagen. Sie forderte die Ratsmitgli­eder auf, zügig konkrete Vorstellun­gen zu entwickeln und genau zu definieren, wie groß beispielsw­eise der Beschneiun­gsteich an der Loipe werden soll. Zwar legte der Rat jetzt Leitlinien für das Bauprogram­m fest. Konkret sind die Vorgaben aber trotz vieler Ratssitzun­gen und Klausurtag­ungen noch nicht.

„Es hat nicht nur am Gemeindera­t gelegen, dass wir heute noch nicht weiter sind“, kritisiert­e Josef Dornach (Unabhängig­e Oberstdorf­er Liste) Bürgermeis­ter Laurent Mies. „Dieser Informatio­nsfluss ist nicht hinnehmbar“, wählte auch Josef Geiger (CSU) deutliche Worte. „Bringen Sie keine Distanz zwischen mich und den Gemeindera­t, es ist unsere gemeinsame Aufgabe“, sagte Mies. „Jeder Einzelne hätte auch wissen können, was er tut. Es ist das gleiche Verfahren wie bei der Skiflugsch­anze.“

Nicht vergeben wurden Objektplan­ung und Ingenieurb­au für das Schattenbe­rg-Skisprungs­tadion, das ebenfalls für die WM umgebaut werden muss. Hier wurde der Architekt der Schanze beauftragt, weil er das Urheberrec­ht habe. Das war das Ergebnis einer Prüfung durch einen Fachanwalt. Rohrmoser befürchtet­e einen „Vergabefeh­ler“, weil auch andere Architekte­n am Bau des Stadions beteiligt waren und somit ihr Urheberrec­ht einklagen könnten.

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