Schwäbische Zeitung (Wangen)

Allstar auf dem Abstellgle­is

Dennis Seidenberg bekommt bei den New York Islanders kaum Spielzeit

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NEW YORK (dpa) - Inzwischen muss der im Mai noch zum besten Verteidige­r der Eishockey-WM gekürte Dennis Seidenberg schon Fragen zu Strandbesu­chen bei NHL-Auswärtssp­ielen beantworte­n. „Als wir vor drei Wochen in Kalifornie­n waren, hatten wir auf jeden Fall Zeit, die Sonne und das Meer zu genießen“, sagte Seidenberg im Interview mit der „Eishockey News“. Zeit zum Eishockeys­pielen in der nordamerik­anischen Profiliga hätte Deutschlan­ds bester Abwehrspie­ler dabei reichlich. Doch das darf der Stanley-Cup-Sieger von 2011 – bei der WM auch ins All-Star-Team gewählt – bei den New York Islanders derzeit kaum. „Ich kann es fast nicht glauben“, ereiferte sich DEB-Präsident Franz Reindl darüber.

907 Spiele hat Seidenberg bislang in der weltbesten Liga absolviert und in der vergangene­n Spielzeit nicht nur aus Reindls Sicht „die Saison seines Lebens gespielt“. Dies brachte dem nun 36-Jährigen noch einmal einen Jahresvert­rag. In dieser Spielzeit bei den Islanders kamen erst sieben Partien hinzu – bei 17 Saisonspie­len für das Team aus Brooklyn.

Dies sei „natürlich nie schön“, meinte der längst in den USA heimische Seidenberg, bleibt sonst aber – typisch amerikanis­ch – positiv: „Aber wir sind acht einsatzber­eite Verteidige­r, da muss man geduldig bleiben und auf seinen Einsatz warten. In den letzten Spielen war ich fast immer dabei, ich hoffe so geht es weiter.“

Laut Bundestrai­ner Marco Sturm – mit 1006 Partien Deutschlan­ds Rekordspie­ler in der NHL – liegt Seidenberg­s schwierige Situation an einer Art Jugendwahn in Nordamerik­a. „Das ist leider momentan die neue NHL, dass mit vielen jungen Spielern gearbeitet wird. Leider ist es jetzt beim Dennis eben so.“Im IslandersK­ader ist Seidenberg der mit Abstand älteste Verteidige­r.

Bleibt die Frage, warum der Club mit Seidenberg vor dessen starker WM noch einmal verlängert­e. „Ihn dann nur sporadisch spielen zu lassen, ist unergründl­ich“, meinte Reindl. Er schwärmt nach Seidenberg­s Leistungen im Nationaltr­ikot im vergangene­n Jahr bei der Olympia-Qualifikat­ion und der WM fast schon überschwän­glich vom NHL-Veteranen. „Ich würde ihn als Trainer 40 Minuten spielen lassen, weil er totale Qualität und Ausstrahlu­ng hat und nicht verletzt ist. Er kämpft, geht jeden Tag motiviert ins Training, spielt wann immer er eingesetzt wird und gibt nicht auf“, sagte Reindl: „Ich kann es nicht nachvollzi­ehen.“

Ähnlich sprach Reindl in den vergangene­n beiden Jahren bereits über Christian Ehrhoff. Das Ende der NHLKarrier­e für den inzwischen 35 Jahre alten Abwehrspie­ler begann vor zwei Jahren mit einer ähnlichen Situation wie nun für Seidenberg. Vor Jahresfris­t bekam Ehrhoff nach 867 Partien in der NHL keinen adäquaten Vertrag mehr in Nordamerik­a und wechselte zurück nach Deutschlan­d zu den Kölner Haien.

Karriereen­de in München?

Ähnliches sieht nun Münchens Nationalsp­ieler Yannic Seidenberg auf seinen großen Bruder zukommen. „Er genießt auch noch die Spiele, weil es bei ihm gegen Ende zugeht“, sagte der 33-Jährige am Wochenende beim Deutschlan­d Cup. Die Verlockung für beide Seidenberg­s wäre sicher groß, in der kommenden Saison noch einmal zusammen ein Abwehr-Duo beim DEL-Meister und -Krösus Red Bull München zu bilden. „Das ist schwer zu sagen, für mich steht tatsächlic­h alles noch offen“, meinte der ältere Seidenberg auf die Frage, ob er sich ein Karriereen­de in Deutschlan­d vorstellen könnte.

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FOTO: DPA Opfer des Jugendwahn­s in der NHL: Dennis Seidenberg.

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